Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.2. Nach Hohem, Würd'gem nur hast du gerungen, Das Kleinliche verschmähend, wie das Wilde; So faßtest du in kräftige Gebilde Das wundervolle Lied der Nibelungen. Schon hatte Hagens Größe dich durchdrungen, Schon stand vor dir die Rächerin Chriemhilde, Vor Allem aber rührte dich die Milde Des edeln Sifrids, Giselhers, des jungen. Mit Fug ward Giselher von dir beklaget, Der blühend hinsank in des Kampfs Bedrängniß, Dich selbst hat nun so früher Tod erjaget. Warst du vielleicht zu innig schon versunken In jenes Lied, deß furchtbares Verhängniß Zum Tode Jedem, nun auch dir, gewunken? 2. Nach Hohem, Würd’gem nur haſt du gerungen, Das Kleinliche verſchmähend, wie das Wilde; So faßteſt du in kräftige Gebilde Das wundervolle Lied der Nibelungen. Schon hatte Hagens Größe dich durchdrungen, Schon ſtand vor dir die Rächerin Chriemhilde, Vor Allem aber rührte dich die Milde Des edeln Sifrids, Giſelhers, des jungen. Mit Fug ward Giſelher von dir beklaget, Der blühend hinſank in des Kampfs Bedrängniß, Dich ſelbſt hat nun ſo früher Tod erjaget. Warſt du vielleicht zu innig ſchon verſunken In jenes Lied, deß furchtbares Verhängniß Zum Tode Jedem, nun auch dir, gewunken? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0108" n="102"/> <div n="3"> <head>2.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Nach Hohem, Würd’gem nur haſt du gerungen,</l><lb/> <l>Das Kleinliche verſchmähend, wie das Wilde;</l><lb/> <l>So faßteſt du in kräftige Gebilde</l><lb/> <l>Das wundervolle Lied der Nibelungen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Schon hatte Hagens Größe dich durchdrungen,</l><lb/> <l>Schon ſtand vor dir die Rächerin Chriemhilde,</l><lb/> <l>Vor Allem aber rührte dich die Milde</l><lb/> <l>Des edeln Sifrids, Giſelhers, des jungen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Mit Fug ward Giſelher von dir beklaget,</l><lb/> <l>Der blühend hinſank in des Kampfs Bedrängniß,</l><lb/> <l>Dich ſelbſt hat nun ſo früher Tod erjaget.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Warſt du vielleicht zu innig ſchon verſunken</l><lb/> <l>In jenes Lied, deß furchtbares Verhängniß</l><lb/> <l>Zum Tode Jedem, nun auch dir, gewunken?</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0108]
2.
Nach Hohem, Würd’gem nur haſt du gerungen,
Das Kleinliche verſchmähend, wie das Wilde;
So faßteſt du in kräftige Gebilde
Das wundervolle Lied der Nibelungen.
Schon hatte Hagens Größe dich durchdrungen,
Schon ſtand vor dir die Rächerin Chriemhilde,
Vor Allem aber rührte dich die Milde
Des edeln Sifrids, Giſelhers, des jungen.
Mit Fug ward Giſelher von dir beklaget,
Der blühend hinſank in des Kampfs Bedrängniß,
Dich ſelbſt hat nun ſo früher Tod erjaget.
Warſt du vielleicht zu innig ſchon verſunken
In jenes Lied, deß furchtbares Verhängniß
Zum Tode Jedem, nun auch dir, gewunken?
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