Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Evo schen Composition die Stimmenoder Partien unter einander ver- kehrt werden können, daß z. E. die Ober-Stimme unten, und die Unter-Stimme hingegen oben, ingleichen die Alt-Stimme in Te- nor, und dieser in Alt, und dem- nach verkehrt zu stehen kommen, und dennoch ihnen an der Harmo- nie und Wohlklange nichts abge- het. Evovae, Ein erdichtetes Wort, welches Euphonia, Der Wohllaut, Wohlklang. Eurythmia, Die Zierlichkeit und Schönheit, Exclamatio, Eine rhetorische Figur, wenn Exc hält; bey dieser Art ist die Freudeallemal die Haupt-Leidenschafft, daher denn lauter lebhaffte und hurtige Moduli dabey gebraucht werden müssen, absonderlich aber grosse und weite Jntervalle. Die 2) Art der Ausbrüche oder Excla- mationen hält alles Wünschen und hertzliches Sehnen in sich, als Bitten, Anrufungen, Klagen, auch Schreckniß, Entsetzen u. d. g. Diese letztern erfodern eine Heftig- keit in der Melodie, so am besten durch geschwinde und hurtige No- ten auszudrucken stehet; das Seh- nen aber und die übrigen Eigen- schafften haben die Betrübniß zur Mutter, und müssen da nach Be- finden der Umstände bald grosse, bald kleine Jntervalle angebracht werden, iedoch herrschet die Zärt- lichkeit darinnen vorzüglich. Die 3) Art der Exclamationen gehet auf ein Geschrey, so aus äusser- ster Bestürtzung, Erstaunen, und schrecklichen greulichen Vorfällen entstehet, welche den höchsten Gipffel der Verzweifflung errei- chen. Weil nun hier lauter de- sperates Wesen ist, so müssen auch lauter verwegene Jntervalle, die eine unbändige Eigenschafft wider einander haben, vorgebracht, und zu dem ruchlosen Geschrey ein wü- tendes Accompagnement gewehlet werden, wozu die Dactylischen Verse und Klang-Füsse nicht un- beqvem sind. Das meiste kömmet hierbey auf die verschiedene Ge- müths-Bewegungen und deren Kundschafft an. Exclusus sonus, Jst in einer Triade harmonica l' Exe- Z 2
[Spaltenumbruch] Evo ſchen Compoſition die Stimmenoder Partien unter einander ver- kehrt werden koͤnnen, daß z. E. die Ober-Stimme unten, und die Unter-Stimme hingegen oben, ingleichen die Alt-Stimme in Te- nor, und dieſer in Alt, und dem- nach verkehrt zu ſtehen kommen, und dennoch ihnen an der Harmo- nie und Wohlklange nichts abge- het. Evovae, Ein erdichtetes Wort, welches Euphonia, Der Wohllaut, Wohlklang. Eurythmia, Die Zierlichkeit und Schoͤnheit, Exclamatio, Eine rhetoriſche Figur, wenn Exc haͤlt; bey dieſer Art iſt die Freudeallemal die Haupt-Leidenſchafft, daher denn lauter lebhaffte und hurtige Moduli dabey gebraucht werden muͤſſen, abſonderlich aber groſſe und weite Jntervalle. Die 2) Art der Ausbruͤche oder Excla- mationen haͤlt alles Wuͤnſchen und hertzliches Sehnen in ſich, als Bitten, Anrufungen, Klagen, auch Schreckniß, Entſetzen u. d. g. Dieſe letztern erfodern eine Heftig- keit in der Melodie, ſo am beſten durch geſchwinde und hurtige No- ten auszudrucken ſtehet; das Seh- nen aber und die uͤbrigen Eigen- ſchafften haben die Betruͤbniß zur Mutter, und muͤſſen da nach Be- finden der Umſtaͤnde bald groſſe, bald kleine Jntervalle angebracht werden, iedoch herrſchet die Zaͤrt- lichkeit darinnen vorzuͤglich. Die 3) Art der Exclamationen gehet auf ein Geſchrey, ſo aus aͤuſſer- ſter Beſtuͤrtzung, Erſtaunen, und ſchrecklichen greulichen Vorfaͤllen entſtehet, welche den hoͤchſten Gipffel der Verzweifflung errei- chen. Weil nun hier lauter de- ſperates Weſen iſt, ſo muͤſſen auch lauter verwegene Jntervalle, die eine unbaͤndige Eigenſchafft wider einander haben, vorgebracht, und zu dem ruchloſen Geſchrey ein wuͤ- tendes Accompagnement gewehlet werden, wozu die Dactyliſchen Verſe und Klang-Fuͤſſe nicht un- beqvem ſind. Das meiſte koͤmmet hierbey auf die verſchiedene Ge- muͤths-Bewegungen und deren Kundſchafft an. Excluſus ſonus, Jſt in einer Triade harmonica l’ Exe- Z 2
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Evo
Exc
ſchen Compoſition die Stimmen
oder Partien unter einander ver-
kehrt werden koͤnnen, daß z. E.
