Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Die IV. Anmerckung.
nigen Affection erwerben könne.
Denn das wissen wenige recht zu
beurtheilen, ist auch also die behöri-
ge Erkäntlichkeit hievor bey jun-
gen Leuten nicht so bald zu erwar-
ten. Ein grosses Mittel aber unddurch dar-
zu dienli-
che Mittel.

sehr sicher hierzu zu gelangen ist:
Wenn nebst dem vorigen ein Hof-
meister derer Untergebenen Genio
und Humeur sich so viel thulich ac-
commodi
ret, und sie eben hierdurch
zu dem, was er vor hat, bono modo
anführet. Aber wo er sich in rech-
te gute Grace setzen will, so ist wohl
das vornehmste, daß, weil junge
Leute nur auf das, was Lust brin-
get, eintzig und allein sehen, er mit
ihnen denjenigen Weg erwehle, der
auf allen Seiten anmuthig aussie-
het. Doch weil bey sensualen De-
lectation
en sehr caute zu verfahren;
so ist höchstnöthig, daß er sie bey
Zeiten zu deren rechten Gebrauch
anführe; Die Jrrthümer so hier-
bey vorlauffen, und sehr considerabel
sind, ob sie gleich schon von vielen,
ihre gantze Lebens-Zeit, nicht be-
mercket werden, wohl bekant ma-

che,

Die IV. Anmerckung.
nigen Affection erwerben koͤnne.
Denn das wiſſen wenige recht zu
beurtheilen, iſt auch alſo die behoͤri-
ge Erkaͤntlichkeit hievor bey jun-
gen Leuten nicht ſo bald zu erwar-
ten. Ein groſſes Mittel aber unddurch dar-
zu dienli-
che Mittel.

ſehr ſicher hierzu zu gelangen iſt:
Wenn nebſt dem vorigen ein Hof-
meiſter derer Untergebenen Genio
und Humeur ſich ſo viel thulich ac-
commodi
ret, und ſie eben hierdurch
zu dem, was er vor hat, bono modo
anfuͤhret. Aber wo er ſich in rech-
te gute Grace ſetzen will, ſo iſt wohl
das vornehmſte, daß, weil junge
Leute nur auf das, was Luſt brin-
get, eintzig und allein ſehen, er mit
ihnen denjenigen Weg erwehle, der
auf allen Seiten anmuthig ausſie-
het. Doch weil bey ſenſualen De-
lectation
en ſehr cautè zu verfahren;
ſo iſt hoͤchſtnoͤthig, daß er ſie bey
Zeiten zu deren rechten Gebrauch
anfuͤhre; Die Jrrthuͤmer ſo hier-
bey vorlauffen, und ſehr conſiderabel
ſind, ob ſie gleich ſchon von vielen,
ihre gantze Lebens-Zeit, nicht be-
mercket werden, wohl bekant ma-

che,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0099" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq">IV.</hi> Anmerckung.</hi></fw><lb/>
nigen <hi rendition="#aq">Affection</hi> erwerben ko&#x0364;nne.<lb/>
Denn das wi&#x017F;&#x017F;en wenige recht zu<lb/>
beurtheilen, i&#x017F;t auch al&#x017F;o die beho&#x0364;ri-<lb/>
ge Erka&#x0364;ntlichkeit hievor bey jun-<lb/>
gen Leuten nicht &#x017F;o bald zu erwar-<lb/>
ten. Ein gro&#x017F;&#x017F;es Mittel aber und<note place="right">durch dar-<lb/>
zu dienli-<lb/>
che Mittel.</note><lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;icher hierzu zu gelangen i&#x017F;t:<lb/>
Wenn neb&#x017F;t dem vorigen ein Hof-<lb/>
mei&#x017F;ter derer Untergebenen <hi rendition="#aq">Genio</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Humeur</hi> &#x017F;ich &#x017F;o viel thulich <hi rendition="#aq">ac-<lb/>
commodi</hi>ret, und &#x017F;ie eben hierdurch<lb/>
zu dem, was er vor hat, <hi rendition="#aq">bono modo</hi><lb/>
anfu&#x0364;hret. Aber wo er &#x017F;ich in rech-<lb/>
te gute <hi rendition="#aq">Grace</hi> &#x017F;etzen will, &#x017F;o i&#x017F;t wohl<lb/>
das vornehm&#x017F;te, daß, weil junge<lb/>
Leute nur auf das, was Lu&#x017F;t brin-<lb/>
get, eintzig und allein &#x017F;ehen, er mit<lb/>
ihnen denjenigen Weg erwehle, der<lb/>
auf allen Seiten anmuthig aus&#x017F;ie-<lb/>
het. Doch weil bey <hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;ual</hi>en <hi rendition="#aq">De-<lb/>
lectation</hi>en &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">cautè</hi> zu verfahren;<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;tno&#x0364;thig, daß er &#x017F;ie bey<lb/>
Zeiten zu deren rechten Gebrauch<lb/>
anfu&#x0364;hre; Die Jrrthu&#x0364;mer &#x017F;o hier-<lb/>
bey vorlauffen, und &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">con&#x017F;iderabel</hi><lb/>
&#x017F;ind, ob &#x017F;ie gleich &#x017F;chon von vielen,<lb/>
ihre gantze Lebens-Zeit, nicht be-<lb/>
mercket werden, wohl bekant ma-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">che,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0099] Die IV. Anmerckung. nigen Affection erwerben koͤnne. Denn das wiſſen wenige recht zu beurtheilen, iſt auch alſo die behoͤri- ge Erkaͤntlichkeit hievor bey jun- gen Leuten nicht ſo bald zu erwar- ten. Ein groſſes Mittel aber und ſehr ſicher hierzu zu gelangen iſt: Wenn nebſt dem vorigen ein Hof- meiſter derer Untergebenen Genio und Humeur ſich ſo viel thulich ac- commodiret, und ſie eben hierdurch zu dem, was er vor hat, bono modo anfuͤhret. Aber wo er ſich in rech- te gute Grace ſetzen will, ſo iſt wohl das vornehmſte, daß, weil junge Leute nur auf das, was Luſt brin- get, eintzig und allein ſehen, er mit ihnen denjenigen Weg erwehle, der auf allen Seiten anmuthig ausſie- het. Doch weil bey ſenſualen De- lectationen ſehr cautè zu verfahren; ſo iſt hoͤchſtnoͤthig, daß er ſie bey Zeiten zu deren rechten Gebrauch anfuͤhre; Die Jrrthuͤmer ſo hier- bey vorlauffen, und ſehr conſiderabel ſind, ob ſie gleich ſchon von vielen, ihre gantze Lebens-Zeit, nicht be- mercket werden, wohl bekant ma- che, durch dar- zu dienli- che Mittel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/99
Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/99>, abgerufen am 27.11.2024.