zur Ausbreitung dient, beträchtlich an Ausdeh- nung zu; sie ist, einzelne Ausnahmen abge- rechnet, grösser bey den Säugthieren als bey den Vögeln, und grösser bey den letztern als bey den Amphibien.
Die Zunge ist ein weit allgemeiner im Thierreiche verbreiteter Theil, als die dem Gesicht, Gehör und Geruch dienenden Werk- zeuge. Allein der Hauptsitz des Geschmacks ist sie in keiner ganzen Thierclasse als in der der Säugthiere. Sie wirkt in den übrigen Clas- sen eben so sehr, oder mehr für das Getast, als für den Geschmack, und dieser scheint in objectiver Hinsicht vom Menschen abwärts im- mer stumpfer zu werden.
An dem Tastsinn lässt sich diese Stufen- folge nicht mehr in jeder Beziehung nachwei- sen. Betrachtet man ihn von Seiten des Ver- mögens, die Gestalt der Körper zu erforschen, so stehen in Rücksicht auf denselben der Mensch und die Affen über allen übrigen Thieren. Sieht man aber dabey im Allgemeinen auf das Ver- mögen, die Gegenwart äusserer Gegenstände, vermittelst ihrer mechanischen Einwirkungen auf denselben, wahrzunehmen, so besitzen viele Thiere der untersten Stufen und die meisten Zoophyten einen feinern Tastsinn als die höhern Thiere und selbst als der Mensch.
Eine
zur Ausbreitung dient, beträchtlich an Ausdeh- nung zu; sie ist, einzelne Ausnahmen abge- rechnet, gröſser bey den Säugthieren als bey den Vögeln, und gröſser bey den letztern als bey den Amphibien.
Die Zunge ist ein weit allgemeiner im Thierreiche verbreiteter Theil, als die dem Gesicht, Gehör und Geruch dienenden Werk- zeuge. Allein der Hauptsitz des Geschmacks ist sie in keiner ganzen Thierclasse als in der der Säugthiere. Sie wirkt in den übrigen Clas- sen eben so sehr, oder mehr für das Getast, als für den Geschmack, und dieser scheint in objectiver Hinsicht vom Menschen abwärts im- mer stumpfer zu werden.
An dem Tastsinn läſst sich diese Stufen- folge nicht mehr in jeder Beziehung nachwei- sen. Betrachtet man ihn von Seiten des Ver- mögens, die Gestalt der Körper zu erforschen, so stehen in Rücksicht auf denselben der Mensch und die Affen über allen übrigen Thieren. Sieht man aber dabey im Allgemeinen auf das Ver- mögen, die Gegenwart äuſserer Gegenstände, vermittelst ihrer mechanischen Einwirkungen auf denselben, wahrzunehmen, so besitzen viele Thiere der untersten Stufen und die meisten Zoophyten einen feinern Tastsinn als die höhern Thiere und selbst als der Mensch.
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[198/0216]
zur Ausbreitung dient, beträchtlich an Ausdeh-
nung zu; sie ist, einzelne Ausnahmen abge-
rechnet, gröſser bey den Säugthieren als bey
den Vögeln, und gröſser bey den letztern als bey
den Amphibien.
Die Zunge ist ein weit allgemeiner im
Thierreiche verbreiteter Theil, als die dem
Gesicht, Gehör und Geruch dienenden Werk-
zeuge. Allein der Hauptsitz des Geschmacks ist
sie in keiner ganzen Thierclasse als in der
der Säugthiere. Sie wirkt in den übrigen Clas-
sen eben so sehr, oder mehr für das Getast,
als für den Geschmack, und dieser scheint in
objectiver Hinsicht vom Menschen abwärts im-
mer stumpfer zu werden.
An dem Tastsinn läſst sich diese Stufen-
folge nicht mehr in jeder Beziehung nachwei-
sen. Betrachtet man ihn von Seiten des Ver-
mögens, die Gestalt der Körper zu erforschen,
so stehen in Rücksicht auf denselben der Mensch
und die Affen über allen übrigen Thieren. Sieht
man aber dabey im Allgemeinen auf das Ver-
mögen, die Gegenwart äuſserer Gegenstände,
vermittelst ihrer mechanischen Einwirkungen auf
denselben, wahrzunehmen, so besitzen viele
Thiere der untersten Stufen und die meisten
Zoophyten einen feinern Tastsinn als die höhern
Thiere und selbst als der Mensch.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/216>, abgerufen am 26.11.2024.
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