Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

barkeit ist von dem Lichte abhängig, welches auf
die thierische Reitzbarkeit keinen Einfluss hat.

Auch die Arterien der Nabelschnur, welche
pulsiren, ohne Nerven zu haben, könnte man als
einen Beweis für die Unabhängigkeit der Muskel-
kraft von der Nervenkraft anführen. Aber dass
die Pulsationen der Arterien Wirkungen einer Mus-
kelkraft derselben sind, ist eine unwahrscheinliche
Voraussetzung. Ich zweifele zwar nicht, dass
diese Gefässe zum Theil Reitzbarkeit besitzen.
Bichat c), der ihnen diese absprach, weil ihre
Fasern mit den eigentlichen Muskelfasern nicht
ganz übereinkommen, scheint mir eben sowohl
Unrecht zu haben, als Berzelius d), der aus der
Verschiedenheit ihrer Mischung von der chemi-
schen Zusammensetzung der willkührlichen Mus-
keln auf die Abwesenheit der Reitzbarkeit bey ih-
nen schloss. Die Organe der automatischen Be-
wegungen bey den Pflanzen haben ebenfalls eine
ganz andere Textur und Mischung als die thieri-
schen Muskeln, und sind doch dabey zum Theil
sehr reitzbar. Allein wenn sich nach Zimmer-
mann's, Lorry's, Bicker
's und besonders Ver-

schu-
c) Allgem. Anatomie. Th. 1. Abth. 2. S. 36.
d) A View of the Progress and present State of animal
Chemistry. p. 24.
V. Bd. T

barkeit ist von dem Lichte abhängig, welches auf
die thierische Reitzbarkeit keinen Einfluſs hat.

Auch die Arterien der Nabelschnur, welche
pulsiren, ohne Nerven zu haben, könnte man als
einen Beweis für die Unabhängigkeit der Muskel-
kraft von der Nervenkraft anführen. Aber daſs
die Pulsationen der Arterien Wirkungen einer Mus-
kelkraft derselben sind, ist eine unwahrscheinliche
Voraussetzung. Ich zweifele zwar nicht, daſs
diese Gefäſse zum Theil Reitzbarkeit besitzen.
Bichat c), der ihnen diese absprach, weil ihre
Fasern mit den eigentlichen Muskelfasern nicht
ganz übereinkommen, scheint mir eben sowohl
Unrecht zu haben, als Berzelius d), der aus der
Verschiedenheit ihrer Mischung von der chemi-
schen Zusammensetzung der willkührlichen Mus-
keln auf die Abwesenheit der Reitzbarkeit bey ih-
nen schloſs. Die Organe der automatischen Be-
wegungen bey den Pflanzen haben ebenfalls eine
ganz andere Textur und Mischung als die thieri-
schen Muskeln, und sind doch dabey zum Theil
sehr reitzbar. Allein wenn sich nach Zimmer-
mann’s, Lorry’s, Bicker
’s und besonders Ver-

schu-
c) Allgem. Anatomie. Th. 1. Abth. 2. S. 36.
d) A View of the Progreſs and present State of animal
Chemistry. p. 24.
V. Bd. T
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0301" n="289"/>
barkeit ist von dem Lichte abhängig, welches auf<lb/>
die thierische Reitzbarkeit keinen Einflu&#x017F;s hat.</p><lb/>
            <p>Auch die Arterien der Nabelschnur, welche<lb/>
pulsiren, ohne Nerven zu haben, könnte man als<lb/>
einen Beweis für die Unabhängigkeit der Muskel-<lb/>
kraft von der Nervenkraft anführen. Aber da&#x017F;s<lb/>
die Pulsationen der Arterien Wirkungen einer Mus-<lb/>
kelkraft derselben sind, ist eine unwahrscheinliche<lb/>
Voraussetzung. Ich zweifele zwar nicht, da&#x017F;s<lb/>
diese Gefä&#x017F;se zum Theil Reitzbarkeit besitzen.<lb/><hi rendition="#k">Bichat</hi> <note place="foot" n="c)">Allgem. Anatomie. Th. 1. Abth. 2. S. 36.</note>, der ihnen diese absprach, weil ihre<lb/>
Fasern mit den eigentlichen Muskelfasern nicht<lb/>
ganz übereinkommen, scheint mir eben sowohl<lb/>
Unrecht zu haben, als <hi rendition="#k">Berzelius</hi> <note place="foot" n="d)">A View of the Progre&#x017F;s and present State of animal<lb/>
Chemistry. p. 24.</note>, der aus der<lb/>
Verschiedenheit ihrer Mischung von der chemi-<lb/>
schen Zusammensetzung der willkührlichen Mus-<lb/>
keln auf die Abwesenheit der Reitzbarkeit bey ih-<lb/>
nen schlo&#x017F;s. Die Organe der automatischen Be-<lb/>
wegungen bey den Pflanzen haben ebenfalls eine<lb/>
ganz andere Textur und Mischung als die thieri-<lb/>
schen Muskeln, und sind doch dabey zum Theil<lb/>
sehr reitzbar. Allein wenn sich nach <hi rendition="#k">Zimmer-<lb/>
mann&#x2019;s, Lorry&#x2019;s, Bicker</hi>&#x2019;s und besonders <hi rendition="#k">Ver-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#k">schu-</hi></fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#i">V. Bd.</hi> T</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0301] barkeit ist von dem Lichte abhängig, welches auf die thierische Reitzbarkeit keinen Einfluſs hat. Auch die Arterien der Nabelschnur, welche pulsiren, ohne Nerven zu haben, könnte man als einen Beweis für die Unabhängigkeit der Muskel- kraft von der Nervenkraft anführen. Aber daſs die Pulsationen der Arterien Wirkungen einer Mus- kelkraft derselben sind, ist eine unwahrscheinliche Voraussetzung. Ich zweifele zwar nicht, daſs diese Gefäſse zum Theil Reitzbarkeit besitzen. Bichat c), der ihnen diese absprach, weil ihre Fasern mit den eigentlichen Muskelfasern nicht ganz übereinkommen, scheint mir eben sowohl Unrecht zu haben, als Berzelius d), der aus der Verschiedenheit ihrer Mischung von der chemi- schen Zusammensetzung der willkührlichen Mus- keln auf die Abwesenheit der Reitzbarkeit bey ih- nen schloſs. Die Organe der automatischen Be- wegungen bey den Pflanzen haben ebenfalls eine ganz andere Textur und Mischung als die thieri- schen Muskeln, und sind doch dabey zum Theil sehr reitzbar. Allein wenn sich nach Zimmer- mann’s, Lorry’s, Bicker’s und besonders Ver- schu- c) Allgem. Anatomie. Th. 1. Abth. 2. S. 36. d) A View of the Progreſs and present State of animal Chemistry. p. 24. V. Bd. T

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/301
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/301>, abgerufen am 22.11.2024.