Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Sie trug ihn auf den Armen Zum Gotteshaus hinab; Sie legt' ihn mit Erbarmen In seiner Väter Grab. Die Kett', die ihr am Halse schien, Die zog sie fest zusammen, Und sank zum Lieb dahin. 2. Zwei Fräulein sahn vom Schlosse Hinab in's tiefe Thal. Ihr Vater kam zu Rosse, Er trug ein Kleid von Stahl. "Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm! Was bringst du deinen Kindern? Wir waren beide fromm." "Mein Kind im grünen Kleide! Heut hab' ich dein gedacht. Die Jagd ist deine Freude Bei Tag und auch bei Nacht. Den Spieß an goldnem Bande hier Nahm ich dem wilden Jäger, Gab ihm den Tod dafür." Sie trug ihn auf den Armen Zum Gotteshaus hinab; Sie legt’ ihn mit Erbarmen In ſeiner Väter Grab. Die Kett’, die ihr am Halſe ſchien, Die zog ſie feſt zuſammen, Und ſank zum Lieb dahin. 2. Zwei Fräulein ſahn vom Schloſſe Hinab in’s tiefe Thal. Ihr Vater kam zu Roſſe, Er trug ein Kleid von Stahl. „Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm! Was bringſt du deinen Kindern? Wir waren beide fromm.“ „Mein Kind im grünen Kleide! Heut hab’ ich dein gedacht. Die Jagd iſt deine Freude Bei Tag und auch bei Nacht. Den Spieß an goldnem Bande hier Nahm ich dem wilden Jäger, Gab ihm den Tod dafür.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0188" n="182"/> <lg n="4"> <l>Sie trug ihn auf den Armen</l><lb/> <l>Zum Gotteshaus hinab;</l><lb/> <l>Sie legt’ ihn mit Erbarmen</l><lb/> <l>In ſeiner Väter Grab.</l><lb/> <l>Die Kett’, die ihr am Halſe ſchien,</l><lb/> <l>Die zog ſie feſt zuſammen,</l><lb/> <l>Und ſank zum Lieb dahin.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>2.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zwei Fräulein ſahn vom Schloſſe</l><lb/> <l>Hinab in’s tiefe Thal.</l><lb/> <l>Ihr Vater kam zu Roſſe,</l><lb/> <l>Er trug ein Kleid von Stahl.</l><lb/> <l>„Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm!</l><lb/> <l>Was bringſt du deinen Kindern?</l><lb/> <l>Wir waren beide fromm.“</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>„Mein Kind im grünen Kleide!</l><lb/> <l>Heut hab’ ich dein gedacht.</l><lb/> <l>Die Jagd iſt deine Freude</l><lb/> <l>Bei Tag und auch bei Nacht.</l><lb/> <l>Den Spieß an goldnem Bande hier</l><lb/> <l>Nahm ich dem wilden Jäger,</l><lb/> <l>Gab ihm den Tod dafür.“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0188]
Sie trug ihn auf den Armen
Zum Gotteshaus hinab;
Sie legt’ ihn mit Erbarmen
In ſeiner Väter Grab.
Die Kett’, die ihr am Halſe ſchien,
Die zog ſie feſt zuſammen,
Und ſank zum Lieb dahin.
2.
Zwei Fräulein ſahn vom Schloſſe
Hinab in’s tiefe Thal.
Ihr Vater kam zu Roſſe,
Er trug ein Kleid von Stahl.
„Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm!
Was bringſt du deinen Kindern?
Wir waren beide fromm.“
„Mein Kind im grünen Kleide!
Heut hab’ ich dein gedacht.
Die Jagd iſt deine Freude
Bei Tag und auch bei Nacht.
Den Spieß an goldnem Bande hier
Nahm ich dem wilden Jäger,
Gab ihm den Tod dafür.“
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/188>, abgerufen am 22.07.2024. |