den untersten Stufen an entfalten. Mit dem- selben aber ist der Tastsinn einerley, voraus- gesetzt, dass man den letztern in der Allge- meinheit nimmt, worin wir ihn oben bestimmt haben. Um indess Missverständnissen vorzu- beugen, wollen wir uns im gegenwärtigen Ab- schnitt jener Benennung des allgemeinen Sinns für denselben bedienen.
Ersatz eines besondern Sinns ist durch die- sen allgemeinen Sinn immer nur dann möglich, wenn er Empfänglichkeit für die Art von Ein- drücken, wofür jener organisirt ist, besitzt oder erhält. Ersatz wird auch nur dann statt finden, wenn diese Art von Eindrücken durch Vermitt- lung des allgemeinen Sinns als verschieden von allen andern Eindrücken empfunden wird. Dass aber die Empfindung die nehmliche Form habe, die sie besitzt, wenn sie durch jenen besondern Sinn erregt wird, ist nicht nothwendige Be- dingung des Ersatzes. Es bedarf z. B. vielleicht zur Empfindung eines sichtbaren Gegenstandes als eines solchen eines Sehenerven, der seinem Ursprunge und Verlauf nach dem menschlichen ähnlich ist, und welcher sich in einem zur Darstellung des Bildes dieses Gegenstandes or- ganisirten Theil ausbreitet. Es giebt aber kei- nen Grund, anzunehmen, dass nicht auch jede andere, dem Lichte zugängliche Nervenausbrei-
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den untersten Stufen an entfalten. Mit dem- selben aber ist der Tastsinn einerley, voraus- gesetzt, daſs man den letztern in der Allge- meinheit nimmt, worin wir ihn oben bestimmt haben. Um indeſs Miſsverständnissen vorzu- beugen, wollen wir uns im gegenwärtigen Ab- schnitt jener Benennung des allgemeinen Sinns für denselben bedienen.
Ersatz eines besondern Sinns ist durch die- sen allgemeinen Sinn immer nur dann möglich, wenn er Empfänglichkeit für die Art von Ein- drücken, wofür jener organisirt ist, besitzt oder erhält. Ersatz wird auch nur dann statt finden, wenn diese Art von Eindrücken durch Vermitt- lung des allgemeinen Sinns als verschieden von allen andern Eindrücken empfunden wird. Daſs aber die Empfindung die nehmliche Form habe, die sie besitzt, wenn sie durch jenen besondern Sinn erregt wird, ist nicht nothwendige Be- dingung des Ersatzes. Es bedarf z. B. vielleicht zur Empfindung eines sichtbaren Gegenstandes als eines solchen eines Sehenerven, der seinem Ursprunge und Verlauf nach dem menschlichen ähnlich ist, und welcher sich in einem zur Darstellung des Bildes dieses Gegenstandes or- ganisirten Theil ausbreitet. Es giebt aber kei- nen Grund, anzunehmen, daſs nicht auch jede andere, dem Lichte zugängliche Nervenausbrei-
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den untersten Stufen an entfalten. Mit dem-
selben aber ist der Tastsinn einerley, voraus-
gesetzt, daſs man den letztern in der Allge-
meinheit nimmt, worin wir ihn oben bestimmt
haben. Um indeſs Miſsverständnissen vorzu-
beugen, wollen wir uns im gegenwärtigen Ab-
schnitt jener Benennung des allgemeinen Sinns
für denselben bedienen.
Ersatz eines besondern Sinns ist durch die-
sen allgemeinen Sinn immer nur dann möglich,
wenn er Empfänglichkeit für die Art von Ein-
drücken, wofür jener organisirt ist, besitzt oder
erhält. Ersatz wird auch nur dann statt finden,
wenn diese Art von Eindrücken durch Vermitt-
lung des allgemeinen Sinns als verschieden von
allen andern Eindrücken empfunden wird. Daſs
aber die Empfindung die nehmliche Form habe,
die sie besitzt, wenn sie durch jenen besondern
Sinn erregt wird, ist nicht nothwendige Be-
dingung des Ersatzes. Es bedarf z. B. vielleicht
zur Empfindung eines sichtbaren Gegenstandes
als eines solchen eines Sehenerven, der seinem
Ursprunge und Verlauf nach dem menschlichen
ähnlich ist, und welcher sich in einem zur
Darstellung des Bildes dieses Gegenstandes or-
ganisirten Theil ausbreitet. Es giebt aber kei-
nen Grund, anzunehmen, daſs nicht auch jede
andere, dem Lichte zugängliche Nervenausbrei-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/197>, abgerufen am 21.11.2024.
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