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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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Umstand spricht gegen eine, von Roose m) und
Bartels n) geäusserte Meinung, die auf den er-
sten Anblick Einiges für sich zu haben scheint.
Beyde nehmen an, dass die Anhäufung des venö-
sen Bluts im Gehirn während dem Ausathmen ei-
nen Einfluss auf die Hirnwirkung hat, wodurch
das Athmen hervorgebracht wird. Roose glaubte,
diese würde durch die Anhäufung erregt; Bar-
tels
hingegen setzte voraus, die Hirnwirkung
verursache das Ausathmen, sie werde gehemmt
durch den stockenden Lauf des Venenbluts, und
das Einathmen erfolge vermöge einer eigenen Kraft
der Werkzeuge des Athemholens. So würde frey-
lich die Bewegung des Gehirns und Rückenmarks
Wirkung und zugleich Ursache des Athemholens
seyn. Allein ausser der erwähnten Abwesenheit
jener Bewegung bey den Vögeln, Amphibien und
Fischen ist auch noch dies ein Beweis, dass hier
eine andere, höhere Ursache vorhanden seyn muss,
weil meiner Erfahrung nach bey Fröschen, denen
sowohl die sämmtlichen Blutgefässe, als die Lun-
gen unterbunden sind, und wo also aller Einfluss
des Athemholens auf das Gehirn aufgehoben ist,
die anapnoischen Bewegungen der Kehlmuskeln

noch
hiervon die Palpitationen her? Mir wenigstens ist
nie bey Insekten etwas Aehnliches vorgekommen.
m) Anthropologische Briefe. Leipzig. 1803. S. 115.
n) Die Respiration, als vom Gehirn abhängige Bewe-
gung und als chemischer Process. Breslau. 1813. S. 99.

Umstand spricht gegen eine, von Roose m) und
Bartels n) geäuſserte Meinung, die auf den er-
sten Anblick Einiges für sich zu haben scheint.
Beyde nehmen an, daſs die Anhäufung des venö-
sen Bluts im Gehirn während dem Ausathmen ei-
nen Einfluſs auf die Hirnwirkung hat, wodurch
das Athmen hervorgebracht wird. Roose glaubte,
diese würde durch die Anhäufung erregt; Bar-
tels
hingegen setzte voraus, die Hirnwirkung
verursache das Ausathmen, sie werde gehemmt
durch den stockenden Lauf des Venenbluts, und
das Einathmen erfolge vermöge einer eigenen Kraft
der Werkzeuge des Athemholens. So würde frey-
lich die Bewegung des Gehirns und Rückenmarks
Wirkung und zugleich Ursache des Athemholens
seyn. Allein auſser der erwähnten Abwesenheit
jener Bewegung bey den Vögeln, Amphibien und
Fischen ist auch noch dies ein Beweis, daſs hier
eine andere, höhere Ursache vorhanden seyn muſs,
weil meiner Erfahrung nach bey Fröschen, denen
sowohl die sämmtlichen Blutgefäſse, als die Lun-
gen unterbunden sind, und wo also aller Einfluſs
des Athemholens auf das Gehirn aufgehoben ist,
die anapnoischen Bewegungen der Kehlmuskeln

noch
hiervon die Palpitationen her? Mir wenigstens ist
nie bey Insekten etwas Aehnliches vorgekommen.
m) Anthropologische Briefe. Leipzig. 1803. S. 115.
n) Die Respiration, als vom Gehirn abhängige Bewe-
gung und als chemischer Proceſs. Breslau. 1813. S. 99.
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[260/0272] Umstand spricht gegen eine, von Roose m) und Bartels n) geäuſserte Meinung, die auf den er- sten Anblick Einiges für sich zu haben scheint. Beyde nehmen an, daſs die Anhäufung des venö- sen Bluts im Gehirn während dem Ausathmen ei- nen Einfluſs auf die Hirnwirkung hat, wodurch das Athmen hervorgebracht wird. Roose glaubte, diese würde durch die Anhäufung erregt; Bar- tels hingegen setzte voraus, die Hirnwirkung verursache das Ausathmen, sie werde gehemmt durch den stockenden Lauf des Venenbluts, und das Einathmen erfolge vermöge einer eigenen Kraft der Werkzeuge des Athemholens. So würde frey- lich die Bewegung des Gehirns und Rückenmarks Wirkung und zugleich Ursache des Athemholens seyn. Allein auſser der erwähnten Abwesenheit jener Bewegung bey den Vögeln, Amphibien und Fischen ist auch noch dies ein Beweis, daſs hier eine andere, höhere Ursache vorhanden seyn muſs, weil meiner Erfahrung nach bey Fröschen, denen sowohl die sämmtlichen Blutgefäſse, als die Lun- gen unterbunden sind, und wo also aller Einfluſs des Athemholens auf das Gehirn aufgehoben ist, die anapnoischen Bewegungen der Kehlmuskeln noch l) m) Anthropologische Briefe. Leipzig. 1803. S. 115. n) Die Respiration, als vom Gehirn abhängige Bewe- gung und als chemischer Proceſs. Breslau. 1813. S. 99. l) hiervon die Palpitationen her? Mir wenigstens ist nie bey Insekten etwas Aehnliches vorgekommen.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/272>, abgerufen am 31.10.2024.