ches s). Ich habe Weinbergschnecken ein halbes Jahr, und O. F. Müllert) Waldschnecken (Helix nemoralis) und nackte Schnecken, denen sogar der Kopf abgeschnitten war, über ein Jahr ohne Nahrung leben sehen. Selbst aber Schnecken, die funfzehn Jahre in einem Naturaliencabinet gelegen hatten, sollen wieder lebendig geworden seyn, nachdem sie zufällig in ein Gefäss mit Wasser ge- rathen waren u).
Das Wunderbare dieser Thatsachen wird noch dadurch erhöhet, dass die lange Fortdauer des Le- bens jener Thiere selbst dann statt findet, wenn sie nicht nur aller Nahrung entbehren, sondern selbst die wichtigsten Organe verloren haben. Vaillantv) nahm am Cap aus dem Bauch einer grossen Heuschrecke die Eingeweide, stopfte den- selben mit Baumwolle aus, und steckte das Thier mit einer Nadel, die durch den Vorderleib ging, in eine Schachtel. In diesem Zustand bewegte die Heuschrecke nach fünf Monaten noch die Beine und Fühlhörner.
Doch alle diese Beyspiele kommen bey wei- tem nicht denen gleich, die wir auf den unter- sten Stufen der thierischen Natur antreffen. Hier
giebt
s)Haller Elem. Physiol. T. VI. L. XIX. S. 2. §. 5. p. 169.
t) Hist. verm. Vol. 2. p. XII. XXXIV.
u)Macbride, Philos. Transact. Y. 1774. p. 432.
v) Neue Reise in das Innere von Afrika. B. 1.
ches s). Ich habe Weinbergschnecken ein halbes Jahr, und O. F. Müllert) Waldschnecken (Helix nemoralis) und nackte Schnecken, denen sogar der Kopf abgeschnitten war, über ein Jahr ohne Nahrung leben sehen. Selbst aber Schnecken, die funfzehn Jahre in einem Naturaliencabinet gelegen hatten, sollen wieder lebendig geworden seyn, nachdem sie zufällig in ein Gefäſs mit Wasser ge- rathen waren u).
Das Wunderbare dieser Thatsachen wird noch dadurch erhöhet, daſs die lange Fortdauer des Le- bens jener Thiere selbst dann statt findet, wenn sie nicht nur aller Nahrung entbehren, sondern selbst die wichtigsten Organe verloren haben. Vaillantv) nahm am Cap aus dem Bauch einer groſsen Heuschrecke die Eingeweide, stopfte den- selben mit Baumwolle aus, und steckte das Thier mit einer Nadel, die durch den Vorderleib ging, in eine Schachtel. In diesem Zustand bewegte die Heuschrecke nach fünf Monaten noch die Beine und Fühlhörner.
Doch alle diese Beyspiele kommen bey wei- tem nicht denen gleich, die wir auf den unter- sten Stufen der thierischen Natur antreffen. Hier
giebt
s)Haller Elem. Physiol. T. VI. L. XIX. S. 2. §. 5. p. 169.
t) Hist. verm. Vol. 2. p. XII. XXXIV.
u)Macbride, Philos. Transact. Y. 1774. p. 432.
v) Neue Reise in das Innere von Afrika. B. 1.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0284"n="272"/>
ches <noteplace="foot"n="s)"><hirendition="#k">Haller</hi> Elem. Physiol. T. VI. L. XIX. S. 2. §. 5. p.<lb/>
169.</note>. Ich habe Weinbergschnecken ein halbes<lb/>
Jahr, und O. F. <hirendition="#k">Müller</hi><noteplace="foot"n="t)">Hist. verm. Vol. 2. p. XII. XXXIV.</note> Waldschnecken (Helix<lb/>
nemoralis) und nackte Schnecken, denen sogar<lb/>
der Kopf abgeschnitten war, über ein Jahr ohne<lb/>
Nahrung leben sehen. Selbst aber Schnecken, die<lb/>
funfzehn Jahre in einem Naturaliencabinet gelegen<lb/>
hatten, sollen wieder lebendig geworden seyn,<lb/>
nachdem sie zufällig in ein Gefäſs mit Wasser ge-<lb/>
rathen waren <noteplace="foot"n="u)"><hirendition="#k">Macbride</hi>, Philos. Transact. Y. 1774. p. 432.</note>.</p><lb/><p>Das Wunderbare dieser Thatsachen wird noch<lb/>
dadurch erhöhet, daſs die lange Fortdauer des Le-<lb/>
bens jener Thiere selbst dann statt findet, wenn<lb/>
sie nicht nur aller Nahrung entbehren, sondern<lb/>
selbst die wichtigsten Organe verloren haben.<lb/><hirendition="#k">Vaillant</hi><noteplace="foot"n="v)">Neue Reise in das Innere von Afrika. B. 1.</note> nahm am Cap aus dem Bauch einer<lb/>
groſsen Heuschrecke die Eingeweide, stopfte den-<lb/>
selben mit Baumwolle aus, und steckte das Thier<lb/>
mit einer Nadel, die durch den Vorderleib ging,<lb/>
in eine Schachtel. In diesem Zustand bewegte<lb/>
die Heuschrecke nach fünf Monaten noch die Beine<lb/>
und Fühlhörner.</p><lb/><p>Doch alle diese Beyspiele kommen bey wei-<lb/>
tem nicht denen gleich, die wir auf den unter-<lb/>
sten Stufen der thierischen Natur antreffen. Hier<lb/><fwplace="bottom"type="catch">giebt</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[272/0284]
ches s). Ich habe Weinbergschnecken ein halbes
Jahr, und O. F. Müller t) Waldschnecken (Helix
nemoralis) und nackte Schnecken, denen sogar
der Kopf abgeschnitten war, über ein Jahr ohne
Nahrung leben sehen. Selbst aber Schnecken, die
funfzehn Jahre in einem Naturaliencabinet gelegen
hatten, sollen wieder lebendig geworden seyn,
nachdem sie zufällig in ein Gefäſs mit Wasser ge-
rathen waren u).
Das Wunderbare dieser Thatsachen wird noch
dadurch erhöhet, daſs die lange Fortdauer des Le-
bens jener Thiere selbst dann statt findet, wenn
sie nicht nur aller Nahrung entbehren, sondern
selbst die wichtigsten Organe verloren haben.
Vaillant v) nahm am Cap aus dem Bauch einer
groſsen Heuschrecke die Eingeweide, stopfte den-
selben mit Baumwolle aus, und steckte das Thier
mit einer Nadel, die durch den Vorderleib ging,
in eine Schachtel. In diesem Zustand bewegte
die Heuschrecke nach fünf Monaten noch die Beine
und Fühlhörner.
Doch alle diese Beyspiele kommen bey wei-
tem nicht denen gleich, die wir auf den unter-
sten Stufen der thierischen Natur antreffen. Hier
giebt
s) Haller Elem. Physiol. T. VI. L. XIX. S. 2. §. 5. p.
169.
t) Hist. verm. Vol. 2. p. XII. XXXIV.
u) Macbride, Philos. Transact. Y. 1774. p. 432.
v) Neue Reise in das Innere von Afrika. B. 1.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/284>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.