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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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[Spaltenumbruch]

Gan
Unter-Leib zurück und einwerts
nach sich ziehen; 4) den Ober-Leib
auswerts stossen; 5) beyde Schul-
tern unterwerts zurück ziehen, da-
mit man keinen kurtzen Hals ma-
che, und auch die Brust durch
Schliessung der Schultern desto
besser vorn heraus bringen könne;
6) den Kopff mit an sich gezoge-
nem Kinn, als welches allemal
mit der Stirne in einer Perpendi-
cular-Linie stehen soll, in die Hö-
he und mit geradem Halse zurück
halten, und endlich 7) die Arme
natürlich auf die Seite hangen
lassen. Hat es nach diesen sieben
Grund-Regeln mit der wohlge-
ordneten Leibes-Stellung seine
Richtigkeit, so kan ein zierlicher
Gang zu wege gebracht werden,
wenn man 1) den Leib auf dem
vördern Beine, als auf einer
steiffen Stütze, in gutem Gleich-
gewichte fest und stille hält; 2)
den Absatz vom hintern Fusse mit
ein wenig gebogenem Knie von
der Erde hebet; 3) diesen Fuß
vollends erhebt und gebogen bis zu
dem vördern Absatz fortbringet;
4) ihn nahe über der Erde einen
guten Schuh lang, doch nachdem
die Person von kurtzer oder langer
Taille ist, gut auswerts und mit
recht steiffem Knie vor sich hinweg
strecket; 5) solcher gestalt und nett
geschlossen niedersetzet; und 6) den
Leib in einer Perpendicular-Linie
darauf vorbringet, wobey sich der
Absatz von dem hintern Fusse mit
ein wenig gebogenem Knie in die
Höhe hebet.

Gans,

Dieses Feder-Vieh ist in der
Haushaltung bekandt genug, und
giebt es zahme und wilde. Die
erste Gattung ist hier unnöthig zu
[Spaltenumbruch]

Gan
berühren. Die wilden Gänse
kommen denen zahmen an Gestalt
fast allerdings gleich, ausser daß sie
schmächtiger sind und einen schär-
fern Schnabel haben; ihrer Far-
be nach sind sie entweder grau, de-
ren man die meisten siehet, oder
gantz weiß, ausgenommen die vier
oder fünff äussersten Schwing-Fe-
dern, so kohlschwartz sind; diese
werden Hagel- oder Schnee-Gän-
se genennet, und sind zwar etwas
kleiner, können aber weit stärcker
und höher fliegen, als die grauen.
Sie legen im Frühling neun bis
zehen oder zwölff Eyer, und brin-
gen nach vier wöchentlicher Brut-
Zeit ihre Junge in morastigen Or-
ten auf Früschen und Hügeln aus.
Sie sind sehr scheu, und setzen sich
nicht leicht, wo sie nicht vorher
etliche mal zur Sicherheit herum
geflogen sind, und sich der Gele-
genheit erkundiget haben; sie hal-
ten sich auf grossen Brüchen auf,
fliegen des Nachts auf die Saat-
Felder nach dem Getraide, und
ziehen in ihrem Flug, wie ein
Triangel, wobey sie nicht selten
ein starckes Geschrey von sich hö-
ren lassen. Einige meinen, sie
schreyen darum, daß, wenn bey
Nacht oder dickem Nebel einige
zurück geblieben, dieselben sich
nicht verirren, sondern durch solch
Zeichen ihrem Marsch richtig nach-
folgen können. Sie sollen lange
leben, und zu einem hohen Alter
gelangen. Man pflegt sie wie die
wilden Enten entweder mit dem
Schieß-Pferd oder mit der Karn-
Büchse zu beschleichen und zu
schiessen, oder durch zahm-gemach-
te wilde Gänse mit Netzen und
Garn einzufangen.

