theren der Pflanzen, sondern überhaupt jeder zarten vegetabilischen und animalischen Substanz im Anfange ihres Entstehens eigen (y). Hiervon lässt sich also gar kein Beweis für Hedwigs Meinung hernehmen. Es ist aber auch gar nicht ausgemacht, ob nicht jedes vegetabilische oder animalische Bläschen, in Wasser gelegt, unter gewissen Umständen zerspringet, und den Stoff, der in ihm enthalten ist, ausleert. Sahe doch Stähelin sogar den elastischen Ring des Saa- menbehälters eines Farrnkrauts sich öffnen, und aus der Oeffnung eine gelbliche Materie hervor- dringen (z). Ehe also die erste der obigen Hed- wigschen Beobachtungen für beweisend gelten könnte, müsste vorher dargethan seyn, dass je- nes Zerspringen und diese Exkretion blos dem Blüthenstaube der Pflanzen eigen sey. Bey der zweyten seiner angeführten Beobachtungen schliesst Hedwig folgendermaassen: die weiblichen Indi- viduen der Marchantien waren unbefruchtet ge- blieben, daher ihre Unfruchtbarkeit und ihr üp- piges Wachsthum. Aber was hindert uns die- sen Schluss umzukehren, und anzunehmen, dass die Unfruchtbarkeit jener Individuen nicht von der Abwesenheit der angeblichen männlichen Zeu-
gungs-
(y) Biol. Bd. 1. S. 428.
(z) Hist. de l'Acad. des sc. de Paris. 1730. Ed. 8. P. I. p. 87.
theren der Pflanzen, sondern überhaupt jeder zarten vegetabilischen und animalischen Substanz im Anfange ihres Entstehens eigen (y). Hiervon läſst sich also gar kein Beweis für Hedwigs Meinung hernehmen. Es ist aber auch gar nicht ausgemacht, ob nicht jedes vegetabilische oder animalische Bläschen, in Wasser gelegt, unter gewissen Umständen zerspringet, und den Stoff, der in ihm enthalten ist, ausleert. Sahe doch Stähelin sogar den elastischen Ring des Saa- menbehälters eines Farrnkrauts sich öffnen, und aus der Oeffnung eine gelbliche Materie hervor- dringen (z). Ehe also die erste der obigen Hed- wigschen Beobachtungen für beweisend gelten könnte, müſste vorher dargethan seyn, daſs je- nes Zerspringen und diese Exkretion blos dem Blüthenstaube der Pflanzen eigen sey. Bey der zweyten seiner angeführten Beobachtungen schlieſst Hedwig folgendermaaſsen: die weiblichen Indi- viduen der Marchantien waren unbefruchtet ge- blieben, daher ihre Unfruchtbarkeit und ihr üp- piges Wachsthum. Aber was hindert uns die- sen Schluſs umzukehren, und anzunehmen, daſs die Unfruchtbarkeit jener Individuen nicht von der Abwesenheit der angeblichen männlichen Zeu-
gungs-
(y) Biol. Bd. 1. S. 428.
(z) Hist. de l’Acad. des sc. de Paris. 1730. Ed. 8. P. I. p. 87.
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theren der Pflanzen, sondern überhaupt jeder
zarten vegetabilischen und animalischen Substanz
im Anfange ihres Entstehens eigen (y). Hiervon
läſst sich also gar kein Beweis für Hedwigs
Meinung hernehmen. Es ist aber auch gar nicht
ausgemacht, ob nicht jedes vegetabilische oder
animalische Bläschen, in Wasser gelegt, unter
gewissen Umständen zerspringet, und den Stoff,
der in ihm enthalten ist, ausleert. Sahe doch
Stähelin sogar den elastischen Ring des Saa-
menbehälters eines Farrnkrauts sich öffnen, und
aus der Oeffnung eine gelbliche Materie hervor-
dringen (z). Ehe also die erste der obigen Hed-
wigschen Beobachtungen für beweisend gelten
könnte, müſste vorher dargethan seyn, daſs je-
nes Zerspringen und diese Exkretion blos dem
Blüthenstaube der Pflanzen eigen sey. Bey der
zweyten seiner angeführten Beobachtungen schlieſst
Hedwig folgendermaaſsen: die weiblichen Indi-
viduen der Marchantien waren unbefruchtet ge-
blieben, daher ihre Unfruchtbarkeit und ihr üp-
piges Wachsthum. Aber was hindert uns die-
sen Schluſs umzukehren, und anzunehmen, daſs
die Unfruchtbarkeit jener Individuen nicht von
der Abwesenheit der angeblichen männlichen Zeu-
gungs-
(y) Biol. Bd. 1. S. 428.
(z) Hist. de l’Acad. des sc. de Paris. 1730. Ed. 8. P.
I. p. 87.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/336>, abgerufen am 22.11.2024.
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