Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.
Manch heiße Schlacht zur See und am Gestad, Auch manchesmal im Süden oder Osten Auf blüh'ndem Strand zusammen ausgeruht; Jetzt ruhten sie daheim auf ihren Burgen, In gleiche Trauer Beide tief versenkt, Denn Jeder hatt' ein treues Ehgemahl Unlängst begleitet nach der Ahnengruft. Doch sproßt' auch Jedem aus dem düstern Gram Ein süßes, ahnungsvolles Glück heraüf: Dem Einen blüht' ein muntrer Sohn, Der Andre pflegt' ein liebes Töchterlein. Um ihren alten Freundschaftsbund zu krönen Und daurendes Gedächtniß ihm zu stiften, Beschlossen sie, die theuern Sprößlinge Dereinst durch heil'ge Bande zu verknüpfen. Zween goldne Ringe ließen sie bereiten, Die man, den zarten Fingern noch zu weit, An bunten Bändern um die Hälschen hing. Ein Sapphir, wie des Mägdleins Auge blau, War in des jungen Grafen Ring gefügt, Im andern glüht' ein rosenrother Stein, Recht wie des Knaben frisches Wangenblut. Richard. Ein rosenrother Stein im goldnen Reif, Das war des Mädchens Schmuck? verstand ich's wohl? Balder. Ja! wie du sagst, doch kömmt's darauf nicht an. Schon wuchs der Knabe hoch und schlank herauf, In Waffenspielen ward er früh geübt, Schon tummelt' er ein kleines, schmuckes Roß. Nicht soll er, wie der Vater, einst das Meer Uhlands Gedichte. 10
Manch heiße Schlacht zur See und am Geſtad, Auch manchesmal im Süden oder Oſten Auf blüh’ndem Strand zuſammen ausgeruht; Jetzt ruhten ſie daheim auf ihren Burgen, In gleiche Trauer Beide tief verſenkt, Denn Jeder hatt’ ein treues Ehgemahl Unlängſt begleitet nach der Ahnengruft. Doch ſproßt’ auch Jedem aus dem düſtern Gram Ein ſüßes, ahnungsvolles Glück heraüf: Dem Einen blüht’ ein muntrer Sohn, Der Andre pflegt’ ein liebes Töchterlein. Um ihren alten Freundſchaftsbund zu krönen Und daurendes Gedächtniß ihm zu ſtiften, Beſchloſſen ſie, die theuern Sprößlinge Dereinſt durch heil’ge Bande zu verknüpfen. Zween goldne Ringe ließen ſie bereiten, Die man, den zarten Fingern noch zu weit, An bunten Bändern um die Hälschen hing. Ein Sapphir, wie des Mägdleins Auge blau, War in des jungen Grafen Ring gefügt, Im andern glüht’ ein roſenrother Stein, Recht wie des Knaben friſches Wangenblut. Richard. Ein roſenrother Stein im goldnen Reif, Das war des Mädchens Schmuck? verſtand ich’s wohl? Balder. Ja! wie du ſagſt, doch kömmt’s darauf nicht an. Schon wuchs der Knabe hoch und ſchlank herauf, In Waffenſpielen ward er früh geübt, Schon tummelt’ er ein kleines, ſchmuckes Roß. Nicht ſoll er, wie der Vater, einſt das Meer Uhlands Gedichte. 10
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Manch heiße Schlacht zur See und am Geſtad,
Auch manchesmal im Süden oder Oſten
Auf blüh’ndem Strand zuſammen ausgeruht;
Jetzt ruhten ſie daheim auf ihren Burgen,
In gleiche Trauer Beide tief verſenkt,
Denn Jeder hatt’ ein treues Ehgemahl
Unlängſt begleitet nach der Ahnengruft.
Doch ſproßt’ auch Jedem aus dem düſtern Gram
Ein ſüßes, ahnungsvolles Glück heraüf:
Dem Einen blüht’ ein muntrer Sohn,
Der Andre pflegt’ ein liebes Töchterlein.
Um ihren alten Freundſchaftsbund zu krönen
Und daurendes Gedächtniß ihm zu ſtiften,
Beſchloſſen ſie, die theuern Sprößlinge
Dereinſt durch heil’ge Bande zu verknüpfen.
Zween goldne Ringe ließen ſie bereiten,
Die man, den zarten Fingern noch zu weit,
An bunten Bändern um die Hälschen hing.
Ein Sapphir, wie des Mägdleins Auge blau,
War in des jungen Grafen Ring gefügt,
Im andern glüht’ ein roſenrother Stein,
Recht wie des Knaben friſches Wangenblut.
Richard.
Ein roſenrother Stein im goldnen Reif,
Das war des Mädchens Schmuck? verſtand ich’s wohl?
Balder.
Ja! wie du ſagſt, doch kömmt’s darauf nicht an.
Schon wuchs der Knabe hoch und ſchlank herauf,
In Waffenſpielen ward er früh geübt,
Schon tummelt’ er ein kleines, ſchmuckes Roß.
Nicht ſoll er, wie der Vater, einſt das Meer
Uhlands Gedichte. 10
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