aller einzelnen Leben der Individuen, woraus sie besteht. Eben so können wir aber auch das Leben eines jeden dieser Individuen als die Summe aller einzelnen Leben seiner Theile an- sehen, und jedem Theile ein eigenes Leben (vita propria) zuschreiben.
Das Leben des ganzen Organismus ist daher ein Produkt der Sympathie und des Antagonis- mus mehrerer anderer Organismen, die wir ge- wöhnlich als Theile betrachten, die wir aber auch gewissermaassen als selbstständige Wesen ansehen können. Je geringer die Sympathie ist, desto grösser ist die Selbstständigkeit, und also auch das eigene Leben der eigenen Organe. Die erstere aber ist desto geringer, je weniger Einfluss Verletzungen einzelner Theile auf den übrigen Organismus haben, also geringer bey den Zoophyten und Pflanzen, als bey den Thie- ren, und unter diesen geringer bey den Wür- mern, Insekten und Amphibien, als bey den Vögeln und Säugthieren. Wir haben aber im sechsten Abschnitte des ersten Buchs gesehen, dass das Volumen des Gehirns gegen die Dicke des Rückenmarks, der Nerven und Nervenkno- ten, die Quantität von Blut, welche zum Ge- hirne geht, gegen die im übrigen Körper ent- haltene Blutmenge, die Quantität des im ganzen Körper circulirenden Bluts gegen die Masse der
festen
aller einzelnen Leben der Individuen, woraus sie besteht. Eben so können wir aber auch das Leben eines jeden dieser Individuen als die Summe aller einzelnen Leben seiner Theile an- sehen, und jedem Theile ein eigenes Leben (vita propria) zuschreiben.
Das Leben des ganzen Organismus ist daher ein Produkt der Sympathie und des Antagonis- mus mehrerer anderer Organismen, die wir ge- wöhnlich als Theile betrachten, die wir aber auch gewissermaaſsen als selbstständige Wesen ansehen können. Je geringer die Sympathie ist, desto gröſser ist die Selbstständigkeit, und also auch das eigene Leben der eigenen Organe. Die erstere aber ist desto geringer, je weniger Einfluſs Verletzungen einzelner Theile auf den übrigen Organismus haben, also geringer bey den Zoophyten und Pflanzen, als bey den Thie- ren, und unter diesen geringer bey den Wür- mern, Insekten und Amphibien, als bey den Vögeln und Säugthieren. Wir haben aber im sechsten Abschnitte des ersten Buchs gesehen, daſs das Volumen des Gehirns gegen die Dicke des Rückenmarks, der Nerven und Nervenkno- ten, die Quantität von Blut, welche zum Ge- hirne geht, gegen die im übrigen Körper ent- haltene Blutmenge, die Quantität des im ganzen Körper circulirenden Bluts gegen die Masse der
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aller einzelnen Leben der Individuen, woraus sie
besteht. Eben so können wir aber auch das
Leben eines jeden dieser Individuen als die
Summe aller einzelnen Leben seiner Theile an-
sehen, und jedem Theile ein eigenes Leben
(vita propria) zuschreiben.
Das Leben des ganzen Organismus ist daher
ein Produkt der Sympathie und des Antagonis-
mus mehrerer anderer Organismen, die wir ge-
wöhnlich als Theile betrachten, die wir aber
auch gewissermaaſsen als selbstständige Wesen
ansehen können. Je geringer die Sympathie ist,
desto gröſser ist die Selbstständigkeit, und also
auch das eigene Leben der eigenen Organe.
Die erstere aber ist desto geringer, je weniger
Einfluſs Verletzungen einzelner Theile auf den
übrigen Organismus haben, also geringer bey
den Zoophyten und Pflanzen, als bey den Thie-
ren, und unter diesen geringer bey den Wür-
mern, Insekten und Amphibien, als bey den
Vögeln und Säugthieren. Wir haben aber im
sechsten Abschnitte des ersten Buchs gesehen,
daſs das Volumen des Gehirns gegen die Dicke
des Rückenmarks, der Nerven und Nervenkno-
ten, die Quantität von Blut, welche zum Ge-
hirne geht, gegen die im übrigen Körper ent-
haltene Blutmenge, die Quantität des im ganzen
Körper circulirenden Bluts gegen die Masse der
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/550>, abgerufen am 22.11.2024.
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