nung, so lässt sich fragen: Wozu es denn noch der Spannung einer zweyten Haut, des Trom- melfells, bedarf, und wozu denn überhaupt das Trommelfell vorhanden ist?
Die Lösung dieses Problems hängt mit einer andern Frage zusammen, die ich bey keinem Schriftsteller ausser Cotunniz) beachtet finde. Die Luft der Trommelhöhle und das Wasser des Labyrinths können nicht dem Gesetze ent- zogen seyn, unter welchem alle übrige feste und flüssige Körper bey ihren Vibrationen ste- hen, dass die Schwingungen nach aufhörender Einwirkung der ersten Ursache, wodurch sie erregt wurden, noch eine Zeitlang fortdauern, wenn sie nicht durch eine gegenwirkende Ur- sache gehemmt werden. Demohngeachtet findet im gesunden Zustande kein Nachklingen statt. Welche Kraft wirkt im Ohre diesem entgegen? Cotunni glaubte, die Weichheit der Hörner- ven und die Flüssigkeit, wovon sie umgeben sind, verhindere dasselbe. Aber eben diese Flüssigkeit pflanzt ja die Schallschwingungen zu den Hörnerven fort und die Erzitterungen des Labyrinthwassers sind doch gewiss ohne eine Gegenwirkung eben so wenig momentan, als die jedes andern Wassers. Ich sehe nicht, worin eine solche Wirkung anders zu suchen
ist,
z) De aquaeduet, auris human. p. 168.
nung, so läſst sich fragen: Wozu es denn noch der Spannung einer zweyten Haut, des Trom- melfells, bedarf, und wozu denn überhaupt das Trommelfell vorhanden ist?
Die Lösung dieses Problems hängt mit einer andern Frage zusammen, die ich bey keinem Schriftsteller auſser Cotunniz) beachtet finde. Die Luft der Trommelhöhle und das Wasser des Labyrinths können nicht dem Gesetze ent- zogen seyn, unter welchem alle übrige feste und flüssige Körper bey ihren Vibrationen ste- hen, daſs die Schwingungen nach aufhörender Einwirkung der ersten Ursache, wodurch sie erregt wurden, noch eine Zeitlang fortdauern, wenn sie nicht durch eine gegenwirkende Ur- sache gehemmt werden. Demohngeachtet findet im gesunden Zustande kein Nachklingen statt. Welche Kraft wirkt im Ohre diesem entgegen? Cotunni glaubte, die Weichheit der Hörner- ven und die Flüssigkeit, wovon sie umgeben sind, verhindere dasselbe. Aber eben diese Flüssigkeit pflanzt ja die Schallschwingungen zu den Hörnerven fort und die Erzitterungen des Labyrinthwassers sind doch gewiſs ohne eine Gegenwirkung eben so wenig momentan, als die jedes andern Wassers. Ich sehe nicht, worin eine solche Wirkung anders zu suchen
ist,
z) De aquaeduet, auris human. p. 168.
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nung, so läſst sich fragen: Wozu es denn noch
der Spannung einer zweyten Haut, des Trom-
melfells, bedarf, und wozu denn überhaupt das
Trommelfell vorhanden ist?
Die Lösung dieses Problems hängt mit einer
andern Frage zusammen, die ich bey keinem
Schriftsteller auſser Cotunni z) beachtet finde.
Die Luft der Trommelhöhle und das Wasser
des Labyrinths können nicht dem Gesetze ent-
zogen seyn, unter welchem alle übrige feste
und flüssige Körper bey ihren Vibrationen ste-
hen, daſs die Schwingungen nach aufhörender
Einwirkung der ersten Ursache, wodurch sie
erregt wurden, noch eine Zeitlang fortdauern,
wenn sie nicht durch eine gegenwirkende Ur-
sache gehemmt werden. Demohngeachtet findet
im gesunden Zustande kein Nachklingen statt.
Welche Kraft wirkt im Ohre diesem entgegen?
Cotunni glaubte, die Weichheit der Hörner-
ven und die Flüssigkeit, wovon sie umgeben
sind, verhindere dasselbe. Aber eben diese
Flüssigkeit pflanzt ja die Schallschwingungen zu
den Hörnerven fort und die Erzitterungen des
Labyrinthwassers sind doch gewiſs ohne eine
Gegenwirkung eben so wenig momentan, als
die jedes andern Wassers. Ich sehe nicht,
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z) De aquaeduet, auris human. p. 168.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/391>, abgerufen am 24.11.2024.
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