Gantz machen,

Jst eine Weidmännische Re-

dens-

[Spaltenumbruch]

Gan
Unter-Leib zuruͤck und einwerts
nach ſich ziehen; 4) den Ober-Leib
auswerts ſtoſſen; 5) beyde Schul-
tern unterwerts zuruͤck ziehen, da-
mit man keinen kurtzen Hals ma-
che, und auch die Bruſt durch
Schlieſſung der Schultern deſto
beſſer vorn heraus bringen koͤnne;
6) den Kopff mit an ſich gezoge-
nem Kinn, als welches allemal
mit der Stirne in einer Perpendi-
cular-Linie ſtehen ſoll, in die Hoͤ-
he und mit geradem Halſe zuruͤck
halten, und endlich 7) die Arme
natuͤrlich auf die Seite hangen
laſſen. Hat es nach dieſen ſieben
Grund-Regeln mit der wohlge-
ordneten Leibes-Stellung ſeine
Richtigkeit, ſo kan ein zierlicher
Gang zu wege gebracht werden,
wenn man 1) den Leib auf dem
voͤrdern Beine, als auf einer
ſteiffen Stuͤtze, in gutem Gleich-
gewichte feſt und ſtille haͤlt; 2)
den Abſatz vom hintern Fuſſe mit
ein wenig gebogenem Knie von
der Erde hebet; 3) dieſen Fuß
vollends erhebt und gebogen bis zu
dem voͤrdern Abſatz fortbringet;
4) ihn nahe uͤber der Erde einen
guten Schuh lang, doch nachdem
die Perſon von kurtzer oder langer
Taille iſt, gut auswerts und mit
recht ſteiffem Knie vor ſich hinweg
ſtrecket; 5) ſolcher geſtalt und nett
geſchloſſen niederſetzet; und 6) den
Leib in einer Perpendicular-Linie
darauf vorbringet, wobey ſich der
Abſatz von dem hintern Fuſſe mit
ein wenig gebogenem Knie in die
Hoͤhe hebet.

Gans,

Dieſes Feder-Vieh iſt in der
Haushaltung bekandt genug, und
giebt es zahme und wilde. Die
erſte Gattung iſt hier unnoͤthig zu
[Spaltenumbruch]

Gan
beruͤhren. Die wilden Gaͤnſe
kommen denen zahmen an Geſtalt
faſt allerdings gleich, auſſer daß ſie
ſchmaͤchtiger ſind und einen ſchaͤr-
fern Schnabel haben; ihrer Far-
be nach ſind ſie entweder grau, de-
ren man die meiſten ſiehet, oder
gantz weiß, ausgenommen die vier
oder fuͤnff aͤuſſerſten Schwing-Fe-
dern, ſo kohlſchwartz ſind; dieſe
werden Hagel- oder Schnee-Gaͤn-
ſe genennet, und ſind zwar etwas
kleiner, koͤnnen aber weit ſtaͤrcker
und hoͤher fliegen, als die grauen.
Sie legen im Fruͤhling neun bis
zehen oder zwoͤlff Eyer, und brin-
gen nach vier woͤchentlicher Brut-
Zeit ihre Junge in moraſtigen Or-
ten auf Fruͤſchen und Huͤgeln aus.
Sie ſind ſehr ſcheu, und ſetzen ſich
nicht leicht, wo ſie nicht vorher
etliche mal zur Sicherheit herum
geflogen ſind, und ſich der Gele-
genheit erkundiget haben; ſie hal-
ten ſich auf groſſen Bruͤchen auf,
fliegen des Nachts auf die Saat-
Felder nach dem Getraide, und
ziehen in ihrem Flug, wie ein
Triangel, wobey ſie nicht ſelten
ein ſtarckes Geſchrey von ſich hoͤ-
ren laſſen. Einige meinen, ſie
ſchreyen darum, daß, wenn bey
Nacht oder dickem Nebel einige
zuruͤck geblieben, dieſelben ſich
nicht verirren, ſondern durch ſolch
Zeichen ihrem Marſch richtig nach-
folgen koͤnnen. Sie ſollen lange
leben, und zu einem hohen Alter
gelangen. Man pflegt ſie wie die
wilden Enten entweder mit dem
Schieß-Pferd oder mit der Karn-
Buͤchſe zu beſchleichen und zu
ſchieſſen, oder durch zahm-gemach-
te wilde Gaͤnſe mit Netzen und
Garn einzufangen.

