chen, als aus höhern Gründen in den beyden letzten Abschnitten bewiesenen Gesetzes.
2) Die Gewalt einer erregenden Potenz nimmt mit jeder Einwirkung immer mehr ab.
Die Richtigkeit dieser zweyten Voraussetzung ist weniger einleuchtend, als die der ersten. Man sieht auf den ersten Blick nicht ein, wie dabey die Erregung durch eine und dieselbe er- regende Potenz erst bis zu einem gewissen Ma- ximum gesteigert werden kann, ehe sie abzu- nehmen anfängt. Es scheint, dass das Maxi- mum der Erregung schon bey der ersten Ein- wirkung der erregenden Potenz eintreten müsste. Inzwischen sprechen doch für jenen Satz Gründe der Naturphilosophie und der Erfahrung. Die erstere lehrt, dass Erregung nur zwischen un- gleichartigen Körpern statt findet, und in dem wechselseitigen Bestreben besteht, sich in den Zustand der Gleichartigkeit zu versetzen, dass in der leblosen Natur das letzte Resultat dieses Bestrebens ein Tausch der Qualitäten beyder Körper und Verwandelung derselben in eine drit- te homogene Materie ist, dass hingegen der le- bende Organismus bey Erregungen seine eigen- thümliche Form und Mischung behauptet. Aber wie kann der erregte lebende Körper sich dem Bestreben des erregenden, ihn zu verähnlichen, anders entziehen, als dadurch, dass er entweder
die-
chen, als aus höhern Gründen in den beyden letzten Abschnitten bewiesenen Gesetzes.
2) Die Gewalt einer erregenden Potenz nimmt mit jeder Einwirkung immer mehr ab.
Die Richtigkeit dieser zweyten Voraussetzung ist weniger einleuchtend, als die der ersten. Man sieht auf den ersten Blick nicht ein, wie dabey die Erregung durch eine und dieselbe er- regende Potenz erst bis zu einem gewissen Ma- ximum gesteigert werden kann, ehe sie abzu- nehmen anfängt. Es scheint, daſs das Maxi- mum der Erregung schon bey der ersten Ein- wirkung der erregenden Potenz eintreten müſste. Inzwischen sprechen doch für jenen Satz Gründe der Naturphilosophie und der Erfahrung. Die erstere lehrt, daſs Erregung nur zwischen un- gleichartigen Körpern statt findet, und in dem wechselseitigen Bestreben besteht, sich in den Zustand der Gleichartigkeit zu versetzen, daſs in der leblosen Natur das letzte Resultat dieses Bestrebens ein Tausch der Qualitäten beyder Körper und Verwandelung derselben in eine drit- te homogene Materie ist, daſs hingegen der le- bende Organismus bey Erregungen seine eigen- thümliche Form und Mischung behauptet. Aber wie kann der erregte lebende Körper sich dem Bestreben des erregenden, ihn zu verähnlichen, anders entziehen, als dadurch, daſs er entweder
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[574/0584]
chen, als aus höhern Gründen in den beyden
letzten Abschnitten bewiesenen Gesetzes.
2) Die Gewalt einer erregenden Potenz nimmt
mit jeder Einwirkung immer mehr ab.
Die Richtigkeit dieser zweyten Voraussetzung
ist weniger einleuchtend, als die der ersten.
Man sieht auf den ersten Blick nicht ein, wie
dabey die Erregung durch eine und dieselbe er-
regende Potenz erst bis zu einem gewissen Ma-
ximum gesteigert werden kann, ehe sie abzu-
nehmen anfängt. Es scheint, daſs das Maxi-
mum der Erregung schon bey der ersten Ein-
wirkung der erregenden Potenz eintreten müſste.
Inzwischen sprechen doch für jenen Satz Gründe
der Naturphilosophie und der Erfahrung. Die
erstere lehrt, daſs Erregung nur zwischen un-
gleichartigen Körpern statt findet, und in dem
wechselseitigen Bestreben besteht, sich in den
Zustand der Gleichartigkeit zu versetzen, daſs
in der leblosen Natur das letzte Resultat dieses
Bestrebens ein Tausch der Qualitäten beyder
Körper und Verwandelung derselben in eine drit-
te homogene Materie ist, daſs hingegen der le-
bende Organismus bey Erregungen seine eigen-
thümliche Form und Mischung behauptet. Aber
wie kann der erregte lebende Körper sich dem
Bestreben des erregenden, ihn zu verähnlichen,
anders entziehen, als dadurch, daſs er entweder
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/584>, abgerufen am 22.11.2024.
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