Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch]
Cad Cacapensiero, Nennen die Toscaner ein Cacher les fautes du cheval, Heißt des Pferdes Fehler ver- Cadence, Jst ein auf den Tantz-Böden Cadence bey den Ballets, Jst ein unumgänglich nöthiges Cad Stimmen in der Melodie, einge-richtet, und in mensura, tempo und pondere regelmäßig verrich- tet werden, weil dieses gleichsam das Leben und die Seele eines Ballets ist, und ohne selbiges al- les todt und unvernünftig durch einander gehet. Mensura aber ist hier die Distantz von einem Fusse, Hand oder andern Gliede zu den andern Gliedern durch alle Bewegungen proportionirlich durch; nächst dem heist es auch die Distantz von einer Person zur an- dern durch alle Tantz-Glieder durch; und diese Distantzen sind nach den Regeln der Geometrie überhaupt wohl in acht genom- men, wenn keine Ungestalt gemacht ist, und man ohne Mühe von ei- nem Fusse oder Orte zum andern kommen kan. Pondus dagegen ist das Gewichte oder die Schwe- re der Glieder, welche dergestalt im Gleichgewichte müssen gestellet und geführet werden, damit sie in den Actionibus nicht hinderlich fallen, und endlich die gu- te Stellungen dadurch verhindert werden. Endlich ist Tempo über- haupt eine Masse der Währe oder Dauerung der Zeit, darinnen eine von vielen kleinen Bewegungen zusammrn gesetzte Handlung ver- richtet wird; Tempus praesens aber ist Momentum, da alle Augenbli- cke das Praeteritum dahin ist, und das Futurum noch kommen soll, und begreiffet die Zeit einer ieden allerkleinesten Bewegung in sich. Cadence bey dem Haupt- Pas der Courante, Diese zu begreiffen, ist zu wis- zwar
[Spaltenumbruch]
Cad Cacapenſiero, Nennen die Toſcaner ein Cacher les fautes du cheval, Heißt des Pferdes Fehler ver- Cadence, Jſt ein auf den Tantz-Boͤden Cadence bey den Ballets, Jſt ein unumgaͤnglich noͤthiges Cad Stimmen in der Melodie, einge-richtet, und in menſura, tempo und pondere regelmaͤßig verrich- tet werden, weil dieſes gleichſam das Leben und die Seele eines Ballets iſt, und ohne ſelbiges al- les todt und unvernuͤnftig durch einander gehet. Menſura aber iſt hier die Diſtantz von einem Fuſſe, Hand oder andern Gliede zu den andern Gliedern durch alle Bewegungen proportionirlich durch; naͤchſt dem heiſt es auch die Diſtantz von einer Perſon zur an- dern durch alle Tantz-Glieder durch; und dieſe Diſtantzen ſind nach den Regeln der Geometrie uͤberhaupt wohl in acht genom- men, wenn keine Ungeſtalt gemacht iſt, und man ohne Muͤhe von ei- nem Fuſſe oder Orte zum andern kommen kan. Pondus dagegen iſt das Gewichte oder die Schwe- re der Glieder, welche dergeſtalt im Gleichgewichte muͤſſen geſtellet und gefuͤhret werden, damit ſie in den Actiónibus nicht hinderlich fallen, und endlich die gu- te Stellungen dadurch verhindert werden. Endlich iſt Tempo uͤber- haupt eine Maſſe der Waͤhre oder Dauerung der Zeit, darinnen eine von vielen kleinen Bewegungen zuſammrn geſetzte Handlung ver- richtet wird; Tempus præſens aber iſt Momentum, da alle Augenbli- cke das Præteritum dahin iſt, und das Futurum noch kommen ſoll, und begreiffet die Zeit einer ieden allerkleineſten Bewegung in ſich. Cadence bey dem Haupt- Pas der Courante, Dieſe zu begreiffen, iſt zu wiſ- zwar
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0142"/> <cb n="243"/> </div> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Cad</hi> </hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cacapenſiero,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Nennen die Toſcaner ein<lb/> Brumm-Eiſen oder eine Maul-<lb/> Trummel.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cacher les fautes du cheval,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Heißt des Pferdes Fehler ver-<lb/> bergen. Ein Reuter ſoll ſeine mit<lb/> des Pferdes Maͤngeln, Unwillen<lb/> und Zorn, vor den Zuſehern, wel-<lb/> che Kenner und Beurtheiler der<lb/> Reit-Kunſt ſind, verbergen, auch<lb/> nicht durch verdiente Straffe ie-<lb/> derzeit ſelbſt entdecken, ſondern ſol-<lb/> che lieber auf eine andere Zeit ver-<lb/> ſchieben, doch nur zu Zeiten erſchei-<lb/> nen laſſen, daß er zeigen koͤnne,<lb/> was auf iedes Verbrechen fuͤr eine<lb/><hi rendition="#aq">Correction</hi> ſich ſchicke.