Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Bib willen an, daß wir einen curiösenBibel-Leser erinnern, es sey das Wort Pferd 360 mal darinne er- wehnet worden. Biber, Castor, Es giebt Land- und Wasser-Bi- Bib fügt, an den vordern aber offen:die Augen sind sehr klein, als Ra- tzen-Augen; vorn am Maule hat er oben 2 und unten 2 grosse schar- schneidende Zähne 1 Zoll lang und ein Viertel-Zoll breit, womit sie dicke Bäume zu ihrem Bau um- hauen, die Fische erhaschen und sich wider andere Thiere wehren. Es hat gedoppelt Haar, das eine lang, schwärtzlich, gläntzend, dicke, das ander zart, gelind und zu Win- ters-Zeit 15 Linien lang. Eines solchen Bibers Haut wieget 2 Pfund, das Fleisch ist im Som- mer und Herbste gut, muß aber wohl gebraten werden; der Schwantz ist das delicateste. Aus den kurtzen Haaren werden die Ca- stor-Hüte und Strümpfe verfer- tiget. Das Castoreum oder so- genannte Biber Geil brauchet der Biber zu Glättung seiner Zähne, wenn er in was hartziges gebissen, träget es von Natur in einem Säcklein, ist nicht die Hode oder Geile des Bibers, wie es die mei- sten Naturalisten irrig dafür hal- ten. Die weissen Biber machet die Seltenheit schätzbar, massen ihm die Haare weder so lang, noch so zart sind, als der ordinai- ren; sie sind eben so rar als die völlig schwartzen. Die röthlichen sind schlimm, und fallen die Jä- ger an[,] die schwartzen aber fliehen vor ihnen. Jhre Nahrung beste- het in Rinden von Weiden, Pap- peln, Erlen und dergleichen Was- ser-Gehöltze, welches sich gerne schälen lässet, ingleichen in Fischen. Das Weiblein gehet 16 Wochen dicke, und setzet im May auf ein- mahl 3 bis 4 Jungen, so sie nach Art anderer vierfüßigen Thiere ei- ne Zeitlang zu säugen pfleget. Sie kommen blind auf die Welt, und wenn
[Spaltenumbruch] Bib willen an, daß wir einen curioͤſenBibel-Leſer erinnern, es ſey das Wort Pferd 360 mal darinne er- wehnet worden. Biber, Caſtor, Es giebt Land- und Waſſer-Bi- Bib fuͤgt, an den vordern aber offen:die Augen ſind ſehr klein, als Ra- tzen-Augen; vorn am Maule hat er oben 2 und unten 2 groſſe ſchar- ſchneidende Zaͤhne 1 Zoll lang und ein Viertel-Zoll breit, womit ſie dicke Baͤume zu ihrem Bau um- hauen, die Fiſche erhaſchen und ſich wider andere Thiere wehren. Es hat gedoppelt Haar, das eine lang, ſchwaͤrtzlich, glaͤntzend, dicke, das ander zart, gelind und zu Win- ters-Zeit 15 Linien lang. Eines ſolchen Bibers Haut wieget 2 Pfund, das Fleiſch iſt im Som- mer und Herbſte gut, muß aber wohl gebraten werden; der Schwantz iſt das delicateſte. Aus den kurtzen Haaren werden die Ca- ſtor-Huͤte und Struͤmpfe verfer- tiget. Das Caſtoreum oder ſo- genannte Biber Geil brauchet der Biber zu Glaͤttung ſeiner Zaͤhne, wenn er in was hartziges gebiſſen, traͤget es von Natur in einem Saͤcklein, iſt nicht die Hode oder Geile des Bibers, wie es die mei- ſten Naturaliſten irrig dafuͤr hal- ten. Die weiſſen Biber machet die Seltenheit ſchaͤtzbar, maſſen ihm die Haare weder ſo lang, noch ſo zart ſind, als der ordinai- ren; ſie ſind eben ſo rar als die voͤllig ſchwartzen. Die roͤthlichen ſind ſchlimm, und fallen die Jaͤ- ger an[,] die ſchwartzen aber fliehen vor ihnen. Jhre Nahrung beſte- het in Rinden von Weiden, Pap- peln, Erlen und dergleichen Waſ- ſer-Gehoͤltze, welches ſich gerne ſchaͤlen laͤſſet, ingleichen in Fiſchen. Das Weiblein gehet 16 Wochen dicke, und ſetzet im May auf ein- mahl 3 bis 4 Jungen, ſo ſie nach Art anderer vierfuͤßigen Thiere ei- ne Zeitlang zu ſaͤugen pfleget. Sie kommen blind auf die Welt, und wenn
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Bib
Bib
willen an, daß wir einen curioͤſen
Bibel-Leſer erinnern, es ſey das
Wort Pferd 360 mal darinne er-
wehnet worden.
