Ein Sänger in den frommen Rittertagen, Ein kühner Streiter in dem heil'gen Lande, Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande, Doch konnt' er dies noch seinem Diener sagen:
"Verschleuß mein Herz, wann es nun ausgeschlagen, In jener Urne, die vom Heimathstrande Ich hergebracht mit manchem Liebespfande! Drin sollt du es zu meiner Herrin tragen!" --
So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert, Verblute, fern von dir, in Liebesschmerzen, Schon decket meine Wangen Todesblässe.
Wann deinen Sänger Grabesnacht umschleiert, Empfange du das treuste aller Herzen In des Sonettes goldenem Gefässe!
Uhlands Gedichte. 7
Vermächtniß.
Ein Sänger in den frommen Rittertagen, Ein kühner Streiter in dem heil’gen Lande, Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande, Doch konnt’ er dies noch ſeinem Diener ſagen:
„Verſchleuß mein Herz, wann es nun ausgeſchlagen, In jener Urne, die vom Heimathſtrande Ich hergebracht mit manchem Liebespfande! Drin ſollt du es zu meiner Herrin tragen!“ —
So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert, Verblute, fern von dir, in Liebesſchmerzen, Schon decket meine Wangen Todesbläſſe.
Wann deinen Sänger Grabesnacht umſchleiert, Empfange du das treuſte aller Herzen In des Sonettes goldenem Gefäſſe!
Uhlands Gedichte. 7
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[[97]/0103]
Vermächtniß.
Ein Sänger in den frommen Rittertagen,
Ein kühner Streiter in dem heil’gen Lande,
Durchbohrt von Pfeilen, lag er auf dem Sande,
Doch konnt’ er dies noch ſeinem Diener ſagen:
„Verſchleuß mein Herz, wann es nun ausgeſchlagen,
In jener Urne, die vom Heimathſtrande
Ich hergebracht mit manchem Liebespfande!
Drin ſollt du es zu meiner Herrin tragen!“ —
So ich, Geliebte! der nur dich gefeiert,
Verblute, fern von dir, in Liebesſchmerzen,
Schon decket meine Wangen Todesbläſſe.
Wann deinen Sänger Grabesnacht umſchleiert,
Empfange du das treuſte aller Herzen
In des Sonettes goldenem Gefäſſe!
Uhlands Gedichte. 7
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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. [97]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/103>, abgerufen am 16.07.2024.
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