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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Gem
Natur die Aenderung des Wet-
ters vermercken, kommen sie wie-
der herab auf die niedrigen Ge-
birge, wegen der zeitigen Kräu-
ter, sonderlich wo sie Sand fin-
den, welchen sie so gerne, als die
Ziegen das Saltz lecken, und da-
mit nicht nur den Schleim von
der Zungen abschaben, sondern
auch bessere Lust zum Fressen krie-
gen: Daselbst, oder wo man sonst
gemeiniglich ihren Wechsel gemer-
cket, wird ihnen von Schützen
aufgepasset, und sie also geschos-
sen. Wenn sie von den Gemsen-
Steigern getrieben werden, bege-
ben sie sich ie länger ie höher, und
springen von einer Felsen-Klippe
auf die andere, bis sie nimmer
weichen können; Ein solches ge-
jagtes Thier schreyet nicht, son-
dern wispelt gleichsam nur, und
giebt einen Druck dnrch die Nase;
Wenn nun der Gemsen-Steiger
nachklettert, auch ihme so nahe
kommt, daß ers erreichen kan,
folglich das Thill-Messer (wie
sie es nennen) aufschifftet, und
ihme solches an den Leib setzet, so
reibet es sich selbsten darein, als
ob es sich daran stemmen oder
steuren wolte, und fället sodenn
hoch vom Felsen herab; Dem ohn-
geachtet bleibet doch das Häutlein
gemeiniglich gantz und unverseh-
ret. Der Schweiß aus der Wun-
de eines frischgefällten Thieres so-
gleich gesauget, wird von dem Jä-
ger als ein kräfftiges Mittel wider
den Schwindel gebrauchet, weil
er sonst auf denen hohen und stei-
len Gebirgen schlimm zu rechte
kommen würde; so muß er auch
über dieses scharffe Fuß-Eisen
anhaben, damit er auf denen jä-
hen schlipfferigten Felsen nicht
gleiten, und herab fallen möge.
[Spaltenumbruch]
Gen
Das Gemsen-Wildpret wird, als
was sonderliches und gesundes,
gerühmet, und an denen Orten,
wo sie zu haben, nur auf vorneh-
men Tafeln aufgesetzet, dessen Zu-
bereitung alsdenn mit dem Reh-
Wildpret gantz überein kommet.
Die Gemsen-Galle, soll ein treff-
liches Mittel wider dunckle und
blöde Augen; das Unschlitt aber
in Milch zerlassen und warm ge-
truncken, wider die Lungen- und
Schwindsucht gut seyn.

Gems-Horn,

Jst eine Art Pfeiffen im Orgel-
werck, welche unten weit und oben
zugespitzet, und also mehr als halb
gedackt ist. Es sind deren unter-
schiedliche: 1) Ein grosses Gems-
Horn. 2) AEqual-Gems-Horn,
8 Fuß Ton, geht fast wie eine Viol
di Gamba.
Die Niederländer
nennen es Koppel-Flöten, sind
länger als ein Gedackt, und kür-
tzer als ein Principal. 3) Octa-
ven-Gems-Horn ist am Ton 8
Fuß. 4) Klein Octaven-Gems-
Horn, am Ton 2 Fuß. 5) Die
grosse Gems-Horn-Qvinte, 6 Fuß
Ton. 6) Die Gems-Horn-Qoin-
ta, 3 Fuß Ton. 7) Die kleine
Gems-Horn-Qvinte, anderthalb
Fuß Ton. Diese letzte Art von
Pfeiffen ist oben so weit als unten,
und gehöret unter die Nasat, weil
sie solches Labium hat. Siehe
Nasat. Etliche nennen die Gems-
Hörner, wegen ihrer Figur, Spill-
Flöten, weil sie eine Spindel-
Form haben, und in der Mitten
dick, und oben und unten zugespi-
tzet sind. Auch nennen einige die
Gems-Hörner Block-Pfeiffen.

