in ihnen spiegelt sich das Ewige und Unend- liche.
Jene Bilder der produktiven Einbildungs- kraft sind in gewisser Rücksicht für das Thier, was für den Dichter und Künstler dessen Ideale. Sie fliessen jenem nicht aus der Sinnenwelt zu, sondern gehen der Erfahrung vorher und bilden eine eigene Welt, in deren Anschauung die See- lenkräfte schon einen gewissen Grad von Uebung erlangt haben, bevor noch das Thier mit der äussern Natur genau bekannt geworden ist. Da- her die grosse Sicherheit in allen Handlungen, die sich auf den Kunsttrieb beziehen, und die frühe Aeusserung dieser Sicherheit in einer Le- bensperiode, wo bey dem Menschen alle geistige Kräfte noch sehr wenig entwickelt sind.
Bey diesen Bildern, diesen Lebensidealen, ist mit dem Erwachen des Instinkts zugleich der Gegenstand desselben im Geiste vorhanden. An- dere Triebe, z. B. der Geschlechtstrieb, sind auf ein noch unbekanntes Etwas gerichtet, das aber als entsprechend demselben gleich erkannt wird, sobald es in der Wirklichkeit vorkommt, und dessen Gegenwart in manchen Fällen nicht blos einen einzigen, sondern jeden der äussern Sinne auf eine dem Triebe angemessene Weise auf- regt. Einen Beweis für diese Art der Aufregung
geben
in ihnen spiegelt sich das Ewige und Unend- liche.
Jene Bilder der produktiven Einbildungs- kraft sind in gewisser Rücksicht für das Thier, was für den Dichter und Künstler dessen Ideale. Sie flieſsen jenem nicht aus der Sinnenwelt zu, sondern gehen der Erfahrung vorher und bilden eine eigene Welt, in deren Anschauung die See- lenkräfte schon einen gewissen Grad von Uebung erlangt haben, bevor noch das Thier mit der äuſsern Natur genau bekannt geworden ist. Da- her die groſse Sicherheit in allen Handlungen, die sich auf den Kunsttrieb beziehen, und die frühe Aeuſserung dieser Sicherheit in einer Le- bensperiode, wo bey dem Menschen alle geistige Kräfte noch sehr wenig entwickelt sind.
Bey diesen Bildern, diesen Lebensidealen, ist mit dem Erwachen des Instinkts zugleich der Gegenstand desselben im Geiste vorhanden. An- dere Triebe, z. B. der Geschlechtstrieb, sind auf ein noch unbekanntes Etwas gerichtet, das aber als entsprechend demselben gleich erkannt wird, sobald es in der Wirklichkeit vorkommt, und dessen Gegenwart in manchen Fällen nicht blos einen einzigen, sondern jeden der äuſsern Sinne auf eine dem Triebe angemessene Weise auf- regt. Einen Beweis für diese Art der Aufregung
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in ihnen spiegelt sich das Ewige und Unend-
liche.
Jene Bilder der produktiven Einbildungs-
kraft sind in gewisser Rücksicht für das Thier,
was für den Dichter und Künstler dessen Ideale.
Sie flieſsen jenem nicht aus der Sinnenwelt zu,
sondern gehen der Erfahrung vorher und bilden
eine eigene Welt, in deren Anschauung die See-
lenkräfte schon einen gewissen Grad von Uebung
erlangt haben, bevor noch das Thier mit der
äuſsern Natur genau bekannt geworden ist. Da-
her die groſse Sicherheit in allen Handlungen,
die sich auf den Kunsttrieb beziehen, und die
frühe Aeuſserung dieser Sicherheit in einer Le-
bensperiode, wo bey dem Menschen alle geistige
Kräfte noch sehr wenig entwickelt sind.
Bey diesen Bildern, diesen Lebensidealen,
ist mit dem Erwachen des Instinkts zugleich der
Gegenstand desselben im Geiste vorhanden. An-
dere Triebe, z. B. der Geschlechtstrieb, sind auf
ein noch unbekanntes Etwas gerichtet, das aber
als entsprechend demselben gleich erkannt wird,
sobald es in der Wirklichkeit vorkommt, und
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/27>, abgerufen am 03.12.2024.
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