behandelten Kranken, die sechszehn Jahre mit der Epilepsie behaftet gewesen war, trat nach der Anwendung des thierischen Magnetismus an die Stelle der Fallsucht ein Schweiss, der über fünf Jahre täglich drey bis vier Stunden dauerte. Das Empfindungsvermögen steht indess mit der plasti- schen Kraft häufiger in Sympathie als in Antago- nismus, und ist mit dieser enger als das Bewe- gungsvermögen verbunden. Bey jeder Entzün- dung eines äussern Theils nimmt darin die Em- pfindlichkeit in gleichem Verhältniss mit der Thä- tigkeit der plastischen Kraft zu, indem die Be- weglichkeit abnimmt. Entzündungen einiger Ein- geweide sind zwar oft wenig schmerzhaft, doch wohl nur, weil der Einfluss derselben auf das Gehirn durch Ganglien unterbrochen ist. Die Ernährung kann auch bey gänzlichem Verlust der Beweglichkeit fortdauern, wie man häufig an ge- lähmten Gliedern sieht. Umgekehrt kann diese in einem Glied, worin die Ernährung und die Empfindlichkeit grösstentheils aufgehoben sind, noch einige Zeit übrig bleiben. Bey einer, in Zimmermann's Werk Von der Erfahrung in der Arzneykunst (Th. 2. S. 249.) erwähnten Kriebelkrankheit verloren die Glieder so sehr alle Empfindlichkeit, dass selbst Verwundungen der- selben keine Schmerzen erregten; der Blutum- lauf und die thierische Wärme hörten zugleich darin auf; aber es blieb doch einige Beweglich-
keit
behandelten Kranken, die sechszehn Jahre mit der Epilepsie behaftet gewesen war, trat nach der Anwendung des thierischen Magnetismus an die Stelle der Fallsucht ein Schweiſs, der über fünf Jahre täglich drey bis vier Stunden dauerte. Das Empfindungsvermögen steht indeſs mit der plasti- schen Kraft häufiger in Sympathie als in Antago- nismus, und ist mit dieser enger als das Bewe- gungsvermögen verbunden. Bey jeder Entzün- dung eines äuſsern Theils nimmt darin die Em- pfindlichkeit in gleichem Verhältniſs mit der Thä- tigkeit der plastischen Kraft zu, indem die Be- weglichkeit abnimmt. Entzündungen einiger Ein- geweide sind zwar oft wenig schmerzhaft, doch wohl nur, weil der Einfluſs derselben auf das Gehirn durch Ganglien unterbrochen ist. Die Ernährung kann auch bey gänzlichem Verlust der Beweglichkeit fortdauern, wie man häufig an ge- lähmten Gliedern sieht. Umgekehrt kann diese in einem Glied, worin die Ernährung und die Empfindlichkeit gröſstentheils aufgehoben sind, noch einige Zeit übrig bleiben. Bey einer, in Zimmermann’s Werk Von der Erfahrung in der Arzneykunst (Th. 2. S. 249.) erwähnten Kriebelkrankheit verloren die Glieder so sehr alle Empfindlichkeit, daſs selbst Verwundungen der- selben keine Schmerzen erregten; der Blutum- lauf und die thierische Wärme hörten zugleich darin auf; aber es blieb doch einige Beweglich-
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behandelten Kranken, die sechszehn Jahre mit der
Epilepsie behaftet gewesen war, trat nach der
Anwendung des thierischen Magnetismus an die
Stelle der Fallsucht ein Schweiſs, der über fünf
Jahre täglich drey bis vier Stunden dauerte. Das
Empfindungsvermögen steht indeſs mit der plasti-
schen Kraft häufiger in Sympathie als in Antago-
nismus, und ist mit dieser enger als das Bewe-
gungsvermögen verbunden. Bey jeder Entzün-
dung eines äuſsern Theils nimmt darin die Em-
pfindlichkeit in gleichem Verhältniſs mit der Thä-
tigkeit der plastischen Kraft zu, indem die Be-
weglichkeit abnimmt. Entzündungen einiger Ein-
geweide sind zwar oft wenig schmerzhaft, doch
wohl nur, weil der Einfluſs derselben auf das
Gehirn durch Ganglien unterbrochen ist. Die
Ernährung kann auch bey gänzlichem Verlust der
Beweglichkeit fortdauern, wie man häufig an ge-
lähmten Gliedern sieht. Umgekehrt kann diese
in einem Glied, worin die Ernährung und die
Empfindlichkeit gröſstentheils aufgehoben sind,
noch einige Zeit übrig bleiben. Bey einer, in
Zimmermann’s Werk Von der Erfahrung in
der Arzneykunst (Th. 2. S. 249.) erwähnten
Kriebelkrankheit verloren die Glieder so sehr alle
Empfindlichkeit, daſs selbst Verwundungen der-
selben keine Schmerzen erregten; der Blutum-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/438>, abgerufen am 26.11.2024.
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