Gencive du cheval,

Zahnfleisch oder Laden des Pfer-
des, welche zu beyden Seiten die

Zunge

[Spaltenumbruch]

Gem
Natur die Aenderung des Wet-
ters vermercken, kommen ſie wie-
der herab auf die niedrigen Ge-
birge, wegen der zeitigen Kraͤu-
ter, ſonderlich wo ſie Sand fin-
den, welchen ſie ſo gerne, als die
Ziegen das Saltz lecken, und da-
mit nicht nur den Schleim von
der Zungen abſchaben, ſondern
auch beſſere Luſt zum Freſſen krie-
gen: Daſelbſt, oder wo man ſonſt
gemeiniglich ihren Wechſel gemer-
cket, wird ihnen von Schuͤtzen
aufgepaſſet, und ſie alſo geſchoſ-
ſen. Wenn ſie von den Gemſen-
Steigern getrieben werden, bege-
ben ſie ſich ie laͤnger ie hoͤher, und
ſpringen von einer Felſen-Klippe
auf die andere, bis ſie nimmer
weichen koͤnnen; Ein ſolches ge-
jagtes Thier ſchreyet nicht, ſon-
dern wiſpelt gleichſam nur, und
giebt einen Druck dnrch die Naſe;
Wenn nun der Gemſen-Steiger
nachklettert, auch ihme ſo nahe
kommt, daß ers erreichen kan,
folglich das Thill-Meſſer (wie
ſie es nennen) aufſchifftet, und
ihme ſolches an den Leib ſetzet, ſo
reibet es ſich ſelbſten darein, als
ob es ſich daran ſtemmen oder
ſteuren wolte, und faͤllet ſodenn
hoch vom Felſen herab; Dem ohn-
geachtet bleibet doch das Haͤutlein
gemeiniglich gantz und unverſeh-
ret. Der Schweiß aus der Wun-
de eines friſchgefaͤllten Thieres ſo-
gleich geſauget, wird von dem Jaͤ-
ger als ein kraͤfftiges Mittel wider
den Schwindel gebrauchet, weil
er ſonſt auf denen hohen und ſtei-
len Gebirgen ſchlimm zu rechte
kommen wuͤrde; ſo muß er auch
uͤber dieſes ſcharffe Fuß-Eiſen
anhaben, damit er auf denen jaͤ-
hen ſchlipfferigten Felſen nicht
gleiten, und herab fallen moͤge.
[Spaltenumbruch]
Gen
Das Gemſen-Wildpret wird, als
was ſonderliches und geſundes,
geruͤhmet, und an denen Orten,
wo ſie zu haben, nur auf vorneh-
men Tafeln aufgeſetzet, deſſen Zu-
bereitung alsdenn mit dem Reh-
Wildpret gantz uͤberein kommet.
Die Gemſen-Galle, ſoll ein treff-
liches Mittel wider dunckle und
bloͤde Augen; das Unſchlitt aber
in Milch zerlaſſen und warm ge-
truncken, wider die Lungen- und
Schwindſucht gut ſeyn.

Gems-Horn,

Jſt eine Art Pfeiffen im Orgel-
werck, welche unten weit und oben
zugeſpitzet, und alſo mehr als halb
gedackt iſt. Es ſind deren unter-
ſchiedliche: 1) Ein groſſes Gems-
Horn. 2) Æqual-Gems-Horn,
8 Fuß Ton, geht faſt wie eine Viol
di Gamba.
Die Niederlaͤnder
nennen es Koppel-Floͤten, ſind
laͤnger als ein Gedackt, und kuͤr-
tzer als ein Principal. 3) Octa-
ven-Gems-Horn iſt am Ton 8
Fuß. 4) Klein Octaven-Gems-
Horn, am Ton 2 Fuß. 5) Die
groſſe Gems-Horn-Qvinte, 6 Fuß
Ton. 6) Die Gems-Horn-Qoin-
ta, 3 Fuß Ton. 7) Die kleine
Gems-Horn-Qvinte, anderthalb
Fuß Ton. Dieſe letzte Art von
Pfeiffen iſt oben ſo weit als unten,
und gehoͤret unter die Naſat, weil
ſie ſolches Labium hat. Siehe
Naſat. Etliche nennen die Gems-
Hoͤrner, wegen ihrer Figur, Spill-
Floͤten, weil ſie eine Spindel-
Form haben, und in der Mitten
dick, und oben und unten zugeſpi-
tzet ſind. Auch nennen einige die
Gems-Hoͤrner Block-Pfeiffen.

