Das Resultat dieser und verschiedener mei- ner eigenen Erfahrungen ist, dass bey vielen Ge- wächsen in der Periode der Befruchtung ein all- mähliges Hinbewegen der Staubfäden zum Pistill eintritt; dass bey andern sich umgekehrt die weib- lichen Theile den männlichen zu jener Zeit nä- hern, und dass bey noch andern beyderley Ge- schlechtstheile sich bey der Begattung aufsuchen y). Die Bewegung der Staubfäden zu den Griffeln ist die häufigste. Bey den meisten Pflanzen der De- candrie, Dodecandrie, Icosandrie und Polyandrie trifft man Spuren derselben an. Die Staubfäden einiger Pflanzen beobachten dabey eine regelmä- ssige Folge. Bey Lilium superbum, Amaryllis for- mosissima und Pancratium maritimum nähern sich die Staubbeutel nach einander der Narbe. Bey Fritillaria persica biegen sie sich wechselsweise nach dem Griffel hin. Bey Rhus Coriaria heben sich zwey oder drey Staubfäden zugleich hervor, beschreiben einen Viertelskreis und bringen ihre Antheren ganz nahe an die Narbe. Bey Parnassia palustris bewegen sich die männlichen Theile zu den weiblichen in der nehmlichen Ordnung, in welcher der Saamenstaub reift, und zwar, wenn sie sich der Narbe nähern, schnell und auf ein-
mal,
Humboldt's Aphorismen aus der chemischen Physiol. der Pflanzen. Uebers. von Fischer. S. 57.
y) M. vergl. Biologie. Bd. 3. S. 349.
Das Resultat dieser und verschiedener mei- ner eigenen Erfahrungen ist, daſs bey vielen Ge- wächsen in der Periode der Befruchtung ein all- mähliges Hinbewegen der Staubfäden zum Pistill eintritt; daſs bey andern sich umgekehrt die weib- lichen Theile den männlichen zu jener Zeit nä- hern, und daſs bey noch andern beyderley Ge- schlechtstheile sich bey der Begattung aufsuchen y). Die Bewegung der Staubfäden zu den Griffeln ist die häufigste. Bey den meisten Pflanzen der De- candrie, Dodecandrie, Icosandrie und Polyandrie trifft man Spuren derselben an. Die Staubfäden einiger Pflanzen beobachten dabey eine regelmä- ſsige Folge. Bey Lilium superbum, Amaryllis for- mosissima und Pancratium maritimum nähern sich die Staubbeutel nach einander der Narbe. Bey Fritillaria persica biegen sie sich wechselsweise nach dem Griffel hin. Bey Rhus Coriaria heben sich zwey oder drey Staubfäden zugleich hervor, beschreiben einen Viertelskreis und bringen ihre Antheren ganz nahe an die Narbe. Bey Parnassia palustris bewegen sich die männlichen Theile zu den weiblichen in der nehmlichen Ordnung, in welcher der Saamenstaub reift, und zwar, wenn sie sich der Narbe nähern, schnell und auf ein-
mal,
Humboldt’s Aphorismen aus der chemischen Physiol. der Pflanzen. Uebers. von Fischer. S. 57.
y) M. vergl. Biologie. Bd. 3. S. 349.
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Das Resultat dieser und verschiedener mei-
ner eigenen Erfahrungen ist, daſs bey vielen Ge-
wächsen in der Periode der Befruchtung ein all-
mähliges Hinbewegen der Staubfäden zum Pistill
eintritt; daſs bey andern sich umgekehrt die weib-
lichen Theile den männlichen zu jener Zeit nä-
hern, und daſs bey noch andern beyderley Ge-
schlechtstheile sich bey der Begattung aufsuchen y).
Die Bewegung der Staubfäden zu den Griffeln ist
die häufigste. Bey den meisten Pflanzen der De-
candrie, Dodecandrie, Icosandrie und Polyandrie
trifft man Spuren derselben an. Die Staubfäden
einiger Pflanzen beobachten dabey eine regelmä-
ſsige Folge. Bey Lilium superbum, Amaryllis for-
mosissima und Pancratium maritimum nähern sich
die Staubbeutel nach einander der Narbe. Bey
Fritillaria persica biegen sie sich wechselsweise
nach dem Griffel hin. Bey Rhus Coriaria heben
sich zwey oder drey Staubfäden zugleich hervor,
beschreiben einen Viertelskreis und bringen ihre
Antheren ganz nahe an die Narbe. Bey Parnassia
palustris bewegen sich die männlichen Theile zu
den weiblichen in der nehmlichen Ordnung, in
welcher der Saamenstaub reift, und zwar, wenn
sie sich der Narbe nähern, schnell und auf ein-
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y) M. vergl. Biologie. Bd. 3. S. 349.
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der Pflanzen. Uebers. von Fischer. S. 57.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/217>, abgerufen am 21.11.2024.
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