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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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de Kraft in dem Speichel der Weidenraupe, ei-
ner dicken, bräunlichen, in Wasser und Wein-
geist unauflöslichen Flüssigkeit seyn, da die blo-
ssen Kinnladen dieses Insekts zum Zernagen des
harten Eichenholzes nicht stark genug sind. Zwar
fand Lyonnet i) nicht, dass geschabtes Weiden-
holz von jenem Saft merklich erweicht wurde.
Doch scheint er selber kein grosses Gewicht auf
diesen Versuch zu legen. Eine ähnliche auflösen-
de Kraft scheint der Speichel der Tettigonia ple-
beja zu besitzen k). Die wiederkäuenden Thiere
geben ungekäuetes, in einer durchlöcherten Röhre
eingeschlossenes Futter unverdauet wieder von
sich; sie verdauen aber dasselbe, wenn sie es ge-
käuet und mit Speichel vermischt erhalten l).
Nach von Humboldt's m) Beobachtung wird durch
den Speichel, womit die Boa ihre Beute bedeckt,
das Fleisch des erlegten Thiers so erweicht, dass
die Schlange ganze Glieder des erlegten Thiers
durch den Schlund zu zwingen vermag.

Der männliche Saamen ertheilt der formlosen
Materie eine bestimmte, und zwar der Gestalt

des
i) Traite de la chenille du saule. p. 512.
k) J. F. Meckel's Beytr. zur vergl. Anat. B. 1. H. 1.
S. 3.
l) Reaumur, Mem. de l'Acad. des sc. de Paris. A. 1752.
-- Spallanzani a. a. O. S. 134 ff.
m) Ansichten der Natur. B. 1. S. 141.
X 4

de Kraft in dem Speichel der Weidenraupe, ei-
ner dicken, bräunlichen, in Wasser und Wein-
geist unauflöslichen Flüssigkeit seyn, da die blo-
ſsen Kinnladen dieses Insekts zum Zernagen des
harten Eichenholzes nicht stark genug sind. Zwar
fand Lyonnet i) nicht, daſs geschabtes Weiden-
holz von jenem Saft merklich erweicht wurde.
Doch scheint er selber kein groſses Gewicht auf
diesen Versuch zu legen. Eine ähnliche auflösen-
de Kraft scheint der Speichel der Tettigonia ple-
beja zu besitzen k). Die wiederkäuenden Thiere
geben ungekäuetes, in einer durchlöcherten Röhre
eingeschlossenes Futter unverdauet wieder von
sich; sie verdauen aber dasselbe, wenn sie es ge-
käuet und mit Speichel vermischt erhalten l).
Nach von Humboldt’s m) Beobachtung wird durch
den Speichel, womit die Boa ihre Beute bedeckt,
das Fleisch des erlegten Thiers so erweicht, daſs
die Schlange ganze Glieder des erlegten Thiers
durch den Schlund zu zwingen vermag.

Der männliche Saamen ertheilt der formlosen
Materie eine bestimmte, und zwar der Gestalt

des
i) Traité de la chenille du saule. p. 512.
k) J. F. Meckel’s Beytr. zur vergl. Anat. B. 1. H. 1.
S. 3.
l) Reaumur, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1752.
Spallanzani a. a. O. S. 134 ff.
m) Ansichten der Natur. B. 1. S. 141.
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[327/0343] de Kraft in dem Speichel der Weidenraupe, ei- ner dicken, bräunlichen, in Wasser und Wein- geist unauflöslichen Flüssigkeit seyn, da die blo- ſsen Kinnladen dieses Insekts zum Zernagen des harten Eichenholzes nicht stark genug sind. Zwar fand Lyonnet i) nicht, daſs geschabtes Weiden- holz von jenem Saft merklich erweicht wurde. Doch scheint er selber kein groſses Gewicht auf diesen Versuch zu legen. Eine ähnliche auflösen- de Kraft scheint der Speichel der Tettigonia ple- beja zu besitzen k). Die wiederkäuenden Thiere geben ungekäuetes, in einer durchlöcherten Röhre eingeschlossenes Futter unverdauet wieder von sich; sie verdauen aber dasselbe, wenn sie es ge- käuet und mit Speichel vermischt erhalten l). Nach von Humboldt’s m) Beobachtung wird durch den Speichel, womit die Boa ihre Beute bedeckt, das Fleisch des erlegten Thiers so erweicht, daſs die Schlange ganze Glieder des erlegten Thiers durch den Schlund zu zwingen vermag. Der männliche Saamen ertheilt der formlosen Materie eine bestimmte, und zwar der Gestalt des i) Traité de la chenille du saule. p. 512. k) J. F. Meckel’s Beytr. zur vergl. Anat. B. 1. H. 1. S. 3. l) Reaumur, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1752. — Spallanzani a. a. O. S. 134 ff. m) Ansichten der Natur. B. 1. S. 141. X 4

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/343>, abgerufen am 27.07.2024.