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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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wird, wodurch Processe vermittelt werden, wel-
che die Chemie nur vermittelst sehr hoher Wär-
megrade, oder mächtiger Säuren nachzuahmen ver-
mag. Sie hält aber auch getrennt, was sich ohne
ihren Einfluss verbindet. Von ihr rührt die gleich-
förmige Mischung des Bluts her, welche aufhört,
sobald dieses nicht mehr unter ihrer Herrschaft
steht. Säuren, Alkalien und Erden, die wir in
thierischen Säften, worauf sie keinen Einfluss
mehr hat, zu Neutral- und Mittelsalzen vereinigt
antreffen, sind wahrscheinlich zum Theil unver-
bunden in diesen Flüssigkeiten vorhanden, so
lange die Einwirkung der Nerven darauf dauert.

Doch auch in dieser Kraft dürfen wir nicht
glauben, den letzten Grund der thierischen Bil-
dungsprocesse gefunden zu haben. Es giebt noch
keine Nerven in der gleichartigen Flüssigkeit,
woraus der thierische Körper entsteht, und die
Nerven verändern sich von der Geburt an bis
zum Alter mit den Organen, worin sie verwebt
sind, indem einige der letztern zunehmen oder
neu gebildet werden, und andere abnehmen oder
ganz verschwinden. Die Ursache, welche diese
Veränderungen hervorbringt, kann nicht an das
Nervensystem, und noch weniger an Häute, Zel-
len und Gefässe gebunden seyn.

Das Lebende lässt sich also nur aus dem Le-
benden, und nicht aus erzwungenen Analogien mit

der

wird, wodurch Processe vermittelt werden, wel-
che die Chemie nur vermittelst sehr hoher Wär-
megrade, oder mächtiger Säuren nachzuahmen ver-
mag. Sie hält aber auch getrennt, was sich ohne
ihren Einfluſs verbindet. Von ihr rührt die gleich-
förmige Mischung des Bluts her, welche aufhört,
sobald dieses nicht mehr unter ihrer Herrschaft
steht. Säuren, Alkalien und Erden, die wir in
thierischen Säften, worauf sie keinen Einfluſs
mehr hat, zu Neutral- und Mittelsalzen vereinigt
antreffen, sind wahrscheinlich zum Theil unver-
bunden in diesen Flüssigkeiten vorhanden, so
lange die Einwirkung der Nerven darauf dauert.

Doch auch in dieser Kraft dürfen wir nicht
glauben, den letzten Grund der thierischen Bil-
dungsprocesse gefunden zu haben. Es giebt noch
keine Nerven in der gleichartigen Flüssigkeit,
woraus der thierische Körper entsteht, und die
Nerven verändern sich von der Geburt an bis
zum Alter mit den Organen, worin sie verwebt
sind, indem einige der letztern zunehmen oder
neu gebildet werden, und andere abnehmen oder
ganz verschwinden. Die Ursache, welche diese
Veränderungen hervorbringt, kann nicht an das
Nervensystem, und noch weniger an Häute, Zel-
len und Gefäſse gebunden seyn.

Das Lebende läſst sich also nur aus dem Le-
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[622/0638] wird, wodurch Processe vermittelt werden, wel- che die Chemie nur vermittelst sehr hoher Wär- megrade, oder mächtiger Säuren nachzuahmen ver- mag. Sie hält aber auch getrennt, was sich ohne ihren Einfluſs verbindet. Von ihr rührt die gleich- förmige Mischung des Bluts her, welche aufhört, sobald dieses nicht mehr unter ihrer Herrschaft steht. Säuren, Alkalien und Erden, die wir in thierischen Säften, worauf sie keinen Einfluſs mehr hat, zu Neutral- und Mittelsalzen vereinigt antreffen, sind wahrscheinlich zum Theil unver- bunden in diesen Flüssigkeiten vorhanden, so lange die Einwirkung der Nerven darauf dauert. Doch auch in dieser Kraft dürfen wir nicht glauben, den letzten Grund der thierischen Bil- dungsprocesse gefunden zu haben. Es giebt noch keine Nerven in der gleichartigen Flüssigkeit, woraus der thierische Körper entsteht, und die Nerven verändern sich von der Geburt an bis zum Alter mit den Organen, worin sie verwebt sind, indem einige der letztern zunehmen oder neu gebildet werden, und andere abnehmen oder ganz verschwinden. Die Ursache, welche diese Veränderungen hervorbringt, kann nicht an das Nervensystem, und noch weniger an Häute, Zel- len und Gefäſse gebunden seyn. Das Lebende läſst sich also nur aus dem Le- benden, und nicht aus erzwungenen Analogien mit der

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/638>, abgerufen am 20.05.2024.