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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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Knight's Erfahrungen an Birken und Ahornen,
der Saft dieser Bäume an specifiquer Schwere
und an Süssigkeit desto mehr zu, je höher er
im Stamme aufsteigt h). Der rohe Pflanzensaft
schreitet also zu den höhern Stufen der vegeta-
bilischen Organisation fort, indem sich erst in
ihm Kohlenstoff bildet, dann Zucker und Schleim,
hierauf Stärke und Satzmehl. Aus den beyden
letztern Substanzen entstehen auf dem entgegen-
gesetzten Wege die sämmtlichen festen und flüssi-
gen Theile des Pflanzenkörpers.

Nehmen wir jetzt alles zusammen, was wir
bisher über die Ernährung der Pflanzen Wahr-
scheinliches ausgemacht haben, so ergiebt sich
folgende allgemeine Theorie der Vegetation: Die
aus der Luft und dem Boden aufgenommenen
Nahrungsstoffe vereinigen sich in den Gefässen
der Oberhaut zu einer wässrigen Flüssigkeit, de-
ren Hauptbestandtheil Kohlensäure ist. Diese ge-
langt in die grossen Gefässe und hieraus in das
Zellgewebe, indem sich auf ihrem Wege immer
mehr gummöse und zuckerartige Theile in ihr
entwickeln. In dem Zellgewebe bildet sich aus
diesem Gummi und Schleim auf eine noch un-
bekannte Art Stärkemehl, Eyweissstoff und Satz-
mehl. Die letztern Substanzen sind aber, inso-
fern sie zur Ernährung dienen, nicht als Nieder-

schläge,
h) Philos. Transact. Y. 1803. P. 1. p. 88.

Knight’s Erfahrungen an Birken und Ahornen,
der Saft dieser Bäume an specifiquer Schwere
und an Süſsigkeit desto mehr zu, je höher er
im Stamme aufsteigt h). Der rohe Pflanzensaft
schreitet also zu den höhern Stufen der vegeta-
bilischen Organisation fort, indem sich erst in
ihm Kohlenstoff bildet, dann Zucker und Schleim,
hierauf Stärke und Satzmehl. Aus den beyden
letztern Substanzen entstehen auf dem entgegen-
gesetzten Wege die sämmtlichen festen und flüssi-
gen Theile des Pflanzenkörpers.

Nehmen wir jetzt alles zusammen, was wir
bisher über die Ernährung der Pflanzen Wahr-
scheinliches ausgemacht haben, so ergiebt sich
folgende allgemeine Theorie der Vegetation: Die
aus der Luft und dem Boden aufgenommenen
Nahrungsstoffe vereinigen sich in den Gefäſsen
der Oberhaut zu einer wässrigen Flüssigkeit, de-
ren Hauptbestandtheil Kohlensäure ist. Diese ge-
langt in die groſsen Gefäſse und hieraus in das
Zellgewebe, indem sich auf ihrem Wege immer
mehr gummöse und zuckerartige Theile in ihr
entwickeln. In dem Zellgewebe bildet sich aus
diesem Gummi und Schleim auf eine noch un-
bekannte Art Stärkemehl, Eyweiſsstoff und Satz-
mehl. Die letztern Substanzen sind aber, inso-
fern sie zur Ernährung dienen, nicht als Nieder-

schläge,
h) Philos. Transact. Y. 1803. P. 1. p. 88.
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[112/0128] Knight’s Erfahrungen an Birken und Ahornen, der Saft dieser Bäume an specifiquer Schwere und an Süſsigkeit desto mehr zu, je höher er im Stamme aufsteigt h). Der rohe Pflanzensaft schreitet also zu den höhern Stufen der vegeta- bilischen Organisation fort, indem sich erst in ihm Kohlenstoff bildet, dann Zucker und Schleim, hierauf Stärke und Satzmehl. Aus den beyden letztern Substanzen entstehen auf dem entgegen- gesetzten Wege die sämmtlichen festen und flüssi- gen Theile des Pflanzenkörpers. Nehmen wir jetzt alles zusammen, was wir bisher über die Ernährung der Pflanzen Wahr- scheinliches ausgemacht haben, so ergiebt sich folgende allgemeine Theorie der Vegetation: Die aus der Luft und dem Boden aufgenommenen Nahrungsstoffe vereinigen sich in den Gefäſsen der Oberhaut zu einer wässrigen Flüssigkeit, de- ren Hauptbestandtheil Kohlensäure ist. Diese ge- langt in die groſsen Gefäſse und hieraus in das Zellgewebe, indem sich auf ihrem Wege immer mehr gummöse und zuckerartige Theile in ihr entwickeln. In dem Zellgewebe bildet sich aus diesem Gummi und Schleim auf eine noch un- bekannte Art Stärkemehl, Eyweiſsstoff und Satz- mehl. Die letztern Substanzen sind aber, inso- fern sie zur Ernährung dienen, nicht als Nieder- schläge, h) Philos. Transact. Y. 1803. P. 1. p. 88.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/128>, abgerufen am 24.11.2024.