Bey vielen Thieren sieht man auch eine Uebereinstimmung der Stellung des äussern Ohrs mit ihrem Charakter und ihrer Lebens- weise. Der Hase und das Kaninchen, wehr- lose, flüchtige Geschöpfe, tragen die Oeffnungen ihrer äussern Ohren gewöhnlich nach hinten gerichtet; hingegen der Löwe, die Katze, die Fledermäuse und andere Raubthiere, die ver- folgend umherstreifen, halten sie meist nach vorne gekehrt h). Diese Richtung ist freylich wohl nicht bey allen Thieren Folge eines be- sondern Baus des Ohrs: denn die meisten kön- nen dasselbe auch nach jeder andern Richtung bewegen i). Aber es kömmt hier nicht darauf an, wie die Haltung dieses Theils seyn kann, sondern wie sie im gewöhnlichen Zustande ist. Bey einigen Thieren, z. B. bey Vespertilio Spasma, wo die Ohren mit ihrem innern Rand unter sich zusammenhängen, hat sie allerdings auch einen anatomischen Grund k).
Die Bestimmung des äussern Ohrs verräth sich ferner bey einer Vergleichung mehrerer Hausthiere mit deren ungezähmten Verwandten in Hinsicht auf diesen Theil l). Diejenigen,
deren
h)Haller Elem. Physiol. T. V. L. XV. S. 1. §. 2. p. 187.
i)Cuvier Lec. d' Anat. comp. T. II. p. 516.
k) Wie Cuvier (A. a. O. p. 517.) selber zugiebt.
l)Haller a. a. O.
Bey vielen Thieren sieht man auch eine Uebereinstimmung der Stellung des äuſsern Ohrs mit ihrem Charakter und ihrer Lebens- weise. Der Hase und das Kaninchen, wehr- lose, flüchtige Geschöpfe, tragen die Oeffnungen ihrer äuſsern Ohren gewöhnlich nach hinten gerichtet; hingegen der Löwe, die Katze, die Fledermäuse und andere Raubthiere, die ver- folgend umherstreifen, halten sie meist nach vorne gekehrt h). Diese Richtung ist freylich wohl nicht bey allen Thieren Folge eines be- sondern Baus des Ohrs: denn die meisten kön- nen dasselbe auch nach jeder andern Richtung bewegen i). Aber es kömmt hier nicht darauf an, wie die Haltung dieses Theils seyn kann, sondern wie sie im gewöhnlichen Zustande ist. Bey einigen Thieren, z. B. bey Vespertilio Spasma, wo die Ohren mit ihrem innern Rand unter sich zusammenhängen, hat sie allerdings auch einen anatomischen Grund k).
Die Bestimmung des äuſsern Ohrs verräth sich ferner bey einer Vergleichung mehrerer Hausthiere mit deren ungezähmten Verwandten in Hinsicht auf diesen Theil l). Diejenigen,
deren
h)Haller Elem. Physiol. T. V. L. XV. S. 1. §. 2. p. 187.
i)Cuvier Leç. d’ Anat. comp. T. II. p. 516.
k) Wie Cuvier (A. a. O. p. 517.) selber zugiebt.
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Bey vielen Thieren sieht man auch eine
Uebereinstimmung der Stellung des äuſsern
Ohrs mit ihrem Charakter und ihrer Lebens-
weise. Der Hase und das Kaninchen, wehr-
lose, flüchtige Geschöpfe, tragen die Oeffnungen
ihrer äuſsern Ohren gewöhnlich nach hinten
gerichtet; hingegen der Löwe, die Katze, die
Fledermäuse und andere Raubthiere, die ver-
folgend umherstreifen, halten sie meist nach
vorne gekehrt h). Diese Richtung ist freylich
wohl nicht bey allen Thieren Folge eines be-
sondern Baus des Ohrs: denn die meisten kön-
nen dasselbe auch nach jeder andern Richtung
bewegen i). Aber es kömmt hier nicht darauf
an, wie die Haltung dieses Theils seyn kann,
sondern wie sie im gewöhnlichen Zustande ist.
Bey einigen Thieren, z. B. bey Vespertilio
Spasma, wo die Ohren mit ihrem innern Rand
unter sich zusammenhängen, hat sie allerdings
auch einen anatomischen Grund k).
Die Bestimmung des äuſsern Ohrs verräth
sich ferner bey einer Vergleichung mehrerer
Hausthiere mit deren ungezähmten Verwandten
in Hinsicht auf diesen Theil l). Diejenigen,
deren
h) Haller Elem. Physiol. T. V. L. XV. S. 1. §. 2. p. 187.
i) Cuvier Leç. d’ Anat. comp. T. II. p. 516.
k) Wie Cuvier (A. a. O. p. 517.) selber zugiebt.
l) Haller a. a. O.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/382>, abgerufen am 21.11.2024.
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