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cadence,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Jſt ein auf den Tantz-Boͤden<lb/> ſehr bekandtes Wort, da nemlich<lb/> der Tantzende den Tact der Muſic<lb/> genau in Acht nehmen, ein gutes<lb/> Gehoͤr haben, und ſeine <hi rendition="#aq">Pas</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Coupées</hi> darnach einrichten muß,<lb/> daß ſolche mit dem Striche der<lb/> Violin genau uͤbereinkommen, und<lb/> kunſtmaͤßig angebracht werden,<lb/> ſintemal die Verlierung der Ca-<lb/> dantz eine der groͤſten Unzierden<lb/> im Tantzen iſt; daher die Cadantz<lb/> vor allen Dingen den Scholaren<lb/> wohl beyzubringen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cadence</hi> </hi> <hi rendition="#fr">bey den</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Ballets,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Jſt ein unumgaͤnglich noͤthiges<lb/> Stuͤck. Denn da muͤſſen alle<lb/> Tritte und Schritte, Minen und<lb/> Geberden, ſie moͤgen mit dem<lb/> Kopfe, Augen, Munde, Haͤn-<lb/> den, Fingern, oder mit dem gan-<lb/> tzen Leibe geſchehen, aufs allerge-<lb/> naueſte nach dem Tact und Pro-<lb/> portion der Cadentz, das iſt, nach<lb/> der ordentlichen Folgung der<lb/><cb n="244"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Cad</hi></hi></fw><lb/> Stimmen in der Melodie, einge-<lb/> richtet, und in <hi rendition="#aq">menſura, tempo</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">pondere</hi> regelmaͤßig verrich-<lb/> tet werden, weil dieſes gleichſam<lb/> das Leben und die Seele eines<lb/> Ballets iſt, und ohne ſelbiges al-<lb/> les todt und unvernuͤnftig durch<lb/> einander gehet. <hi rendition="#aq">Menſura</hi> aber<lb/> iſt hier die Diſtantz von einem<lb/> Fuſſe, Hand oder andern Gliede<lb/> zu den andern Gliedern durch alle<lb/> Bewegungen proportionirlich<lb/> durch; naͤchſt dem heiſt es auch die<lb/> Diſtantz von einer Perſon zur an-<lb/> dern durch alle Tantz-Glieder<lb/> durch; und dieſe Diſtantzen ſind<lb/> nach den Regeln der Geometrie<lb/> uͤberhaupt wohl in acht genom-<lb/> men, wenn keine Ungeſtalt gemacht<lb/> iſt, und man ohne Muͤhe von ei-<lb/> nem Fuſſe oder Orte zum andern<lb/> kommen kan. <hi rendition="#aq">Pondus</hi> dagegen<lb/> iſt das Gewichte oder die Schwe-<lb/> re der Glieder, welche dergeſtalt<lb/> im Gleichgewichte muͤſſen geſtellet<lb/> und gefuͤhret werden, damit ſie in<lb/> den <hi rendition="#aq">Actiónibus</hi> nicht hinderlich<lb/> fallen, und endlich die gu-<lb/> te Stellungen dadurch verhindert<lb/> werden. Endlich iſt <hi rendition="#aq">Tempo</hi> uͤber-<lb/> haupt eine Maſſe der Waͤhre oder<lb/> Dauerung der Zeit, darinnen eine<lb/> von vielen kleinen Bewegungen<lb/> zuſammrn geſetzte Handlung ver-<lb/> richtet wird; <hi rendition="#aq">Tempus præſens</hi> aber<lb/> iſt <hi rendition="#aq">Momentum,</hi> da alle Augenbli-<lb/> cke das <hi rendition="#aq">Præteritum</hi> dahin iſt, und<lb/> das <hi rendition="#aq">Futurum</hi> noch kommen ſoll,<lb/> und begreiffet die Zeit einer ieden<lb/> allerkleineſten Bewegung in ſich.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cadence</hi> </hi> <hi rendition="#fr">bey dem Haupt-</hi><lb/> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Pas</hi> </hi> <hi rendition="#fr">der</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Courante,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Dieſe zu begreiffen, iſt zu wiſ-<lb/> ſen, daß alle Melodien bey der<lb/> Courante aus einem ungleichen<lb/> oder Tripel-Tacte beſtehen, und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zwar</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
Cad
Cad
Cacapenſiero,
Nennen die Toſcaner ein
Brumm-Eiſen oder eine Maul-
Trummel.
