Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Durchdringlichkeit der Oberhaut von flüssigen
Substanzen zeigt sich bey der Resorbtion des
Wassers im Bade und äusserlich eingeriebener,
flüssiger Arzneymittel. Nach den Versuchen
eines gewissen Miel wird selbst der Schmelz
der Zähne von Flüssigkeiten durchdrungen, und
es rührt hiervon das Gefühl von Stumpfheit der
Zähne nach dem Genuss von zusammenziehen-
den Säuren her a). Aus dem Durchgange, den
die Oberhaut der Nässe gestattet, ist es auch zu
erklären, warum die Empfindung von Wärme
oder Kälte nach der Berührung einer Flüssigkeit
nicht gleich nach dem Abtrocknen der Haut,
wie nach dem Aufhören der Berührung eines
festen Körpers, sich verliert.

Der Sinn für die Temperatur der
Körper
ist mit der allgemeinste unter den
Modifikationen des Tastsinns. Alles Leben ist
vorzüglich durch einen gewissen Grad von
Wärme bedingt, und für jede der äussern Bedin-
gungen des Lebens hat das Thier einen Sinn
empfangen, der dasselbe in den Stand setzt,
diese aufzusuchen und sich anzueignen. Einer
gewissen Temperatur bedürfen auch alle Theile
des Thiers ohne Ausnahme. Daher ist jener
Sinn nicht nur allgemein im Thierreiche, son-

dern
a) Magendie Precis element. de Physiologie. T. I. p.
151.

Durchdringlichkeit der Oberhaut von flüssigen
Substanzen zeigt sich bey der Resorbtion des
Wassers im Bade und äuſserlich eingeriebener,
flüssiger Arzneymittel. Nach den Versuchen
eines gewissen Miel wird selbst der Schmelz
der Zähne von Flüssigkeiten durchdrungen, und
es rührt hiervon das Gefühl von Stumpfheit der
Zähne nach dem Genuſs von zusammenziehen-
den Säuren her a). Aus dem Durchgange, den
die Oberhaut der Nässe gestattet, ist es auch zu
erklären, warum die Empfindung von Wärme
oder Kälte nach der Berührung einer Flüssigkeit
nicht gleich nach dem Abtrocknen der Haut,
wie nach dem Aufhören der Berührung eines
festen Körpers, sich verliert.

Der Sinn für die Temperatur der
Körper
ist mit der allgemeinste unter den
Modifikationen des Tastsinns. Alles Leben ist
vorzüglich durch einen gewissen Grad von
Wärme bedingt, und für jede der äuſsern Bedin-
gungen des Lebens hat das Thier einen Sinn
empfangen, der dasselbe in den Stand setzt,
diese aufzusuchen und sich anzueignen. Einer
gewissen Temperatur bedürfen auch alle Theile
des Thiers ohne Ausnahme. Daher ist jener
Sinn nicht nur allgemein im Thierreiche, son-

dern
a) Magendie Précis élément. de Physiologie. T. I. p.
151.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0238" n="220"/>
Durchdringlichkeit der Oberhaut von flüssigen<lb/>
Substanzen zeigt sich bey der Resorbtion des<lb/>
Wassers im Bade und äu&#x017F;serlich eingeriebener,<lb/>
flüssiger Arzneymittel. Nach den Versuchen<lb/>
eines gewissen <hi rendition="#k">Miel</hi> wird selbst der Schmelz<lb/>
der Zähne von Flüssigkeiten durchdrungen, und<lb/>
es rührt hiervon das Gefühl von Stumpfheit der<lb/>
Zähne nach dem Genu&#x017F;s von zusammenziehen-<lb/>
den Säuren her <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#k">Magendie</hi> Précis élément. de Physiologie. T. I. p.<lb/>
151.</note>. Aus dem Durchgange, den<lb/>
die Oberhaut der Nässe gestattet, ist es auch zu<lb/>
erklären, warum die Empfindung von Wärme<lb/>
oder Kälte nach der Berührung einer Flüssigkeit<lb/>
nicht gleich nach dem Abtrocknen der Haut,<lb/>
wie nach dem Aufhören der Berührung eines<lb/>
festen Körpers, sich verliert.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Der Sinn für die Temperatur der<lb/>
Körper</hi> ist mit der allgemeinste unter den<lb/>
Modifikationen des Tastsinns. Alles Leben ist<lb/>
vorzüglich durch einen gewissen Grad von<lb/>
Wärme bedingt, und für jede der äu&#x017F;sern Bedin-<lb/>
gungen des Lebens hat das Thier einen Sinn<lb/>
empfangen, der dasselbe in den Stand setzt,<lb/>
diese aufzusuchen und sich anzueignen. Einer<lb/>
gewissen Temperatur bedürfen auch alle Theile<lb/>
des Thiers ohne Ausnahme. Daher ist jener<lb/>
Sinn nicht nur allgemein im Thierreiche, son-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dern</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0238] Durchdringlichkeit der Oberhaut von flüssigen Substanzen zeigt sich bey der Resorbtion des Wassers im Bade und äuſserlich eingeriebener, flüssiger Arzneymittel. Nach den Versuchen eines gewissen Miel wird selbst der Schmelz der Zähne von Flüssigkeiten durchdrungen, und es rührt hiervon das Gefühl von Stumpfheit der Zähne nach dem Genuſs von zusammenziehen- den Säuren her a). Aus dem Durchgange, den die Oberhaut der Nässe gestattet, ist es auch zu erklären, warum die Empfindung von Wärme oder Kälte nach der Berührung einer Flüssigkeit nicht gleich nach dem Abtrocknen der Haut, wie nach dem Aufhören der Berührung eines festen Körpers, sich verliert. Der Sinn für die Temperatur der Körper ist mit der allgemeinste unter den Modifikationen des Tastsinns. Alles Leben ist vorzüglich durch einen gewissen Grad von Wärme bedingt, und für jede der äuſsern Bedin- gungen des Lebens hat das Thier einen Sinn empfangen, der dasselbe in den Stand setzt, diese aufzusuchen und sich anzueignen. Einer gewissen Temperatur bedürfen auch alle Theile des Thiers ohne Ausnahme. Daher ist jener Sinn nicht nur allgemein im Thierreiche, son- dern a) Magendie Précis élément. de Physiologie. T. I. p. 151.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/238
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/238>, abgerufen am 24.11.2024.