Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.Die XXX. Anmerckung. (uu) sie meynen, daß ihn seine natürliche Leibes-tion undihren Ge- müths- und Leibes- Kräfften richten, und Gemüths-Kräffte am meisten porti- ren solten. Geschiehet dieses, so sind sie ver- sichert, daß sie sich in der Wahl nicht ver- gehen, und wenden alsdenn mit desto grös- serer Freudigkeit und Zuversicht alle Mit- tel an, welche zur Erhaltung des vorge- setzten Ziels dienen können. Fällt er aber auf etwas anders, darauf sie nicht gedacht haben, so müssen sie ihn nicht par force da- von abhalten, sondern dasselbe vorher gründ- lich examiniren, und seine angeführte Motiven wohl erwegen, sind diese trifftig, also daß sie nicht wider sein Naturell und seine Ge- müths- und Leibes-Kräffte, welche GOtt, nach seiner unendlichen Weißheit, einem ieden, wie er es vor gut befindet, mittheilet, lauffen; so können sie ihm den Willen lassen, und sich vor verbunden achten, ihm zur Aus- führung seines Vorhabens, so gut als mög- lich ist, an der Hand zu stehen. Denn El- tern sollen niemahls ihre Söhne zu einem Metier, worzu sie sich nicht schicken, und kei-sie zu kei- nem Metier zwingen, ne Lust haben, zwingen, denn dadurch wird nur die Anzahl derer Stimper in denen Handwercken, Professionen, Künsten und Wissenschafften vermehret; noch wenigernoch weni- ger schon im Mut- ter-Leibe durch ein Gelübde wiedmen. aber aus einer blinden Devotion, oder aus Hochmuth, den Knaben in Mutter-Leibe, GOtt zu der Cantzel oder zu einem andern Amte verloben, und nach diesem Project Die XXX. Anmerckung. (uu) ſie meynen, daß ihn ſeine natuͤrliche Leibes-tion undihren Ge- muͤths- und Leibes- Kraͤfften richten, und Gemuͤths-Kraͤffte am meiſten porti- ren ſolten. Geſchiehet dieſes, ſo ſind ſie ver- ſichert, daß ſie ſich in der Wahl nicht ver- gehen, und wenden alsdenn mit deſto groͤſ- ſerer Freudigkeit und Zuverſicht alle Mit- tel an, welche zur Erhaltung des vorge- ſetzten Ziels dienen koͤnnen. Faͤllt er aber auf etwas anders, darauf ſie nicht gedacht haben, ſo muͤſſen ſie ihn nicht par force da- von abhalten, ſondern daſſelbe vorher gruͤnd- lich examiniren, und ſeine angefuͤhrte Motiven wohl erwegen, ſind dieſe trifftig, alſo daß ſie nicht wider ſein Naturell und ſeine Ge- muͤths- und Leibes-Kraͤffte, welche GOtt, nach ſeiner unendlichen Weißheit, einem ieden, wie er es vor gut befindet, mittheilet, lauffen; ſo koͤnnen ſie ihm den Willen laſſen, und ſich vor verbunden achten, ihm zur Aus- fuͤhrung ſeines Vorhabens, ſo gut als moͤg- lich iſt, an der Hand zu ſtehen. Denn El- tern ſollen niemahls ihre Soͤhne zu einem Metier, worzu ſie ſich nicht ſchicken, und kei-ſie zu kei- nem Metier zwingen, ne Luſt haben, zwingen, denn dadurch wird nur die Anzahl derer Stimper in denen Handwercken, Profeſſionen, Kuͤnſten und Wiſſenſchafften vermehret; noch wenigernoch weni- ger ſchon im Mut- ter-Leibe durch ein Geluͤbde wiedmen. aber aus einer blinden Devotion, oder aus Hochmuth, den Knaben in Mutter-Leibe, GOtt zu der Cantzel oder zu einem andern Amte verloben, und nach dieſem Project <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="nuu" prev="#zuu" place="end" n="(uu)"><pb facs="#f0241" n="219"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq">XXX.</hi> Anmerckung. 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Die XXX. Anmerckung. (uu)
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ſie meynen, daß ihn ſeine natuͤrliche Leibes-
und Gemuͤths-Kraͤffte am meiſten porti-
ren ſolten. Geſchiehet dieſes, ſo ſind ſie ver-
ſichert, daß ſie ſich in der Wahl nicht ver-
gehen, und wenden alsdenn mit deſto groͤſ-
ſerer Freudigkeit und Zuverſicht alle Mit-
tel an, welche zur Erhaltung des vorge-
ſetzten Ziels dienen koͤnnen. Faͤllt er aber
auf etwas anders, darauf ſie nicht gedacht
haben, ſo muͤſſen ſie ihn nicht par force da-
von abhalten, ſondern daſſelbe vorher gruͤnd-
lich examiniren, und ſeine angefuͤhrte Motiven
wohl erwegen, ſind dieſe trifftig, alſo daß
ſie nicht wider ſein Naturell und ſeine Ge-
muͤths- und Leibes-Kraͤffte, welche GOtt,
nach ſeiner unendlichen Weißheit, einem
ieden, wie er es vor gut befindet, mittheilet,
lauffen; ſo koͤnnen ſie ihm den Willen laſſen,
und ſich vor verbunden achten, ihm zur Aus-
fuͤhrung ſeines Vorhabens, ſo gut als moͤg-
lich iſt, an der Hand zu ſtehen. Denn El-
tern ſollen niemahls ihre Soͤhne zu einem
Metier, worzu ſie ſich nicht ſchicken, und kei-
ne Luſt haben, zwingen, denn dadurch wird
nur die Anzahl derer Stimper in denen
Handwercken, Profeſſionen, Kuͤnſten und
Wiſſenſchafften vermehret; noch weniger
aber aus einer blinden Devotion, oder aus
Hochmuth, den Knaben in Mutter-Leibe,
GOtt zu der Cantzel oder zu einem andern
Amte verloben, und nach dieſem Project
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