Biber, Caſtor,
Es giebt Land- und Waſſer-Bi-
ber. Die erſtern machen ihre Loͤ-
cher in die Erde, wie die Fuͤchſe,
und kommen nur ins Waſſer,
wenn ſie trincken wollen, ſind ſonſt
an Geſtalt den Waſſer-Bibern
gleich, auſſer daß ſie, wegen ihres
Ein- und Auskriechens in die Loͤ-
cher, am Bauche und auf dem
Ruͤcken halbabgeſtoſſenes Haar
haben; ſie ſind von den Waſſer-
Bibern ihrer Faulheit wegen aus-
gejagt worden, und werden auch
Faullentzer genennet. Man fin-
det ſie zwar in Deutſchland, aber
nur wenig, in Nord-America aber
ſind ſie in ſolcher Menge, daß auch
in einem Jahre derſelben auf 18000
gefangen werden. Ein groſſer
Biber iſt 26 Zoll lang von dem
Halſe bis an den Schwantz, um
den Leib 3 Schuh 8 Zoll dick, der
Kopf iſt 7 Zoll lang und 6 breit,
der Schwantz 14 Zoll lang und 6
breit, in der Mitten 1 Zoll und 2
Linien dicke, an Geſtalt laͤnglicht-
rund, mit harten Schupen bedeckt,
auf welchem er Erde, Koth und
andere Materialien zuſammen
ſchleppet, ſeine Huͤtten auf dem
Waſſer zu bauen; die Ohren ſind
kurtz, rund und tieff; die Schen-
ckel 5 Zoll, die Pfoten viertehalb
Zoll, von der Ferſe bis an die
Spitze der groſſen Zehe, die Fuͤſſe
6 Zoll 8 Linien lang; die Pfoten
ſtehen faſt wie Menſchen-Haͤnde,
er braucht ſie zum Eſſen wie ein
Affe; die 5 Klauen an den Hinter-
Fuͤſſen ſind mit einem Haͤutlein;
wie an den Enten, zuſammen ge-
fuͤgt, an den vordern aber offen:
die Augen ſind ſehr klein, als Ra-
tzen-Augen; vorn am Maule hat
er oben 2 und unten 2 groſſe ſchar-
ſchneidende Zaͤhne 1 Zoll lang und
ein Viertel-Zoll breit, womit ſie
dicke Baͤume zu ihrem Bau um-
hauen, die Fiſche erhaſchen und
ſich wider andere Thiere wehren.
Es hat gedoppelt Haar, das eine
lang, ſchwaͤrtzlich, glaͤntzend, dicke,
das ander zart, gelind und zu Win-
ters-Zeit 15 Linien lang. Eines
ſolchen Bibers Haut wieget 2
Pfund, das Fleiſch iſt im Som-
mer und Herbſte gut, muß aber
wohl gebraten werden; der
Schwantz iſt das delicateſte. Aus
den kurtzen Haaren werden die Ca-
ſtor-Huͤte und Struͤmpfe verfer-
tiget. Das Caſtoreum oder ſo-
genannte Biber Geil brauchet der
Biber zu Glaͤttung ſeiner Zaͤhne,
wenn er in was hartziges gebiſſen,
traͤget es von Natur in einem
Saͤcklein, iſt nicht die Hode oder
Geile des Bibers, wie es die mei-
ſten Naturaliſten irrig dafuͤr hal-
ten. Die weiſſen Biber machet
die Seltenheit ſchaͤtzbar, maſſen
ihm die Haare weder ſo lang,
noch ſo zart ſind, als der ordinai-
ren; ſie ſind eben ſo rar als die
voͤllig ſchwartzen. Die roͤthlichen
ſind ſchlimm, und fallen die Jaͤ-
ger an, die ſchwartzen aber fliehen
vor ihnen. Jhre Nahrung beſte-
het in Rinden von Weiden, Pap-
peln, Erlen und dergleichen Waſ-
ſer-Gehoͤltze, welches ſich gerne
ſchaͤlen laͤſſet, ingleichen in Fiſchen.
Das Weiblein gehet 16 Wochen
dicke, und ſetzet im May auf ein-
mahl 3 bis 4 Jungen, ſo ſie nach
Art anderer vierfuͤßigen Thiere ei-
ne Zeitlang zu ſaͤugen pfleget. Sie
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