Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch]
Ner Nerveux, cheval nerveux, Bedeutet ein Pferd das voller Nervi, Werden in der Music die Sai- Nesteln, v. Aiguilletter. Nestling, Heissen die Falckenier einen aus Nes langet, als wenn er eingesperretund gefesselt, von einem Men- schen aufgezogen wird, welcher, wenn der Vogel schreyet oder kräncklich ist, nicht weiß, was derselbe haben will, und was ihm zu solcher Zeit nöthig seyn möge. Es ist dahero allerdings besser, wenn man schon erwachsene oder flücke Vögel zum Abtragen an sich erhandelt, ob sie schon mehr Mühe und Arbeit machen, als die Nestlinge. Wer aber nichts destoweniger einen solchen Vogel haben und erziehen will, soll den- selben nicht eher aus dem Horste nehmen, bevor ihm wenigstens der Schwantz, oder die Decke zur Helffte erwachsen sey, der Vogel auch feine, obwol kurtze, doch vollkömmliche Federn habe. Hier- auf muß man ihn in eine Kam- mer, wo es weder zu kalt noch zu warm, und der Vogel Lufft und Sonne, nach Bedürffen, geniessen kan, bringen, und ihm allezeit frisches Fleisch von jungen Tau- ben und Wald-Vögeln geben, das nicht über eines Tages alt sey, ihn nicht überladen, und densel- ben also neun Monat alt werden lassen, ehe man ihn auf die Hand sitzen lässet. Wenn man ihn zum Aufsitzen gewöhnen will, muß man ihn erst auf Stangen oder Aesten von Bäumen aufsitzen ler- nen. Alsdann gewöhnet man ihn die Hauben zu tragen, und zwar durch Wachen, welches densel- ben zahm und kirre macht, und kan ein solcher Vogel wol drey Näch- te nach einander wachen. End- lich gewöhnet man ihn zu dem Lu- der und auf das Weide-Werck, indem man ihn ins Feld nimmet, und ihm daselbst allerley Thiere zeiget, darauf er soll geübet wer- den.
[Spaltenumbruch]
Ner Nerveux, cheval nerveux, Bedeutet ein Pferd das voller Nervi, Werden in der Muſic die Sai- Neſteln, v. Aiguilletter. Neſtling, Heiſſen die Falckenier einen aus Neſ langet, als wenn er eingeſperretund gefeſſelt, von einem Men- ſchen aufgezogen wird, welcher, wenn der Vogel ſchreyet oder kraͤncklich iſt, nicht weiß, was derſelbe haben will, und was ihm zu ſolcher Zeit noͤthig ſeyn moͤge. Es iſt dahero allerdings beſſer, wenn man ſchon erwachſene oder fluͤcke Voͤgel zum Abtragen an ſich erhandelt, ob ſie ſchon mehr Muͤhe und Arbeit machen, als die Neſtlinge. Wer aber nichts deſtoweniger einen ſolchen Vogel haben und erziehen will, ſoll den- ſelben nicht eher aus dem Horſte nehmen, bevor ihm wenigſtens der Schwantz, oder die Decke zur Helffte erwachſen ſey, der Vogel auch feine, obwol kurtze, doch vollkoͤmmliche Federn habe. Hier- auf muß man ihn in eine Kam- mer, wo es weder zu kalt noch zu warm, und der Vogel Lufft und Sonne, nach Beduͤrffen, genieſſen kan, bringen, und ihm allezeit friſches Fleiſch von jungen Tau- ben und Wald-Voͤgeln geben, das nicht uͤber eines Tages alt ſey, ihn nicht uͤberladen, und denſel- ben alſo neun Monat alt werden laſſen, ehe man ihn auf die Hand ſitzen laͤſſet. Wenn man ihn zum Aufſitzen gewoͤhnen will, muß man ihn erſt auf Stangen oder Aeſten von Baͤumen aufſitzen ler- nen. Alsdann gewoͤhnet man ihn die Hauben zu tragen, und zwar durch Wachen, welches denſel- ben zahm und kirre macht, und kan ein ſolcher Vogel wol drey Naͤch- te nach einander wachen. End- lich gewoͤhnet man ihn zu dem Lu- der und auf das Weide-Werck, indem man ihn ins Feld nimmet, und ihm daſelbſt allerley Thiere zeiget, darauf er ſoll geuͤbet wer- den.
