Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Jag starck und dicke, unterwerts aberleicht und geringe, hingegen der Bauch haarigt und eingezogen, die Füsse dürre mit harten Ballen, darzwischen mit Haaren bewach- sen, mit starcken schwartzen Klau- en, sonderlich mit tüchtigem schar- fen weissen Gebiß bewaffnet, und mit braunen frisch-gläntzenden Augen versehen seyn. Sie wer- den zur Kuppel gewöhnet, und so lange an einem Seil oder Schlepp- Riemen geführet, bis sie lernen ohne dem Seil hinter dem Jäger ziehen, und zurücke bleiben, auch sich zusammen halten. Erstlich kuppelt man Hund und Hündin zusammen, daß sie einander nicht beissen; hernachmals, wenn sie meistens ein Jahr alt, werden ein paar junge Hunde mir einem alten gekuppelt, und hinter einen Hasen zu jagen angeführet, da- mit sie, weil der Hase mit seiner süssen Witterung und seinem nie- drigen Leibe das Laub und Gras berühret, folglich solche Witte- rung lange dauret, der Spur zeitlich gewohnen, so werden sie nachmals von sich selbsten das Reh, und nach diesem den Hir- schen, als welcher ohne dieß eine weit stärckere Witterung hat, weit emsiger suchen, und von den Ha- sen gutwillig ablassen. Doch muß solches Jagen mit jungen Hun- den ungezwungen im freyen Hol- tze, keinesweges aber in Tüchern oder einem andern eingesperrten Orte geschehen, weil sie sonst, wenn sie das Wildpret stets vor Augen haben, den Kopf in die Höhe tragen, sich umsehen, allem Lebendigen nachlauffen, die Vö- gel verfolgen, aber keine Nase zur Erden brauchen, endlich gar die Spur, welcher wegen sie doch ge- [Spaltenumbruch] Jag halten werden, lassen und überge-hen, auch durch vieles Umwen- den und Abspringen in der Spur irre werden, daß sie weder suchen noch jagen lernen. So soll auch mit jungen Hunden kein Fuchs, vielwe- niger im Schnee, Regen und star- ckem Winde, auch nicht im Frost oder Thau gejaget werden. Zum Fraß soll man ihnen Brot von Korn-Gersten- und Haber-Mehl backen, solches fein klein schnei- den mit einer Metze oder mehr Ha- ber-Schrot untermischen, mit sie- dend heissem Wasser ein brühen, und iedesmals zugedecket, etliche Stunden erweichen lassen. Man kocht ihnen auch in einem Kessel mit Wasser zerspaltene Klauen, von zahmen und wilden Thieren, Marcks-Knochen, Rinder und Schafs-Köpffe, rühret unter die fette Brühe eine Metze Mehl, und giebt es ihnen, so laulicht, daß man einen Finger darinne leiden kan, in ihren Fraß-Trog, welchen man gerne von Eschen- Holtze machen läßt. Der Leit-Hund ist der vornehmste, und Spür-Hund ist gleicher Art, ge- Schweiß-Hund folget dem ange- Schuß
[Spaltenumbruch] Jag ſtarck und dicke, unterwerts aberleicht und geringe, hingegen der Bauch haarigt und eingezogen, die Fuͤſſe duͤrre mit harten Ballen, darzwiſchen mit Haaren bewach- ſen, mit ſtarcken ſchwartzen Klau- en, ſonderlich mit tuͤchtigem ſchar- fen weiſſen Gebiß bewaffnet, und mit braunen friſch-glaͤntzenden Augen verſehen ſeyn. Sie wer- den zur Kuppel gewoͤhnet, und ſo lange an einem Seil oder Schlepp- Riemen gefuͤhret, bis ſie lernen ohne dem Seil hinter dem Jaͤger ziehen, und zuruͤcke bleiben, auch ſich zuſammen halten. Erſtlich kuppelt man Hund und Huͤndin zuſammen, daß ſie einander nicht beiſſen; hernachmals, wenn ſie meiſtens ein Jahr alt, werden ein paar junge Hunde mir einem alten gekuppelt, und hinter einen Haſen zu jagen angefuͤhret, da- mit ſie, weil der Haſe mit ſeiner ſuͤſſen Witterung und ſeinem nie- drigen Leibe das Laub und Gras beruͤhret, folglich ſolche Witte- rung lange dauret, der Spur zeitlich gewohnen, ſo werden ſie nachmals von ſich ſelbſten das Reh, und nach dieſem den Hir- ſchen, als welcher ohne dieß eine weit ſtaͤrckere Witterung hat, weit emſiger ſuchen, und von den Ha- ſen gutwillig ablaſſen. Doch muß ſolches Jagen mit jungen Hun- den ungezwungen im freyen Hol- tze, keinesweges aber in Tuͤchern oder einem andern eingeſperrten Orte geſchehen, weil ſie ſonſt, wenn ſie das Wildpret ſtets vor Augen haben, den Kopf in die Hoͤhe tragen, ſich umſehen, allem Lebendigen nachlauffen, die Voͤ- gel verfolgen, aber keine Naſe zur Erden brauchen, endlich gar die Spur, welcher wegen ſie doch ge- [Spaltenumbruch] Jag