Cacher les fautes du cheval,
Heißt des Pferdes Fehler ver-
bergen. Ein Reuter ſoll ſeine mit
des Pferdes Maͤngeln, Unwillen
und Zorn, vor den Zuſehern, wel-
che Kenner und Beurtheiler der
Reit-Kunſt ſind, verbergen, auch
nicht durch verdiente Straffe ie-
derzeit ſelbſt entdecken, ſondern ſol-
che lieber auf eine andere Zeit ver-
ſchieben, doch nur zu Zeiten erſchei-
nen laſſen, daß er zeigen koͤnne,
was auf iedes Verbrechen fuͤr eine
Correction ſich ſchicke.
Cadence,
Jſt ein auf den Tantz-Boͤden
ſehr bekandtes Wort, da nemlich
der Tantzende den Tact der Muſic
genau in Acht nehmen, ein gutes
Gehoͤr haben, und ſeine Pas und
Coupées darnach einrichten muß,
daß ſolche mit dem Striche der
Violin genau uͤbereinkommen, und
kunſtmaͤßig angebracht werden,
ſintemal die Verlierung der Ca-
dantz eine der groͤſten Unzierden
im Tantzen iſt; daher die Cadantz
vor allen Dingen den Scholaren
wohl beyzubringen.
Cadence bey den Ballets,
Jſt ein unumgaͤnglich noͤthiges
Stuͤck. Denn da muͤſſen alle
Tritte und Schritte, Minen und
Geberden, ſie moͤgen mit dem
Kopfe, Augen, Munde, Haͤn-
den, Fingern, oder mit dem gan-
tzen Leibe geſchehen, aufs allerge-
naueſte nach dem Tact und Pro-
portion der Cadentz, das iſt, nach
der ordentlichen Folgung der
Stimmen in der Melodie, einge-
richtet, und in menſura, tempo
und pondere regelmaͤßig verrich-
tet werden, weil dieſes gleichſam
das Leben und die Seele eines
Ballets iſt, und ohne ſelbiges al-
les todt und unvernuͤnftig durch
einander gehet. Menſura aber
iſt hier die Diſtantz von einem
Fuſſe, Hand oder andern Gliede
zu den andern Gliedern durch alle
Bewegungen proportionirlich
durch; naͤchſt dem heiſt es auch die
Diſtantz von einer Perſon zur an-
dern durch alle Tantz-Glieder
durch; und dieſe Diſtantzen ſind
nach den Regeln der Geometrie
uͤberhaupt wohl in acht genom-
men, wenn keine Ungeſtalt gemacht
iſt, und man ohne Muͤhe von ei-
nem Fuſſe oder Orte zum andern
kommen kan. Pondus dagegen
iſt das Gewichte oder die Schwe-
re der Glieder, welche dergeſtalt
im Gleichgewichte muͤſſen geſtellet
und gefuͤhret werden, damit ſie in
den Actiónibus nicht hinderlich
fallen, und endlich die gu-
te Stellungen dadurch verhindert
werden. Endlich iſt Tempo uͤber-
haupt eine Maſſe der Waͤhre oder
Dauerung der Zeit, darinnen eine
von vielen kleinen Bewegungen
zuſammrn geſetzte Handlung ver-
richtet wird; Tempus præſens aber
iſt Momentum, da alle Augenbli-
cke das Præteritum dahin iſt, und
das Futurum noch kommen ſoll,
und begreiffet die Zeit einer ieden
allerkleineſten Bewegung in ſich.
Cadence bey dem Haupt-
Pas der Courante,
Dieſe zu begreiffen, iſt zu wiſ-
ſen, daß alle Melodien bey der
Courante aus einem ungleichen
oder Tripel-Tacte beſtehen, und
zwar
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |