ganze Rinde, ihrem fortdauernden Wachsthum unbeschadet, abgeschält werden kann. Wie wäre dies möglich, wenn sie eine so wichtige Funktion hätte, wie sie bey jener Meinung haben müsste!
Die zweyte Hypothese, dass das Aufsteigen des Safts durch den Bast geschieht, hat man dar- aus beweisen wollen, weil es Bäume gäbe, in welchen das Mark mit dem Holze verfault, und blos der Bast nebst der Rinde noch gesund wären, und welche doch Jahre lang fortlebten. Aber diese Beobachtung halte ich für unrichtig. Nie habe ich inwendig verfaulte Bäume gesehen, die noch vegetirt und nicht unter dem Bast noch ge- sundes Holz gehabt hätten d). Kein Baum, der dieses nicht besitzt, kann dem Winde widerste- hen. Das übrig gebliebene Holz enthält aber noch so viele grosse Gefässe, als zur Unterhal- tung des immer nur sehr kümmerlichen Lebens solcher Bäume nöthig ist.
Was endlich Sprengel's Hypothese betrifft, dass das Absteigen des Safts zwischen dem Bast und dem Splint geschieht, so ist diese eine Folge seiner übrigen Meinungen. Dass die Rinde zu jener Funktion nicht passend wäre, sahe er ein; den Bast und die Fasergefässe des Holzes nahm
er
d) Das Nehmliche erinnert Rudolphi (Anat. der Pfl. S. 231.)
E 2
ganze Rinde, ihrem fortdauernden Wachsthum unbeschadet, abgeschält werden kann. Wie wäre dies möglich, wenn sie eine so wichtige Funktion hätte, wie sie bey jener Meinung haben müſste!
Die zweyte Hypothese, daſs das Aufsteigen des Safts durch den Bast geschieht, hat man dar- aus beweisen wollen, weil es Bäume gäbe, in welchen das Mark mit dem Holze verfault, und blos der Bast nebst der Rinde noch gesund wären, und welche doch Jahre lang fortlebten. Aber diese Beobachtung halte ich für unrichtig. Nie habe ich inwendig verfaulte Bäume gesehen, die noch vegetirt und nicht unter dem Bast noch ge- sundes Holz gehabt hätten d). Kein Baum, der dieses nicht besitzt, kann dem Winde widerste- hen. Das übrig gebliebene Holz enthält aber noch so viele groſse Gefäſse, als zur Unterhal- tung des immer nur sehr kümmerlichen Lebens solcher Bäume nöthig ist.
Was endlich Sprengel’s Hypothese betrifft, daſs das Absteigen des Safts zwischen dem Bast und dem Splint geschieht, so ist diese eine Folge seiner übrigen Meinungen. Daſs die Rinde zu jener Funktion nicht passend wäre, sahe er ein; den Bast und die Fasergefäſse des Holzes nahm
er
d) Das Nehmliche erinnert Rudolphi (Anat. der Pfl. S. 231.)
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0083"n="67"/>
ganze Rinde, ihrem fortdauernden Wachsthum<lb/>
unbeschadet, abgeschält werden kann. Wie wäre<lb/>
dies möglich, wenn sie eine so wichtige Funktion<lb/>
hätte, wie sie bey jener Meinung haben müſste!</p><lb/><p>Die zweyte Hypothese, daſs das Aufsteigen<lb/>
des Safts durch den Bast geschieht, hat man dar-<lb/>
aus beweisen wollen, weil es Bäume gäbe, in<lb/>
welchen das Mark mit dem Holze verfault, und<lb/>
blos der Bast nebst der Rinde noch gesund wären,<lb/>
und welche doch Jahre lang fortlebten. Aber<lb/>
diese Beobachtung halte ich für unrichtig. Nie<lb/>
habe ich inwendig verfaulte Bäume gesehen, die<lb/>
noch vegetirt und nicht unter dem Bast noch ge-<lb/>
sundes Holz gehabt hätten <noteplace="foot"n="d)">Das Nehmliche erinnert <hirendition="#k">Rudolphi</hi> (Anat. der Pfl.<lb/>
S. 231.)</note>. Kein Baum, der<lb/>
dieses nicht besitzt, kann dem Winde widerste-<lb/>
hen. Das übrig gebliebene Holz enthält aber<lb/>
noch so viele groſse Gefäſse, als zur Unterhal-<lb/>
tung des immer nur sehr kümmerlichen Lebens<lb/>
solcher Bäume nöthig ist.</p><lb/><p>Was endlich <hirendition="#k">Sprengel</hi>’s Hypothese betrifft,<lb/>
daſs das Absteigen des Safts zwischen dem Bast<lb/>
und dem Splint geschieht, so ist diese eine Folge<lb/>
seiner übrigen Meinungen. Daſs die Rinde zu<lb/>
jener Funktion nicht passend wäre, sahe er ein;<lb/>
den Bast und die Fasergefäſse des Holzes nahm<lb/><fwplace="bottom"type="catch">er</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[67/0083]
ganze Rinde, ihrem fortdauernden Wachsthum
unbeschadet, abgeschält werden kann. Wie wäre
dies möglich, wenn sie eine so wichtige Funktion
hätte, wie sie bey jener Meinung haben müſste!
Die zweyte Hypothese, daſs das Aufsteigen
des Safts durch den Bast geschieht, hat man dar-
aus beweisen wollen, weil es Bäume gäbe, in
welchen das Mark mit dem Holze verfault, und
blos der Bast nebst der Rinde noch gesund wären,
und welche doch Jahre lang fortlebten. Aber
diese Beobachtung halte ich für unrichtig. Nie
habe ich inwendig verfaulte Bäume gesehen, die
noch vegetirt und nicht unter dem Bast noch ge-
sundes Holz gehabt hätten d). Kein Baum, der
dieses nicht besitzt, kann dem Winde widerste-
hen. Das übrig gebliebene Holz enthält aber
noch so viele groſse Gefäſse, als zur Unterhal-
tung des immer nur sehr kümmerlichen Lebens
solcher Bäume nöthig ist.
Was endlich Sprengel’s Hypothese betrifft,
daſs das Absteigen des Safts zwischen dem Bast
und dem Splint geschieht, so ist diese eine Folge
seiner übrigen Meinungen. Daſs die Rinde zu
jener Funktion nicht passend wäre, sahe er ein;
den Bast und die Fasergefäſse des Holzes nahm
er
d) Das Nehmliche erinnert Rudolphi (Anat. der Pfl.
S. 231.)
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/83>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.