nur bey denjenigen Strahlenbüscheln möglich seyn, die in der Nähe der Augenaxe auf die Hornhaut fallen; alle übrige würden sich schon vor der Retina vereinigen. Wir nehmen nun freylich auch von jedem Gegenstande nur den Theil, welcher zunächst der Augenaxe liegt, deutlich wahr. Allein die übrigen Theile wür- den uns noch weniger deutlich erscheinen, als wirklich der Fall ist, wenn nicht die concentri- schen Schichten, woraus die Linse besteht, nach dem Mittelpunkte dieses Körpers an Dich- tigkeit zunähmen. Hierdurch geschieht es, dass die der Augenaxe zunächst einfallenden, mitt- lern Strablenbüschel stärker, als durch eine Linse von gleichförmiger Dichtigkeit, gebrochen werden, und in ihrer Vereinigung früher, als sonst geschehen würde, die Netzhaut treffen, während die entferntern dem dichtern Mittel- punkt vorbeyfahren und verhältnissmässig weni- ger als die mittlern Strahlen von ihrem Wege abgelenkt werden a). So tritt eine Ausgleichung ein, die nur gering bey dem Menschen und den übrigen weitsehenden Thieren, welche mit ihm eine flache Hornhaut und eine flache Linse besitzen, weit grösser bey den kurzsichtigen Thieren, deren Hornhaut und Linse eine grö- ssere Convexität haben, ist und seyn muss. Bey
diesen
a)Porterfield Treatise on the Eye. Vol. I. p. 439.
nur bey denjenigen Strahlenbüscheln möglich seyn, die in der Nähe der Augenaxe auf die Hornhaut fallen; alle übrige würden sich schon vor der Retina vereinigen. Wir nehmen nun freylich auch von jedem Gegenstande nur den Theil, welcher zunächst der Augenaxe liegt, deutlich wahr. Allein die übrigen Theile wür- den uns noch weniger deutlich erscheinen, als wirklich der Fall ist, wenn nicht die concentri- schen Schichten, woraus die Linse besteht, nach dem Mittelpunkte dieses Körpers an Dich- tigkeit zunähmen. Hierdurch geschieht es, daſs die der Augenaxe zunächst einfallenden, mitt- lern Strablenbüschel stärker, als durch eine Linse von gleichförmiger Dichtigkeit, gebrochen werden, und in ihrer Vereinigung früher, als sonst geschehen würde, die Netzhaut treffen, während die entferntern dem dichtern Mittel- punkt vorbeyfahren und verhältniſsmäſsig weni- ger als die mittlern Strahlen von ihrem Wege abgelenkt werden a). So tritt eine Ausgleichung ein, die nur gering bey dem Menschen und den übrigen weitsehenden Thieren, welche mit ihm eine flache Hornhaut und eine flache Linse besitzen, weit gröſser bey den kurzsichtigen Thieren, deren Hornhaut und Linse eine grö- ſsere Convexität haben, ist und seyn muſs. Bey
diesen
a)Porterfield Treatise on the Eye. Vol. I. p. 439.
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nur bey denjenigen Strahlenbüscheln möglich
seyn, die in der Nähe der Augenaxe auf die
Hornhaut fallen; alle übrige würden sich schon
vor der Retina vereinigen. Wir nehmen nun
freylich auch von jedem Gegenstande nur den
Theil, welcher zunächst der Augenaxe liegt,
deutlich wahr. Allein die übrigen Theile wür-
den uns noch weniger deutlich erscheinen, als
wirklich der Fall ist, wenn nicht die concentri-
schen Schichten, woraus die Linse besteht,
nach dem Mittelpunkte dieses Körpers an Dich-
tigkeit zunähmen. Hierdurch geschieht es, daſs
die der Augenaxe zunächst einfallenden, mitt-
lern Strablenbüschel stärker, als durch eine
Linse von gleichförmiger Dichtigkeit, gebrochen
werden, und in ihrer Vereinigung früher, als
sonst geschehen würde, die Netzhaut treffen,
während die entferntern dem dichtern Mittel-
punkt vorbeyfahren und verhältniſsmäſsig weni-
ger als die mittlern Strahlen von ihrem Wege
abgelenkt werden a). So tritt eine Ausgleichung
ein, die nur gering bey dem Menschen und
den übrigen weitsehenden Thieren, welche mit
ihm eine flache Hornhaut und eine flache Linse
besitzen, weit gröſser bey den kurzsichtigen
Thieren, deren Hornhaut und Linse eine grö-
ſsere Convexität haben, ist und seyn muſs. Bey
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a) Porterfield Treatise on the Eye. Vol. I. p. 439.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/488>, abgerufen am 22.11.2024.
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