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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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aber ein Apparat von Muskeln, welcher dem
einwirkenden Körper entgegenwirkt. Nach dem
Aufwande von Muskelkraft, der hierbey erfor-
derlich ist, schätzen wir jene Eigenschaften der
Körper. Nur dann aber ist eine nähere Schät-
zung möglich, wenn die Gegenwirkung von
unserer Seite durch willkührliche Bewegungs-
organe geschieht. Auch ein innerer, krankhaft
beschaffener Theil bringt durch seinen Druck
auf die benachbarten Muskeln ein Gefühl von
Schwere, doch nur ein dunkles und unbestimm-
tes, hervor. Zur genauern Abwägung leichter
Körper bedürfen wir der äussern Gliedmaassen,
und bey leichtern Körpern der äussersten Glie-
der der mittlern Finger. Die Feinheit des
Sinns für Schwere steht also mit der Zahl der
Glieder eines äussern Bewegungsorgans und der
Länge desselben in einem gewissen Verhältniss.
Der Elephant, der in seinem weit hervorste-
henden, höchst beweglichen Rüssel, und die
Spinne, die in ihren langen, vielfach geglieder-
ten Beinen diese Erfordernisse in einem höhern
Grade als die meisten der übrigen Thiere be-
sitzen, haben daher gewiss ein sehr feines Ge-
fühl für die Schwere und Leichtigkeit der
Körper. Auch in den langen, aus zahlreichen
Artikulationen bestehenden Fühlhörnern der In-
sekten muss dieses Gefühl sehr zart seyn. Kein
Insekt macht zwar von seinen Antennen einen,

auf

aber ein Apparat von Muskeln, welcher dem
einwirkenden Körper entgegenwirkt. Nach dem
Aufwande von Muskelkraft, der hierbey erfor-
derlich ist, schätzen wir jene Eigenschaften der
Körper. Nur dann aber ist eine nähere Schät-
zung möglich, wenn die Gegenwirkung von
unserer Seite durch willkührliche Bewegungs-
organe geschieht. Auch ein innerer, krankhaft
beschaffener Theil bringt durch seinen Druck
auf die benachbarten Muskeln ein Gefühl von
Schwere, doch nur ein dunkles und unbestimm-
tes, hervor. Zur genauern Abwägung leichter
Körper bedürfen wir der äuſsern Gliedmaaſsen,
und bey leichtern Körpern der äuſsersten Glie-
der der mittlern Finger. Die Feinheit des
Sinns für Schwere steht also mit der Zahl der
Glieder eines äuſsern Bewegungsorgans und der
Länge desselben in einem gewissen Verhältniſs.
Der Elephant, der in seinem weit hervorste-
henden, höchst beweglichen Rüssel, und die
Spinne, die in ihren langen, vielfach geglieder-
ten Beinen diese Erfordernisse in einem höhern
Grade als die meisten der übrigen Thiere be-
sitzen, haben daher gewiſs ein sehr feines Ge-
fühl für die Schwere und Leichtigkeit der
Körper. Auch in den langen, aus zahlreichen
Artikulationen bestehenden Fühlhörnern der In-
sekten muſs dieses Gefühl sehr zart seyn. Kein
Insekt macht zwar von seinen Antennen einen,

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[218/0236] aber ein Apparat von Muskeln, welcher dem einwirkenden Körper entgegenwirkt. Nach dem Aufwande von Muskelkraft, der hierbey erfor- derlich ist, schätzen wir jene Eigenschaften der Körper. Nur dann aber ist eine nähere Schät- zung möglich, wenn die Gegenwirkung von unserer Seite durch willkührliche Bewegungs- organe geschieht. Auch ein innerer, krankhaft beschaffener Theil bringt durch seinen Druck auf die benachbarten Muskeln ein Gefühl von Schwere, doch nur ein dunkles und unbestimm- tes, hervor. Zur genauern Abwägung leichter Körper bedürfen wir der äuſsern Gliedmaaſsen, und bey leichtern Körpern der äuſsersten Glie- der der mittlern Finger. Die Feinheit des Sinns für Schwere steht also mit der Zahl der Glieder eines äuſsern Bewegungsorgans und der Länge desselben in einem gewissen Verhältniſs. Der Elephant, der in seinem weit hervorste- henden, höchst beweglichen Rüssel, und die Spinne, die in ihren langen, vielfach geglieder- ten Beinen diese Erfordernisse in einem höhern Grade als die meisten der übrigen Thiere be- sitzen, haben daher gewiſs ein sehr feines Ge- fühl für die Schwere und Leichtigkeit der Körper. Auch in den langen, aus zahlreichen Artikulationen bestehenden Fühlhörnern der In- sekten muſs dieses Gefühl sehr zart seyn. Kein Insekt macht zwar von seinen Antennen einen, auf

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/236>, abgerufen am 24.11.2024.