Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

dungskraft, aber Erzeugnisse, die nach allgemei-
nen, für alle Individuen gleichen Gesetzen ent-
stehen, dauern, sich verändern, verschwinden,
und von andern veranlasst, begleitet und ver-
drängt werden. An diese Gesetzmässigkeit ist
das Bewusstseyn einer Aussenwelt und einer Ob-
jektivität jener Erzeugnisse geknüpft. Die Aussen-
welt bedingt nur das Schaffen der produktiven
Kraft im Geistigen wie im Körperlichen; sie ist
so wenig Erzeugerin der Vorstellungen, als des
körperlichen Organismus.

3. Nicht alles Wissen von der sinnli-
chen Welt gelangt zum vorstellenden
Princip durch diejenigen äussern Sinne,
vermittelst welcher wir ein solches
Wissen im gewöhnlichen Zustande er-
langen. Es giebt Zustände des Men-
schen und der Thiere, wo Sinnesvor-
stellungen, die objektive Gültigkeit ha-
ben, von der produktiven Einbildungs-
kraft erzeugt werden, ohne durch die
ihnen sonst entsprechenden Sinnesein-
drücke erregt zu seyn
.

Neue Meinungen, Entdeckungen und Wahr-
heiten, die nicht mit den, Generationen hindurch
herrschend gewesenen Grundsätzen und Ansich-
ten übereinstimmten, hatten immer das Schick-

sal,

dungskraft, aber Erzeugnisse, die nach allgemei-
nen, für alle Individuen gleichen Gesetzen ent-
stehen, dauern, sich verändern, verschwinden,
und von andern veranlaſst, begleitet und ver-
drängt werden. An diese Gesetzmäſsigkeit ist
das Bewuſstseyn einer Auſsenwelt und einer Ob-
jektivität jener Erzeugnisse geknüpft. Die Auſsen-
welt bedingt nur das Schaffen der produktiven
Kraft im Geistigen wie im Körperlichen; sie ist
so wenig Erzeugerin der Vorstellungen, als des
körperlichen Organismus.

3. Nicht alles Wissen von der sinnli-
chen Welt gelangt zum vorstellenden
Princip durch diejenigen äuſsern Sinne,
vermittelst welcher wir ein solches
Wissen im gewöhnlichen Zustande er-
langen. Es giebt Zustände des Men-
schen und der Thiere, wo Sinnesvor-
stellungen, die objektive Gültigkeit ha-
ben, von der produktiven Einbildungs-
kraft erzeugt werden, ohne durch die
ihnen sonst entsprechenden Sinnesein-
drücke erregt zu seyn
.

Neue Meinungen, Entdeckungen und Wahr-
heiten, die nicht mit den, Generationen hindurch
herrschend gewesenen Grundsätzen und Ansich-
ten übereinstimmten, hatten immer das Schick-

sal,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0055" n="43"/>
dungskraft, aber Erzeugnisse, die nach allgemei-<lb/>
nen, für alle Individuen gleichen Gesetzen ent-<lb/>
stehen, dauern, sich verändern, verschwinden,<lb/>
und von andern veranla&#x017F;st, begleitet und ver-<lb/>
drängt werden. An diese Gesetzmä&#x017F;sigkeit ist<lb/>
das Bewu&#x017F;stseyn einer Au&#x017F;senwelt und einer Ob-<lb/>
jektivität jener Erzeugnisse geknüpft. Die Au&#x017F;sen-<lb/>
welt bedingt nur das Schaffen der produktiven<lb/>
Kraft im Geistigen wie im Körperlichen; sie ist<lb/>
so wenig Erzeugerin der Vorstellungen, als des<lb/>
körperlichen Organismus.</p><lb/>
            <p>3. <hi rendition="#g">Nicht alles Wissen von der sinnli-<lb/>
chen Welt gelangt zum vorstellenden<lb/>
Princip durch diejenigen äu&#x017F;sern Sinne,<lb/>
vermittelst welcher wir ein solches<lb/>
Wissen im gewöhnlichen Zustande er-<lb/>
langen. Es giebt Zustände des Men-<lb/>
schen und der Thiere, wo Sinnesvor-<lb/>
stellungen, die objektive Gültigkeit ha-<lb/>
ben, von der produktiven Einbildungs-<lb/>
kraft erzeugt werden, ohne durch die<lb/>
ihnen sonst entsprechenden Sinnesein-<lb/>
drücke erregt zu seyn</hi>.</p><lb/>
            <p>Neue Meinungen, Entdeckungen und Wahr-<lb/>
heiten, die nicht mit den, Generationen hindurch<lb/>
herrschend gewesenen Grundsätzen und Ansich-<lb/>
ten übereinstimmten, hatten immer das Schick-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">sal,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0055] dungskraft, aber Erzeugnisse, die nach allgemei- nen, für alle Individuen gleichen Gesetzen ent- stehen, dauern, sich verändern, verschwinden, und von andern veranlaſst, begleitet und ver- drängt werden. An diese Gesetzmäſsigkeit ist das Bewuſstseyn einer Auſsenwelt und einer Ob- jektivität jener Erzeugnisse geknüpft. Die Auſsen- welt bedingt nur das Schaffen der produktiven Kraft im Geistigen wie im Körperlichen; sie ist so wenig Erzeugerin der Vorstellungen, als des körperlichen Organismus. 3. Nicht alles Wissen von der sinnli- chen Welt gelangt zum vorstellenden Princip durch diejenigen äuſsern Sinne, vermittelst welcher wir ein solches Wissen im gewöhnlichen Zustande er- langen. Es giebt Zustände des Men- schen und der Thiere, wo Sinnesvor- stellungen, die objektive Gültigkeit ha- ben, von der produktiven Einbildungs- kraft erzeugt werden, ohne durch die ihnen sonst entsprechenden Sinnesein- drücke erregt zu seyn. Neue Meinungen, Entdeckungen und Wahr- heiten, die nicht mit den, Generationen hindurch herrschend gewesenen Grundsätzen und Ansich- ten übereinstimmten, hatten immer das Schick- sal,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/55
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/55>, abgerufen am 22.11.2024.