halten werden, laſſen und uͤberge-hen, auch durch vieles Umwen- den und Abſpringen in der Spur irre werden, daß ſie weder ſuchen noch jagen lernen. So ſoll auch mit jungen Hunden kein Fuchs, vielwe- niger im Schnee, Regen und ſtar- ckem Winde, auch nicht im Froſt oder Thau gejaget werden. Zum Fraß ſoll man ihnen Brot von Korn-Gerſten- und Haber-Mehl backen, ſolches fein klein ſchnei- den mit einer Metze oder mehr Ha- ber-Schrot untermiſchen, mit ſie- dend heiſſem Waſſer ein bruͤhen, und iedesmals zugedecket, etliche Stunden erweichen laſſen. Man kocht ihnen auch in einem Keſſel mit Waſſer zerſpaltene Klauen, von zahmen und wilden Thieren, Marcks-Knochen, Rinder und Schafs-Koͤpffe, ruͤhret unter die fette Bruͤhe eine Metze Mehl, und giebt es ihnen, ſo laulicht, daß man einen Finger darinne leiden kan, in ihren Fraß-Trog, welchen man gerne von Eſchen- Holtze machen laͤßt. Der Leit-Hund iſt der vornehmſte, und Spuͤr-Hund iſt gleicher Art, ge- Schweiß-Hund folget dem ange- Schuß
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Jag
Jag
ſtarck und dicke, unterwerts aber
leicht und geringe, hingegen der
Bauch haarigt und eingezogen,
die Fuͤſſe duͤrre mit harten Ballen,
darzwiſchen mit Haaren bewach-
ſen, mit ſtarcken ſchwartzen Klau-
en, ſonderlich mit tuͤchtigem ſchar-
fen weiſſen Gebiß bewaffnet, und
mit braunen friſch-glaͤntzenden
Augen verſehen ſeyn. Sie wer-
den zur Kuppel gewoͤhnet, und ſo
lange an einem Seil oder Schlepp-
Riemen gefuͤhret, bis ſie lernen
ohne dem Seil hinter dem Jaͤger
ziehen, und zuruͤcke bleiben, auch
ſich zuſammen halten. Erſtlich
kuppelt man Hund und Huͤndin
zuſammen, daß ſie einander nicht
beiſſen; hernachmals, wenn ſie
meiſtens ein Jahr alt, werden
ein paar junge Hunde mir einem
alten gekuppelt, und hinter einen
Haſen zu jagen angefuͤhret, da-
mit ſie, weil der Haſe mit ſeiner
ſuͤſſen Witterung und ſeinem nie-
drigen Leibe das Laub und Gras
beruͤhret, folglich ſolche Witte-
rung lange dauret, der Spur
zeitlich gewohnen, ſo werden ſie
nachmals von ſich ſelbſten das
Reh, und nach dieſem den Hir-
ſchen, als welcher ohne dieß eine
weit ſtaͤrckere Witterung hat, weit
emſiger ſuchen, und von den Ha-
ſen gutwillig ablaſſen. Doch muß
ſolches Jagen mit jungen Hun-
den ungezwungen im freyen Hol-
tze, keinesweges aber in Tuͤchern
oder einem andern eingeſperrten
Orte geſchehen, weil ſie ſonſt,
wenn ſie das Wildpret ſtets vor
Augen haben, den Kopf in die
Hoͤhe tragen, ſich umſehen, allem
Lebendigen nachlauffen, die Voͤ-
gel verfolgen, aber keine Naſe zur
Erden brauchen, endlich gar die
Spur, welcher wegen ſie doch ge-
halten werden, laſſen und uͤberge-
hen, auch durch vieles Umwen-
den und Abſpringen in der Spur
irre werden, daß ſie weder ſuchen
noch jagen lernen. So ſoll auch mit
jungen Hunden kein Fuchs, vielwe-
niger im Schnee, Regen und ſtar-
ckem Winde, auch nicht im Froſt
oder Thau gejaget werden. Zum
Fraß ſoll man ihnen Brot von
Korn-Gerſten- und Haber-Mehl
backen, ſolches fein klein ſchnei-
den mit einer Metze oder mehr Ha-
ber-Schrot untermiſchen, mit ſie-
dend heiſſem Waſſer ein bruͤhen,
und iedesmals zugedecket, etliche
Stunden erweichen laſſen. Man
kocht ihnen auch in einem Keſſel mit
Waſſer zerſpaltene Klauen, von
zahmen und wilden Thieren,
Marcks-Knochen, Rinder und
Schafs-Koͤpffe, ruͤhret unter die
fette Bruͤhe eine Metze Mehl,
und giebt es ihnen, ſo laulicht,
daß man einen Finger darinne
leiden kan, in ihren Fraß-Trog,
welchen man gerne von Eſchen-
Holtze machen laͤßt. Der
Leit-Hund iſt der vornehmſte, und
bedienet ſich deſſen der Jaͤger, dem
Wilde nachzuſpuͤren, fuͤhret ihn
an einem Riemen an ſeinem Leib-
Gehencke, u. laͤſſet ſich vom Hunde
auf der Faͤhrte hinziehen, daß er
wiſſen kan, wo ſich das Wild auf-
haͤlt, und wie es beſchaffen ſey.
Der
Spuͤr-Hund iſt gleicher Art, ge-
het aber los, und hat nebſt dem
Leit-Hunde ſolchen guten Geruch,
daß er allein demjenigen Wilde
folget, dem er zuerſt nachgeſucht,
ungeacht viel andere Creutz-weiſe
daruͤber gegangen. Der
Schweiß-Hund folget dem ange-
ſchoſſenen Wilde nach, und ſtel-
let ſolches, daß man es zu einem
Schuß
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