die Ober-Stimme unten, und die
Unter-Stimme hingegen oben,
ingleichen die Alt-Stimme in Te-
nor, und dieſer in Alt, und dem-
nach verkehrt zu ſtehen kommen,
und dennoch ihnen an der Harmo-
nie und Wohlklange nichts abge-
het.
Evovae,
Ein erdichtetes Wort, welches
aus den 6 Vocalibus, die ſich in
den 2 Worten: Seculorum
Amen, befinden, zuſammen geſe-
tzet iſt; es wird nur in Muſica
Chorali am Ende der Antiphonen
gefunden, und aus den daruͤber
geſetzten Noten der Pſalmen, In-
troituum und Reſponſoriorum To-
nus, das iſt, die Art und Weiſe,
ſelbige anzufangen und zu endigen,
erkannt.
Euphonia,
Der Wohllaut, Wohlklang.
Eurythmia,
Die Zierlichkeit und Schoͤnheit,
welche in der Muſic aus den Zah-
len entſtehet, wenn nemlich eine
Melodie nach dem Numero wohl
eingerichtet wird; dergleichen
hauptſaͤchlich in den Frantzoͤſiſchen
Pieces zu beobachten noͤthig iſt.
Exclamatio,
Eine rhetoriſche Figur, wenn
man beweglich ausruffet, wird in
der Muſic fuͤglich durch die auf-
werts ſpringende Sextam minorem
ausgedruckt. Man findet aber
dreyerley Arten der Exclamatio-
nen, deren die 1) eine Verwunde-
rung, einen freudigen Zuruf oder
einen aufmunternden Befehl ent-
haͤlt; bey dieſer Art iſt die Freude
allemal die Haupt-Leidenſchafft,
daher denn lauter lebhaffte und
hurtige Moduli dabey gebraucht
werden muͤſſen, abſonderlich aber
groſſe und weite Jntervalle. Die
2) Art der Ausbruͤche oder Excla-
mationen haͤlt alles Wuͤnſchen
und hertzliches Sehnen in ſich, als
Bitten, Anrufungen, Klagen,
auch Schreckniß, Entſetzen u. d. g.
Dieſe letztern erfodern eine Heftig-
keit in der Melodie, ſo am beſten
durch geſchwinde und hurtige No-
ten auszudrucken ſtehet; das Seh-
nen aber und die uͤbrigen Eigen-
ſchafften haben die Betruͤbniß zur
Mutter, und muͤſſen da nach Be-
finden der Umſtaͤnde bald groſſe,
bald kleine Jntervalle angebracht
werden, iedoch herrſchet die Zaͤrt-
lichkeit darinnen vorzuͤglich. Die
3) Art der Exclamationen gehet
auf ein Geſchrey, ſo aus aͤuſſer-
ſter Beſtuͤrtzung, Erſtaunen, und
ſchrecklichen greulichen Vorfaͤllen
entſtehet, welche den hoͤchſten
Gipffel der Verzweifflung errei-
chen. Weil nun hier lauter de-
ſperates Weſen iſt, ſo muͤſſen auch
lauter verwegene Jntervalle, die
eine unbaͤndige Eigenſchafft wider
einander haben, vorgebracht, und
zu dem ruchloſen Geſchrey ein wuͤ-
tendes Accompagnement gewehlet
werden, wozu die Dactyliſchen
Verſe und Klang-Fuͤſſe nicht un-
beqvem ſind. Das meiſte koͤmmet
hierbey auf die verſchiedene Ge-
muͤths-Bewegungen und deren
Kundſchafft an.
Excluſus ſonus,
Jſt in einer Triade harmonica
der oberſte Klang, oder die Qvint,
z. E. c, e, g.
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