Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Schi niedriget, und der Helm auf denlincken Winckel gesetzt; heut zu Tage aber macht man sie meistens aufrecht. Obgleich die in dem Schilde befindliche Wappen-Fi- guren so viel und mancherley, daß sie fast nicht auszusprechen sind; so kan man sie doch in ge- wisse Classen bringen. Denn es giebt I) Herolds-Figuren, welche wegen ihres schlechten und unge- künstelten Ansehens ihren Ur- sprung von den alten Herolden zu haben scheinen. Die Frantzosen nennen sie Pieces honorables, wir Ehren-Stücke. Sie heissen auch eigenthümliche Wappen-Figuren, weil sie der Wappen-Kunst, so zu reden, gantz eigen sind, und sonst nirgends in solchem Ver- stande gebraucht werden. Unter solche Herolds-Figuren rechnen einige: die Schildes-Theilungen, des Schildes Haupt und Fuß, die Balcken, die Pfäle, die Spar- ren, die Creutze, die Einfassung, den Winckel, die Schildlein, die Rauten und Schach, die Wecken oder Spindeln, die Gitter und Netze, die Spitzen, die Ringe oder Reiffe, die Kugeln, die Zet- tel und einige ausserordentliche Figuren. II) Gemeine Figuren, welche von Dingen hergenommen, so (a) entweder die Natur her- vorgebracht hat, und diese haben entweder 1) ein Leben, als a) Fi- guren vernünftiger Dinge, als von Menschen, Engeln etc. b) un- vernünftiger Dinge, und zwar von fliegenden, vierfüßigen, schwimmenden oder kriechenden Creaturen; c) Figuren von Ge- wächsen, als Bäume, Früchte, Blumen etc. 2) oder haben kein Leben, und zwar von Dingen, so oben am Himmel und in der Luft, [Spaltenumbruch] Schi als Sonne, Mond, Sterne, Re-genbogen, Wolcken etc. oder unten auf Erden sind, als die Erdkugel selbst, Berge, Flüsse, Land- schaften etc. (b) oder die Kunst hervorgebracht, wohin Häuser, Kleider samt allem Zugehör, Haus- geräth mancherley Arten, Krie- gesgeräthe vielerley Gattungen und allerhand Characteres und Zeichen etc. gehören. Schild, Jst ein Stücke Leinwand, dar- Schild-Knaben, Scutarii, Esquire, Sind in Engelland die näch- einem T t t 3
[Spaltenumbruch] Schi niedriget, und der Helm auf denlincken Winckel geſetzt; heut zu Tage aber macht man ſie meiſtens aufrecht. Obgleich die in dem Schilde befindliche Wappen-Fi- guren ſo viel und mancherley, daß ſie faſt nicht auszuſprechen ſind; ſo kan man ſie doch in ge- wiſſe Claſſen bringen. Denn es giebt I) Herolds-Figuren, welche wegen ihres ſchlechten und unge- kuͤnſtelten Anſehens ihren Ur- ſprung von den alten Herolden zu haben ſcheinen. Die Frantzoſen nennen ſie Pieces honorables, wir Ehren-Stuͤcke. Sie heiſſen auch eigenthuͤmliche Wappen-Figuren, weil ſie der Wappen-Kunſt, ſo zu reden, gantz eigen ſind, und ſonſt nirgends in ſolchem Ver- ſtande gebraucht werden. Unter ſolche Herolds-Figuren rechnen einige: die Schildes-Theilungen, des Schildes Haupt und Fuß, die Balcken, die Pfaͤle, die Spar- ren, die Creutze, die Einfaſſung, den Winckel, die Schildlein, die Rauten und Schach, die Wecken oder Spindeln, die Gitter und Netze, die Spitzen, die Ringe oder Reiffe, die Kugeln, die Zet- tel und einige auſſerordentliche Figuren. II) Gemeine Figuren, welche von Dingen hergenommen, ſo (α) entweder die Natur her- vorgebracht hat, und dieſe haben entweder 1) ein Leben, als a) Fi- guren vernuͤnftiger Dinge, als von Menſchen, Engeln ꝛc. b) un- vernuͤnftiger Dinge, und zwar von fliegenden, vierfuͤßigen, ſchwimmenden oder kriechenden Creaturen; c) Figuren von Ge- waͤchſen, als Baͤume, Fruͤchte, Blumen ꝛc. 2) oder haben kein Leben, und zwar von Dingen, ſo oben am Himmel und in der Luft, [Spaltenumbruch] Schi als Sonne, Mond, Sterne, Re-genbogen, Wolcken ꝛc. oder unten auf Erden ſind, als die Erdkugel ſelbſt, Berge, Fluͤſſe, Land- ſchaften ꝛc. (β) oder die Kunſt hervorgebracht, wohin Haͤuſer, Kleider ſamt allem Zugehoͤr, Haus- geraͤth mancherley Arten, Krie- gesgeraͤthe vielerley Gattungen und allerhand Characteres und Zeichen ꝛc. gehoͤren. Schild, Jſt ein Stuͤcke Leinwand, dar- Schild-Knaben, Scutarii, Eſquire, Sind in Engelland die naͤch- einem T t t 3