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Ner
Neſ
Nerveux, cheval nerveux,
Bedeutet ein Pferd das voller
Muſculn und Nerven, deren
ſind vornemlich die Nerven des
Bauchs, die Nerven der Einge-
weide, die Nerven des Hertzens,
der Bruſt, der Lufft-Gurgel, des
Gaumens, des Qver-Blats, des
Magens, der Harnblaſen, die
Nerven der Geburts-Geilen, des
Gemaͤchts, der Nieren, der Leber,
der Lenden, des Vorderbugs, der
Zungen, der Nerven-Urſprung
aus dem Hirn, Nerven der vor-
dern- und hintern Schenckel, welche
dann oͤffters von vielem harten
Reiten verſtaucht, verdrehet und
hart werden, daß ſolche Nerven
einſchrumpffen und zuſammen
lauffen, daß man muß Mittel
brauchen, ſolche wieder auszuſtre-
cken, wovor ein gutes Oel im
2 Theil der Pferd-Anatomie pag.
860 zu finden.
Nervi,
Werden in der Muſic die Sai-
ten genennet: die alten Muſici
pflegten auch die Claves Nervos
zu nennen.
Neſteln, v. Aiguilletter.
Neſtling,
Heiſſen die Falckenier einen aus
ſeinem Neſt oder Horſt genomme-
nen jungen Raub-Vogel, wel-
cher zur Baitz abgerichtet werden
ſoll. Ein ſolcher Neſtling tauget
nicht ſo gut zum Abtragen, wird
auch nicht ſo wuͤrgiſch, als ein
abgeſtrichener Vogel, welcher be-
reits geraubet hat, zu geſchweigen,
daß ein ſolcher Neſtling von den
alten Voͤgeln in ſeiner Freyheit
beſſer erzogen wird, weit ſchoͤnere
Federn bekommt, und zu einem
vollkommenern Wachsthum ge-
langet, als wenn er eingeſperret
und gefeſſelt, von einem Men-
ſchen aufgezogen wird, welcher,
wenn der Vogel ſchreyet oder
kraͤncklich iſt, nicht weiß, was
derſelbe haben will, und was ihm
zu ſolcher Zeit noͤthig ſeyn moͤge.
Es iſt dahero allerdings beſſer,
wenn man ſchon erwachſene oder
fluͤcke Voͤgel zum Abtragen an
ſich erhandelt, ob ſie ſchon mehr
Muͤhe und Arbeit machen, als
die Neſtlinge. Wer aber nichts
deſtoweniger einen ſolchen Vogel
haben und erziehen will, ſoll den-
ſelben nicht eher aus dem Horſte
nehmen, bevor ihm wenigſtens
der Schwantz, oder die Decke zur
Helffte erwachſen ſey, der Vogel
auch feine, obwol kurtze, doch
vollkoͤmmliche Federn habe. Hier-
auf muß man ihn in eine Kam-
mer, wo es weder zu kalt noch zu
warm, und der Vogel Lufft und
Sonne, nach Beduͤrffen, genieſſen
kan, bringen, und ihm allezeit
friſches Fleiſch von jungen Tau-
ben und Wald-Voͤgeln geben,
das nicht uͤber eines Tages alt ſey,
ihn nicht uͤberladen, und denſel-
ben alſo neun Monat alt werden
laſſen, ehe man ihn auf die Hand
ſitzen laͤſſet. Wenn man ihn zum
Aufſitzen gewoͤhnen will, muß
man ihn erſt auf Stangen oder
Aeſten von Baͤumen aufſitzen ler-
nen. Alsdann gewoͤhnet man ihn
die Hauben zu tragen, und zwar
durch Wachen, welches denſel-
ben zahm und kirre macht, und kan
ein ſolcher Vogel wol drey Naͤch-
te nach einander wachen. End-
lich gewoͤhnet man ihn zu dem Lu-
der und auf das Weide-Werck,
indem man ihn ins Feld nimmet,
und ihm daſelbſt allerley Thiere
zeiget, darauf er ſoll geuͤbet wer-
den.
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