Mutter bey mehrern Geburthen zur Welt ge- bracht wurden. So entband Narf eine Frau von einem monströsen Kinde mit zwey neben einander stehenden Köpfen, dessen Grossmutter väterlicher Seite ebenfalls eine zweyköpfige Frucht gebohren hatte (w); und so hat Flachsland(x) drey Missgeburthen beschrieben, die einander ganz ähnlich waren, indem bey allen die Verun- staltung im Mangel der Vorderarme und Unter- schenkel bestand, so dass die Hände und Fü- sse mit den Oberarmen und Schenkeln unmittel- bar zusammenhingen, und welche in drey nach einander folgenden Jahren von der nehmlichen Mutter gebohren wurden. Zu diesen Missgebur- then muss doch ohnstreitig der Grund schon vor der Befruchtung vorhanden gewesen seyn.
Was aber endlich allen Zweifel an der Reali- tät ursprünglicher Missbildungen hebt, ist die Verwandtschaft der Missbildungen und Degenera- tionen, und die Erblichkeit mancher Deformitä- ten. Aehnliche Missbildungen nehmlich, wie in einzelnen ungewöhnlichen Fällen durch unbekann- te zufällige Ursachen hervorgebracht werden, ent- stehen oft auch durch den Einfluss allgemein verbreiteter Ursachen, z. B. des Climas, also
durch
(w)Osiander's neue Denkwürdigkeiten für Aerzte u. Geburtshelfer. 1ten Bandes 1te Bogenzahl. S. 9.
(x) Observat. pathologico- anatom.
Mutter bey mehrern Geburthen zur Welt ge- bracht wurden. So entband Narf eine Frau von einem monströsen Kinde mit zwey neben einander stehenden Köpfen, dessen Groſsmutter väterlicher Seite ebenfalls eine zweyköpfige Frucht gebohren hatte (w); und so hat Flachsland(x) drey Miſsgeburthen beschrieben, die einander ganz ähnlich waren, indem bey allen die Verun- staltung im Mangel der Vorderarme und Unter- schenkel bestand, so daſs die Hände und Fü- ſse mit den Oberarmen und Schenkeln unmittel- bar zusammenhingen, und welche in drey nach einander folgenden Jahren von der nehmlichen Mutter gebohren wurden. Zu diesen Miſsgebur- then muſs doch ohnstreitig der Grund schon vor der Befruchtung vorhanden gewesen seyn.
Was aber endlich allen Zweifel an der Reali- tät ursprünglicher Miſsbildungen hebt, ist die Verwandtschaft der Miſsbildungen und Degenera- tionen, und die Erblichkeit mancher Deformitä- ten. Aehnliche Miſsbildungen nehmlich, wie in einzelnen ungewöhnlichen Fällen durch unbekann- te zufällige Ursachen hervorgebracht werden, ent- stehen oft auch durch den Einfluſs allgemein verbreiteter Ursachen, z. B. des Climas, also
durch
(w)Osiander’s neue Denkwürdigkeiten für Aerzte u. Geburtshelfer. 1ten Bandes 1te Bogenzahl. S. 9.
(x) Observat. pathologico- anatom.
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Mutter bey mehrern Geburthen zur Welt ge-
bracht wurden. So entband Narf eine Frau
von einem monströsen Kinde mit zwey neben
einander stehenden Köpfen, dessen Groſsmutter
väterlicher Seite ebenfalls eine zweyköpfige Frucht
gebohren hatte (w); und so hat Flachsland (x)
drey Miſsgeburthen beschrieben, die einander
ganz ähnlich waren, indem bey allen die Verun-
staltung im Mangel der Vorderarme und Unter-
schenkel bestand, so daſs die Hände und Fü-
ſse mit den Oberarmen und Schenkeln unmittel-
bar zusammenhingen, und welche in drey nach
einander folgenden Jahren von der nehmlichen
Mutter gebohren wurden. Zu diesen Miſsgebur-
then muſs doch ohnstreitig der Grund schon vor
der Befruchtung vorhanden gewesen seyn.
Was aber endlich allen Zweifel an der Reali-
tät ursprünglicher Miſsbildungen hebt, ist die
Verwandtschaft der Miſsbildungen und Degenera-
tionen, und die Erblichkeit mancher Deformitä-
ten. Aehnliche Miſsbildungen nehmlich, wie in
einzelnen ungewöhnlichen Fällen durch unbekann-
te zufällige Ursachen hervorgebracht werden, ent-
stehen oft auch durch den Einfluſs allgemein
verbreiteter Ursachen, z. B. des Climas, also
durch
(w) Osiander’s neue Denkwürdigkeiten für Aerzte u.
Geburtshelfer. 1ten Bandes 1te Bogenzahl. S. 9.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/458>, abgerufen am 22.11.2024.
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