Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.An Kerner. Es war in traurigen Novembertagen, Ich war gewallt zum stillen Tannenhaine Und stand gelehnet an der höchsten eine, Da hielt ich deine Lieder aufgeschlagen. Versunken war ich in die frommen Sagen: Bald kniet' ich vor Sankt Albans Wundersteine, Bald schaut' ich Regiswind im Rosenscheine, Bald sah ich Helicena's Münster ragen. Welch lieblich Wunder wirkten deine Lieder! Die Höh' erschien in goldnem Maienstrale Und Frühlingsruf ertönte durch die Wipfel. Doch bald verschwand der Wunderfrühling wieder, Er durfte nicht sich senken in die Thale, Im Fluge streift' er nur der Erde Gipfel. An Kerner. Es war in traurigen Novembertagen, Ich war gewallt zum ſtillen Tannenhaine Und ſtand gelehnet an der höchſten eine, Da hielt ich deine Lieder aufgeſchlagen. Verſunken war ich in die frommen Sagen: Bald kniet’ ich vor Sankt Albans Wunderſteine, Bald ſchaut’ ich Regiswind im Roſenſcheine, Bald ſah ich Helicena’s Münſter ragen. Welch lieblich Wunder wirkten deine Lieder! Die Höh’ erſchien in goldnem Maienſtrale Und Frühlingsruf ertönte durch die Wipfel. Doch bald verſchwand der Wunderfrühling wieder, Er durfte nicht ſich ſenken in die Thale, Im Fluge ſtreift’ er nur der Erde Gipfel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0106" n="100"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">An Kerner</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es war in traurigen Novembertagen,</l><lb/> <l>Ich war gewallt zum ſtillen Tannenhaine</l><lb/> <l>Und ſtand gelehnet an der höchſten eine,</l><lb/> <l>Da hielt ich deine Lieder aufgeſchlagen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Verſunken war ich in die frommen Sagen:</l><lb/> <l>Bald kniet’ ich vor Sankt Albans Wunderſteine,</l><lb/> <l>Bald ſchaut’ ich Regiswind im Roſenſcheine,</l><lb/> <l>Bald ſah ich Helicena’s Münſter ragen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Welch lieblich Wunder wirkten deine Lieder!</l><lb/> <l>Die Höh’ erſchien in goldnem Maienſtrale</l><lb/> <l>Und Frühlingsruf ertönte durch die Wipfel.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Doch bald verſchwand der Wunderfrühling wieder,</l><lb/> <l>Er durfte nicht ſich ſenken in die Thale,</l><lb/> <l>Im Fluge ſtreift’ er nur der Erde Gipfel.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [100/0106]
An Kerner.
Es war in traurigen Novembertagen,
Ich war gewallt zum ſtillen Tannenhaine
Und ſtand gelehnet an der höchſten eine,
Da hielt ich deine Lieder aufgeſchlagen.
Verſunken war ich in die frommen Sagen:
Bald kniet’ ich vor Sankt Albans Wunderſteine,
Bald ſchaut’ ich Regiswind im Roſenſcheine,
Bald ſah ich Helicena’s Münſter ragen.
Welch lieblich Wunder wirkten deine Lieder!
Die Höh’ erſchien in goldnem Maienſtrale
Und Frühlingsruf ertönte durch die Wipfel.
Doch bald verſchwand der Wunderfrühling wieder,
Er durfte nicht ſich ſenken in die Thale,
Im Fluge ſtreift’ er nur der Erde Gipfel.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |