Ein Thier, das jeden Körper durch den Geruch wahrzunehmen und von andern zu unterschei- den vermöchte, würde schon durch diesen Sinn allein im Handeln geleitet werden.
Von einer solchen Schärfe ist wahrschein- lich der Geruchssinn bey keinem Wesen. Wir finden nie, dass, bey grosser Empfänglichkeit dieses Sinns für mannichfaltige Gerüche, zu- gleich die riechbaren Ausflüsse der Körper, aus weiten Entfernungen kommend, oder schwach wirkend, auf ihn Eindruck machen. Indess giebt die Thatsache, dass viele Dinge, die auf unsere Riechnerven keinen Einfluss haben, für manche Thiere riechbar sind, einen Schlüssel zur Erklärung mehrerer, sonst schwer zu er- klärender Erscheinungen, z. B. des geselligen Lebens einiger Arten und der Ungeselligkeit anderer; der engen Grenzen des Aufenthalts verschiedener Gattungen, worin sie weder durch Hindernisse, die ihnen Berge, Flüsse, Meere u. d. gl. entgegensetzen, noch dadurch, dass innerhalb derselben eine eigene Temperatur der Luft herrscht, oder besondere Nahrungsmittel vorhanden sind, gehalten werden; des plötz- lichen Auswanderns mancher Thiere, die sonst nicht zu den wandernden gehören, und des Stillstandes derselben auf ihren Zügen. Die Geselligkeit und Ungeselligkeit der Individuen
sowohl
R 2
Ein Thier, das jeden Körper durch den Geruch wahrzunehmen und von andern zu unterschei- den vermöchte, würde schon durch diesen Sinn allein im Handeln geleitet werden.
Von einer solchen Schärfe ist wahrschein- lich der Geruchssinn bey keinem Wesen. Wir finden nie, daſs, bey groſser Empfänglichkeit dieses Sinns für mannichfaltige Gerüche, zu- gleich die riechbaren Ausflüsse der Körper, aus weiten Entfernungen kommend, oder schwach wirkend, auf ihn Eindruck machen. Indeſs giebt die Thatsache, daſs viele Dinge, die auf unsere Riechnerven keinen Einfluſs haben, für manche Thiere riechbar sind, einen Schlüssel zur Erklärung mehrerer, sonst schwer zu er- klärender Erscheinungen, z. B. des geselligen Lebens einiger Arten und der Ungeselligkeit anderer; der engen Grenzen des Aufenthalts verschiedener Gattungen, worin sie weder durch Hindernisse, die ihnen Berge, Flüsse, Meere u. d. gl. entgegensetzen, noch dadurch, daſs innerhalb derselben eine eigene Temperatur der Luft herrscht, oder besondere Nahrungsmittel vorhanden sind, gehalten werden; des plötz- lichen Auswanderns mancher Thiere, die sonst nicht zu den wandernden gehören, und des Stillstandes derselben auf ihren Zügen. Die Geselligkeit und Ungeselligkeit der Individuen
sowohl
R 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0271"n="253"/>
Ein Thier, das jeden Körper durch den Geruch<lb/>
wahrzunehmen und von andern zu unterschei-<lb/>
den vermöchte, würde schon durch diesen Sinn<lb/>
allein im Handeln geleitet werden.</p><lb/><p>Von einer solchen Schärfe ist wahrschein-<lb/>
lich der Geruchssinn bey keinem Wesen. Wir<lb/>
finden nie, daſs, bey groſser Empfänglichkeit<lb/>
dieses Sinns für mannichfaltige Gerüche, zu-<lb/>
gleich die riechbaren Ausflüsse der Körper, aus<lb/>
weiten Entfernungen kommend, oder schwach<lb/>
wirkend, auf ihn Eindruck machen. Indeſs<lb/>
giebt die Thatsache, daſs viele Dinge, die auf<lb/>
unsere Riechnerven keinen Einfluſs haben, für<lb/>
manche Thiere riechbar sind, einen Schlüssel<lb/>
zur Erklärung mehrerer, sonst schwer zu er-<lb/>
klärender Erscheinungen, z. B. des geselligen<lb/>
Lebens einiger Arten und der Ungeselligkeit<lb/>
anderer; der engen Grenzen des Aufenthalts<lb/>
verschiedener Gattungen, worin sie weder durch<lb/>
Hindernisse, die ihnen Berge, Flüsse, Meere<lb/>
u. d. gl. entgegensetzen, noch dadurch, daſs<lb/>
innerhalb derselben eine eigene Temperatur der<lb/>
Luft herrscht, oder besondere Nahrungsmittel<lb/>
vorhanden sind, gehalten werden; des plötz-<lb/>
lichen Auswanderns mancher Thiere, die sonst<lb/>
nicht zu den wandernden gehören, und des<lb/>
Stillstandes derselben auf ihren Zügen. Die<lb/>
Geselligkeit und Ungeselligkeit der Individuen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">sowohl</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[253/0271]
Ein Thier, das jeden Körper durch den Geruch
wahrzunehmen und von andern zu unterschei-
den vermöchte, würde schon durch diesen Sinn
allein im Handeln geleitet werden.
Von einer solchen Schärfe ist wahrschein-
lich der Geruchssinn bey keinem Wesen. Wir
finden nie, daſs, bey groſser Empfänglichkeit
dieses Sinns für mannichfaltige Gerüche, zu-
gleich die riechbaren Ausflüsse der Körper, aus
weiten Entfernungen kommend, oder schwach
wirkend, auf ihn Eindruck machen. Indeſs
giebt die Thatsache, daſs viele Dinge, die auf
unsere Riechnerven keinen Einfluſs haben, für
manche Thiere riechbar sind, einen Schlüssel
zur Erklärung mehrerer, sonst schwer zu er-
klärender Erscheinungen, z. B. des geselligen
Lebens einiger Arten und der Ungeselligkeit
anderer; der engen Grenzen des Aufenthalts
verschiedener Gattungen, worin sie weder durch
Hindernisse, die ihnen Berge, Flüsse, Meere
u. d. gl. entgegensetzen, noch dadurch, daſs
innerhalb derselben eine eigene Temperatur der
Luft herrscht, oder besondere Nahrungsmittel
vorhanden sind, gehalten werden; des plötz-
lichen Auswanderns mancher Thiere, die sonst
nicht zu den wandernden gehören, und des
Stillstandes derselben auf ihren Zügen. Die
Geselligkeit und Ungeselligkeit der Individuen
sowohl
R 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/271>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.