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Schi
Schi
niedriget, und der Helm auf den
lincken Winckel geſetzt; heut zu
Tage aber macht man ſie meiſtens
aufrecht. Obgleich die in dem
Schilde befindliche Wappen-Fi-
guren ſo viel und mancherley,
daß ſie faſt nicht auszuſprechen
ſind; ſo kan man ſie doch in ge-
wiſſe Claſſen bringen. Denn es
giebt I) Herolds-Figuren, welche
wegen ihres ſchlechten und unge-
kuͤnſtelten Anſehens ihren Ur-
ſprung von den alten Herolden zu
haben ſcheinen. Die Frantzoſen
nennen ſie Pieces honorables, wir
Ehren-Stuͤcke. Sie heiſſen auch
eigenthuͤmliche Wappen-Figuren,
weil ſie der Wappen-Kunſt, ſo
zu reden, gantz eigen ſind, und
ſonſt nirgends in ſolchem Ver-
ſtande gebraucht werden. Unter
ſolche Herolds-Figuren rechnen
einige: die Schildes-Theilungen,
des Schildes Haupt und Fuß,
die Balcken, die Pfaͤle, die Spar-
ren, die Creutze, die Einfaſſung,
den Winckel, die Schildlein, die
Rauten und Schach, die Wecken
oder Spindeln, die Gitter und
Netze, die Spitzen, die Ringe
oder Reiffe, die Kugeln, die Zet-
tel und einige auſſerordentliche
Figuren. II) Gemeine Figuren,
welche von Dingen hergenommen,
ſo (α) entweder die Natur her-
vorgebracht hat, und dieſe haben
entweder 1) ein Leben, als a) Fi-
guren vernuͤnftiger Dinge, als
von Menſchen, Engeln ꝛc. b) un-
vernuͤnftiger Dinge, und zwar
von fliegenden, vierfuͤßigen,
ſchwimmenden oder kriechenden
Creaturen; c) Figuren von Ge-
waͤchſen, als Baͤume, Fruͤchte,
Blumen ꝛc. 2) oder haben kein
Leben, und zwar von Dingen, ſo
oben am Himmel und in der Luft,
als Sonne, Mond, Sterne, Re-
genbogen, Wolcken ꝛc. oder unten
auf Erden ſind, als die Erdkugel
ſelbſt, Berge, Fluͤſſe, Land-
ſchaften ꝛc. (β) oder die Kunſt
hervorgebracht, wohin Haͤuſer,
Kleider ſamt allem Zugehoͤr, Haus-
geraͤth mancherley Arten, Krie-
gesgeraͤthe vielerley Gattungen
und allerhand Characteres und
Zeichen ꝛc. gehoͤren.
Schild,
Jſt ein Stuͤcke Leinwand, dar-
auf eine Kuh, Pferd oder Hirſch
mit lebendigen Farben gemahlet
iſt. Dieſes brauchen die Jaͤger
und Huͤner-Faͤnger, die Reb-Huͤ-
ner damit nach dem gelegten Zeug
zu zu treiben. Der Schild wird
mit hoͤltzernen Staͤben aus einan-
der geſpannt, und hat oben ein
Loch, daß der Huͤner-Faͤnger, wel-
cher ſolchen in Haͤnden, und vor
ſich her haͤlt, durchſehen kan. Jn
ſtarckem Winde iſt die Kuh beſſer
zu gebrauchen, weil man ſich an
dem Schilde gar zu muͤde halten
muß.
Schild-Knaben, Scutarii,
Eſquire,
Sind in Engelland die naͤch-
ſten nach den Rittern unter dem
kleinen Adel, und fuͤhren den
Nahmen daher, weil ſie vor die-
ſem in Kriege den Schild vor den
Fuͤrſten hergetragen haben. Heu-
tiges Tages werden die Soͤhne
der Edelleute, welche nicht den
Titel Lord fuͤhren, wie auch der
Ritter aͤlteſte Soͤhne mit dieſem
Nahmen beleget. Es giebt auch
noch eine andere Art Schild-Kna-
ben, welche zu des Koͤnigs Leib-
Guarde gehoͤren, und von dem-
ſelben mit einem Halsbande und
einem
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