Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
"Herr Bruder! und hast du noch keinen Strauß,
Dort winken und wanken viel Blumen heraus.
Wohlauf, du Schönste von Allen,
Laß ein Sträußlein herunterfallen!"
"Ihr Brüder, was sollte das Sträußlein mir?
Ich hab' ja kein liebes Liebchen, wie ihr.
An der Sonne würd' es vergehen,
Der Wind, der würd' es verwehen."
Und weiter, ja weiter mit Sang und mit Klang!
Und das Mägdlein lauschet und horchet noch lang.
"O weh! er ziehet, der Knabe,
Den ich stille geliebet habe.
Da steh' ich, ach! mit der Liebe mein,
Mit Rosen und mit Gelbveigelein;
Dem ich Alles gäbe so gerne,
Der ist nun in der Ferne."

„Herr Bruder! und haſt du noch keinen Strauß,
Dort winken und wanken viel Blumen heraus.
Wohlauf, du Schönſte von Allen,
Laß ein Sträußlein herunterfallen!“
„Ihr Brüder, was ſollte das Sträußlein mir?
Ich hab’ ja kein liebes Liebchen, wie ihr.
An der Sonne würd’ es vergehen,
Der Wind, der würd’ es verwehen.“
Und weiter, ja weiter mit Sang und mit Klang!
Und das Mägdlein lauſchet und horchet noch lang.
„O weh! er ziehet, der Knabe,
Den ich ſtille geliebet habe.
Da ſteh’ ich, ach! mit der Liebe mein,
Mit Roſen und mit Gelbveigelein;
Dem ich Alles gäbe ſo gerne,
Der iſt nun in der Ferne.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0184" n="178"/>
            <lg n="6">
              <l>&#x201E;Herr Bruder! und ha&#x017F;t du noch keinen Strauß,</l><lb/>
              <l>Dort winken und wanken viel Blumen heraus.</l><lb/>
              <l>Wohlauf, du Schön&#x017F;te von Allen,</l><lb/>
              <l>Laß ein Sträußlein herunterfallen!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>&#x201E;Ihr Brüder, was &#x017F;ollte das Sträußlein mir?</l><lb/>
              <l>Ich hab&#x2019; ja kein liebes Liebchen, wie ihr.</l><lb/>
              <l>An der Sonne würd&#x2019; es vergehen,</l><lb/>
              <l>Der Wind, der würd&#x2019; es verwehen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Und weiter, ja weiter mit Sang und mit Klang!</l><lb/>
              <l>Und das Mägdlein lau&#x017F;chet und horchet noch lang.</l><lb/>
              <l>&#x201E;O weh! er ziehet, der Knabe,</l><lb/>
              <l>Den ich &#x017F;tille geliebet habe.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Da &#x017F;teh&#x2019; ich, ach! mit der Liebe mein,</l><lb/>
              <l>Mit Ro&#x017F;en und mit Gelbveigelein;</l><lb/>
              <l>Dem ich Alles gäbe &#x017F;o gerne,</l><lb/>
              <l>Der i&#x017F;t nun in der Ferne.&#x201C;</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0184] „Herr Bruder! und haſt du noch keinen Strauß, Dort winken und wanken viel Blumen heraus. Wohlauf, du Schönſte von Allen, Laß ein Sträußlein herunterfallen!“ „Ihr Brüder, was ſollte das Sträußlein mir? Ich hab’ ja kein liebes Liebchen, wie ihr. An der Sonne würd’ es vergehen, Der Wind, der würd’ es verwehen.“ Und weiter, ja weiter mit Sang und mit Klang! Und das Mägdlein lauſchet und horchet noch lang. „O weh! er ziehet, der Knabe, Den ich ſtille geliebet habe. Da ſteh’ ich, ach! mit der Liebe mein, Mit Roſen und mit Gelbveigelein; Dem ich Alles gäbe ſo gerne, Der iſt nun in der Ferne.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/184
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/184>, abgerufen am 22.11.2024.