Gantz machen,

Jſt eine Weidmaͤnniſche Re-

dens-
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[0458] Gan Gan Unter-Leib zuruͤck und einwerts nach ſich ziehen; 4) den Ober-Leib auswerts ſtoſſen; 5) beyde Schul- tern unterwerts zuruͤck ziehen, da- mit man keinen kurtzen Hals ma- che, und auch die Bruſt durch Schlieſſung der Schultern deſto beſſer vorn heraus bringen koͤnne; 6) den Kopff mit an ſich gezoge- nem Kinn, als welches allemal mit der Stirne in einer Perpendi- cular-Linie ſtehen ſoll, in die Hoͤ- he und mit geradem Halſe zuruͤck halten, und endlich 7) die Arme natuͤrlich auf die Seite hangen laſſen. Hat es nach dieſen ſieben Grund-Regeln mit der wohlge- ordneten Leibes-Stellung ſeine Richtigkeit, ſo kan ein zierlicher Gang zu wege gebracht werden, wenn man 1) den Leib auf dem voͤrdern Beine, als auf einer ſteiffen Stuͤtze, in gutem Gleich- gewichte feſt und ſtille haͤlt; 2) den Abſatz vom hintern Fuſſe mit ein wenig gebogenem Knie von der Erde hebet; 3) dieſen Fuß vollends erhebt und gebogen bis zu dem voͤrdern Abſatz fortbringet; 4) ihn nahe uͤber der Erde einen guten Schuh lang, doch nachdem die Perſon von kurtzer oder langer Taille iſt, gut auswerts und mit recht ſteiffem Knie vor ſich hinweg ſtrecket; 5) ſolcher geſtalt und nett geſchloſſen niederſetzet; und 6) den Leib in einer Perpendicular-Linie darauf vorbringet, wobey ſich der Abſatz von dem hintern Fuſſe mit ein wenig gebogenem Knie in die Hoͤhe hebet. Gans, Dieſes Feder-Vieh iſt in der Haushaltung bekandt genug, und giebt es zahme und wilde. Die erſte Gattung iſt hier unnoͤthig zu beruͤhren. Die wilden Gaͤnſe kommen denen zahmen an Geſtalt faſt allerdings gleich, auſſer daß ſie ſchmaͤchtiger ſind und einen ſchaͤr- fern Schnabel haben; ihrer Far- be nach ſind ſie entweder grau, de- ren man die meiſten ſiehet, oder gantz weiß, ausgenommen die vier oder fuͤnff aͤuſſerſten Schwing-Fe- dern, ſo kohlſchwartz ſind; dieſe werden Hagel- oder Schnee-Gaͤn- ſe genennet, und ſind zwar etwas kleiner, koͤnnen aber weit ſtaͤrcker und hoͤher fliegen, als die grauen. Sie legen im Fruͤhling neun bis zehen oder zwoͤlff Eyer, und brin- gen nach vier woͤchentlicher Brut- Zeit ihre Junge in moraſtigen Or- ten auf Fruͤſchen und Huͤgeln aus. Sie ſind ſehr ſcheu, und ſetzen ſich nicht leicht, wo ſie nicht vorher etliche mal zur Sicherheit herum geflogen ſind, und ſich der Gele- genheit erkundiget haben; ſie hal- ten ſich auf groſſen Bruͤchen auf, fliegen des Nachts auf die Saat- Felder nach dem Getraide, und ziehen in ihrem Flug, wie ein Triangel, wobey ſie nicht ſelten ein ſtarckes Geſchrey von ſich hoͤ- ren laſſen. Einige meinen, ſie ſchreyen darum, daß, wenn bey Nacht oder dickem Nebel einige zuruͤck geblieben, dieſelben ſich nicht verirren, ſondern durch ſolch Zeichen ihrem Marſch richtig nach- folgen koͤnnen. Sie ſollen lange leben, und zu einem hohen Alter gelangen. Man pflegt ſie wie die wilden Enten entweder mit dem Schieß-Pferd oder mit der Karn- Buͤchſe zu beſchleichen und zu ſchieſſen, oder durch zahm-gemach- te wilde Gaͤnſe mit Netzen und Garn einzufangen. Gantz machen, Jſt eine Weidmaͤnniſche Re- dens-

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/458>, abgerufen am 22.11.2024.