"mehr leicht unterscheiden kann, ob sie Weib- "chen sind. Bey einigen sah man sogar kleine "Spornen entstehen. Man hat auch Hähne beob- "achtet, die, nach dem Verlust der Mutter, für "die Jungen mütterliche Sorge trugen, sie her- "umführten und fütterten, und aufhörten so- "wohl zu krähen, als sich zu begatten." Auf dem nämlichen Gesetz beruht endlich auch die, durch J. Hunter's Versuche bestätigte Erfahrung, dass bey der Eselin die Absonderung der Milch nur in Gegenwart ihres Füllens fortdauert, nach der Wegnahme desselben aber aufhört i).
Die zweyte der obigen Fragen, welche die Zweckmässigkeit des unbewussten und das Regel- lose des bewussten, nicht durch Verstand und Vernunft gezügelten Wirkens der bildenden Kraft betrifft, lässt sich aus den im vorigen Buche k) enthaltenen Lehren über die dynamische Wech- selwirkung, worin alle lebende Organismen ge- gen einander stehen, beantworten. Wie jene Kraft als Erzeugerin der Ideen durch den Ver- stand und die Vernunft beschränkt und geleitet wird, so ist der dynamische Einfluss, den die übrige lebende Natur auf sie äussert, das Re- gelnde und Bestimmende für sie bey ihrem ma-
teriellen
i) Journal of science and the arts. Vol. I. p. 165.
k) Biologie. Bd. 5. S. 451 fg.
VI. Bd. C
„mehr leicht unterscheiden kann, ob sie Weib- „chen sind. Bey einigen sah man sogar kleine „Spornen entstehen. Man hat auch Hähne beob- „achtet, die, nach dem Verlust der Mutter, für „die Jungen mütterliche Sorge trugen, sie her- „umführten und fütterten, und aufhörten so- „wohl zu krähen, als sich zu begatten.” Auf dem nämlichen Gesetz beruht endlich auch die, durch J. Hunter’s Versuche bestätigte Erfahrung, daſs bey der Eselin die Absonderung der Milch nur in Gegenwart ihres Füllens fortdauert, nach der Wegnahme desselben aber aufhört i).
Die zweyte der obigen Fragen, welche die Zweckmäſsigkeit des unbewuſsten und das Regel- lose des bewuſsten, nicht durch Verstand und Vernunft gezügelten Wirkens der bildenden Kraft betrifft, läſst sich aus den im vorigen Buche k) enthaltenen Lehren über die dynamische Wech- selwirkung, worin alle lebende Organismen ge- gen einander stehen, beantworten. Wie jene Kraft als Erzeugerin der Ideen durch den Ver- stand und die Vernunft beschränkt und geleitet wird, so ist der dynamische Einfluſs, den die übrige lebende Natur auf sie äuſsert, das Re- gelnde und Bestimmende für sie bey ihrem ma-
teriellen
i) Journal of science and the arts. Vol. I. p. 165.
k) Biologie. Bd. 5. S. 451 fg.
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„mehr leicht unterscheiden kann, ob sie Weib-
„chen sind. Bey einigen sah man sogar kleine
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„achtet, die, nach dem Verlust der Mutter, für
„die Jungen mütterliche Sorge trugen, sie her-
„umführten und fütterten, und aufhörten so-
„wohl zu krähen, als sich zu begatten.” Auf
dem nämlichen Gesetz beruht endlich auch die,
durch J. Hunter’s Versuche bestätigte Erfahrung,
daſs bey der Eselin die Absonderung der Milch
nur in Gegenwart ihres Füllens fortdauert, nach
der Wegnahme desselben aber aufhört i).
Die zweyte der obigen Fragen, welche die
Zweckmäſsigkeit des unbewuſsten und das Regel-
lose des bewuſsten, nicht durch Verstand und
Vernunft gezügelten Wirkens der bildenden Kraft
betrifft, läſst sich aus den im vorigen Buche k)
enthaltenen Lehren über die dynamische Wech-
selwirkung, worin alle lebende Organismen ge-
gen einander stehen, beantworten. Wie jene
Kraft als Erzeugerin der Ideen durch den Ver-
stand und die Vernunft beschränkt und geleitet
wird, so ist der dynamische Einfluſs, den die
übrige lebende Natur auf sie äuſsert, das Re-
gelnde und Bestimmende für sie bey ihrem ma-
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i) Journal of science and the arts. Vol. I. p. 165.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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