Gencive du cheval,

Zahnfleiſch oder Laden des Pfer-
des, welche zu beyden Seiten die

Zunge
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[0472] Gem Gen Natur die Aenderung des Wet- ters vermercken, kommen ſie wie- der herab auf die niedrigen Ge- birge, wegen der zeitigen Kraͤu- ter, ſonderlich wo ſie Sand fin- den, welchen ſie ſo gerne, als die Ziegen das Saltz lecken, und da- mit nicht nur den Schleim von der Zungen abſchaben, ſondern auch beſſere Luſt zum Freſſen krie- gen: Daſelbſt, oder wo man ſonſt gemeiniglich ihren Wechſel gemer- cket, wird ihnen von Schuͤtzen aufgepaſſet, und ſie alſo geſchoſ- ſen. Wenn ſie von den Gemſen- Steigern getrieben werden, bege- ben ſie ſich ie laͤnger ie hoͤher, und ſpringen von einer Felſen-Klippe auf die andere, bis ſie nimmer weichen koͤnnen; Ein ſolches ge- jagtes Thier ſchreyet nicht, ſon- dern wiſpelt gleichſam nur, und giebt einen Druck dnrch die Naſe; Wenn nun der Gemſen-Steiger nachklettert, auch ihme ſo nahe kommt, daß ers erreichen kan, folglich das Thill-Meſſer (wie ſie es nennen) aufſchifftet, und ihme ſolches an den Leib ſetzet, ſo reibet es ſich ſelbſten darein, als ob es ſich daran ſtemmen oder ſteuren wolte, und faͤllet ſodenn hoch vom Felſen herab; Dem ohn- geachtet bleibet doch das Haͤutlein gemeiniglich gantz und unverſeh- ret. Der Schweiß aus der Wun- de eines friſchgefaͤllten Thieres ſo- gleich geſauget, wird von dem Jaͤ- ger als ein kraͤfftiges Mittel wider den Schwindel gebrauchet, weil er ſonſt auf denen hohen und ſtei- len Gebirgen ſchlimm zu rechte kommen wuͤrde; ſo muß er auch uͤber dieſes ſcharffe Fuß-Eiſen anhaben, damit er auf denen jaͤ- hen ſchlipfferigten Felſen nicht gleiten, und herab fallen moͤge. Das Gemſen-Wildpret wird, als was ſonderliches und geſundes, geruͤhmet, und an denen Orten, wo ſie zu haben, nur auf vorneh- men Tafeln aufgeſetzet, deſſen Zu- bereitung alsdenn mit dem Reh- Wildpret gantz uͤberein kommet. Die Gemſen-Galle, ſoll ein treff- liches Mittel wider dunckle und bloͤde Augen; das Unſchlitt aber in Milch zerlaſſen und warm ge- truncken, wider die Lungen- und Schwindſucht gut ſeyn. Gems-Horn, Jſt eine Art Pfeiffen im Orgel- werck, welche unten weit und oben zugeſpitzet, und alſo mehr als halb gedackt iſt. Es ſind deren unter- ſchiedliche: 1) Ein groſſes Gems- Horn. 2) Æqual-Gems-Horn, 8 Fuß Ton, geht faſt wie eine Viol di Gamba. Die Niederlaͤnder nennen es Koppel-Floͤten, ſind laͤnger als ein Gedackt, und kuͤr- tzer als ein Principal. 3) Octa- ven-Gems-Horn iſt am Ton 8 Fuß. 4) Klein Octaven-Gems- Horn, am Ton 2 Fuß. 5) Die groſſe Gems-Horn-Qvinte, 6 Fuß Ton. 6) Die Gems-Horn-Qoin- ta, 3 Fuß Ton. 7) Die kleine Gems-Horn-Qvinte, anderthalb Fuß Ton. Dieſe letzte Art von Pfeiffen iſt oben ſo weit als unten, und gehoͤret unter die Naſat, weil ſie ſolches Labium hat. Siehe Naſat. Etliche nennen die Gems- Hoͤrner, wegen ihrer Figur, Spill- Floͤten, weil ſie eine Spindel- Form haben, und in der Mitten dick, und oben und unten zugeſpi- tzet ſind. Auch nennen einige die Gems-Hoͤrner Block-Pfeiffen. Gencive du cheval, Zahnfleiſch oder Laden des Pfer- des, welche zu beyden Seiten die Zunge

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/472>, abgerufen am 22.11.2024.