Umstand spricht gegen eine, von Roosem) und Bartelsn) geäusserte Meinung, die auf den er- sten Anblick Einiges für sich zu haben scheint. Beyde nehmen an, dass die Anhäufung des venö- sen Bluts im Gehirn während dem Ausathmen ei- nen Einfluss auf die Hirnwirkung hat, wodurch das Athmen hervorgebracht wird. Roose glaubte, diese würde durch die Anhäufung erregt; Bar- tels hingegen setzte voraus, die Hirnwirkung verursache das Ausathmen, sie werde gehemmt durch den stockenden Lauf des Venenbluts, und das Einathmen erfolge vermöge einer eigenen Kraft der Werkzeuge des Athemholens. So würde frey- lich die Bewegung des Gehirns und Rückenmarks Wirkung und zugleich Ursache des Athemholens seyn. Allein ausser der erwähnten Abwesenheit jener Bewegung bey den Vögeln, Amphibien und Fischen ist auch noch dies ein Beweis, dass hier eine andere, höhere Ursache vorhanden seyn muss, weil meiner Erfahrung nach bey Fröschen, denen sowohl die sämmtlichen Blutgefässe, als die Lun- gen unterbunden sind, und wo also aller Einfluss des Athemholens auf das Gehirn aufgehoben ist, die anapnoischen Bewegungen der Kehlmuskeln
noch
hiervon die Palpitationen her? Mir wenigstens ist nie bey Insekten etwas Aehnliches vorgekommen.
m) Anthropologische Briefe. Leipzig. 1803. S. 115.
n) Die Respiration, als vom Gehirn abhängige Bewe- gung und als chemischer Process. Breslau. 1813. S. 99.
Umstand spricht gegen eine, von Roosem) und Bartelsn) geäuſserte Meinung, die auf den er- sten Anblick Einiges für sich zu haben scheint. Beyde nehmen an, daſs die Anhäufung des venö- sen Bluts im Gehirn während dem Ausathmen ei- nen Einfluſs auf die Hirnwirkung hat, wodurch das Athmen hervorgebracht wird. Roose glaubte, diese würde durch die Anhäufung erregt; Bar- tels hingegen setzte voraus, die Hirnwirkung verursache das Ausathmen, sie werde gehemmt durch den stockenden Lauf des Venenbluts, und das Einathmen erfolge vermöge einer eigenen Kraft der Werkzeuge des Athemholens. So würde frey- lich die Bewegung des Gehirns und Rückenmarks Wirkung und zugleich Ursache des Athemholens seyn. Allein auſser der erwähnten Abwesenheit jener Bewegung bey den Vögeln, Amphibien und Fischen ist auch noch dies ein Beweis, daſs hier eine andere, höhere Ursache vorhanden seyn muſs, weil meiner Erfahrung nach bey Fröschen, denen sowohl die sämmtlichen Blutgefäſse, als die Lun- gen unterbunden sind, und wo also aller Einfluſs des Athemholens auf das Gehirn aufgehoben ist, die anapnoischen Bewegungen der Kehlmuskeln
noch
hiervon die Palpitationen her? Mir wenigstens ist nie bey Insekten etwas Aehnliches vorgekommen.
m) Anthropologische Briefe. Leipzig. 1803. S. 115.
n) Die Respiration, als vom Gehirn abhängige Bewe- gung und als chemischer Proceſs. Breslau. 1813. S. 99.
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Umstand spricht gegen eine, von Roose m) und
Bartels n) geäuſserte Meinung, die auf den er-
sten Anblick Einiges für sich zu haben scheint.
Beyde nehmen an, daſs die Anhäufung des venö-
sen Bluts im Gehirn während dem Ausathmen ei-
nen Einfluſs auf die Hirnwirkung hat, wodurch
das Athmen hervorgebracht wird. Roose glaubte,
diese würde durch die Anhäufung erregt; Bar-
tels hingegen setzte voraus, die Hirnwirkung
verursache das Ausathmen, sie werde gehemmt
durch den stockenden Lauf des Venenbluts, und
das Einathmen erfolge vermöge einer eigenen Kraft
der Werkzeuge des Athemholens. So würde frey-
lich die Bewegung des Gehirns und Rückenmarks
Wirkung und zugleich Ursache des Athemholens
seyn. Allein auſser der erwähnten Abwesenheit
jener Bewegung bey den Vögeln, Amphibien und
Fischen ist auch noch dies ein Beweis, daſs hier
eine andere, höhere Ursache vorhanden seyn muſs,
weil meiner Erfahrung nach bey Fröschen, denen
sowohl die sämmtlichen Blutgefäſse, als die Lun-
gen unterbunden sind, und wo also aller Einfluſs
des Athemholens auf das Gehirn aufgehoben ist,
die anapnoischen Bewegungen der Kehlmuskeln
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m) Anthropologische Briefe. Leipzig. 1803. S. 115.
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gung und als chemischer Proceſs. Breslau. 1813. S. 99.
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nie bey Insekten etwas Aehnliches vorgekommen.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/272>, abgerufen am 31.10.2024.
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