Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Siegfrieds Schwerdt. Jung Siegfried war ein stolzer Knab, Ging von des Vaters Burg herab. Wollt' rasten nicht in Vaters Haus, Wollt' wandern in alle Welt hinaus. Begegnet' ihm mancher Ritter werth Mit festem Schild und breitem Schwerdt. Siegfried nur einen Stecken trug, Das war ihm bitter und leid genug. Und als er ging im finstern Wald, Kam er zu einer Schmiede bald. Da sah er Eisen und Stahl genug, Ein lustig Feuer Flammen schlug. "O Meister, liebster Meister mein! Laß du mich deinen Gesellen seyn! Und lehr du mich mit Fleiß und Acht, Wie man die guten Schwerdter macht!" Siegfried den Hammer wohl schwingen kunnt, Er schlug den Ambos in den Grund. Siegfrieds Schwerdt. Jung Siegfried war ein ſtolzer Knab, Ging von des Vaters Burg herab. Wollt’ raſten nicht in Vaters Haus, Wollt’ wandern in alle Welt hinaus. Begegnet’ ihm mancher Ritter werth Mit feſtem Schild und breitem Schwerdt. Siegfried nur einen Stecken trug, Das war ihm bitter und leid genug. Und als er ging im finſtern Wald, Kam er zu einer Schmiede bald. Da ſah er Eiſen und Stahl genug, Ein luſtig Feuer Flammen ſchlug. „O Meiſter, liebſter Meiſter mein! Laß du mich deinen Geſellen ſeyn! Und lehr du mich mit Fleiß und Acht, Wie man die guten Schwerdter macht!“ Siegfried den Hammer wohl ſchwingen kunnt, Er ſchlug den Ambos in den Grund. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0297" n="291"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Siegfrieds Schwerdt</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Jung Siegfried war ein ſtolzer Knab,</l><lb/> <l>Ging von des Vaters Burg herab.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wollt’ raſten nicht in Vaters Haus,</l><lb/> <l>Wollt’ wandern in alle Welt hinaus.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Begegnet’ ihm mancher Ritter werth</l><lb/> <l>Mit feſtem Schild und breitem Schwerdt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Siegfried nur einen Stecken trug,</l><lb/> <l>Das war ihm bitter und leid genug.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und als er ging im finſtern Wald,</l><lb/> <l>Kam er zu einer Schmiede bald.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da ſah er Eiſen und Stahl genug,</l><lb/> <l>Ein luſtig Feuer Flammen ſchlug.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>„O Meiſter, liebſter Meiſter mein!</l><lb/> <l>Laß du mich deinen Geſellen ſeyn!</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und lehr du mich mit Fleiß und Acht,</l><lb/> <l>Wie man die guten Schwerdter macht!“</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Siegfried den Hammer wohl ſchwingen kunnt,</l><lb/> <l>Er ſchlug den Ambos in den Grund.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [291/0297]
Siegfrieds Schwerdt.
Jung Siegfried war ein ſtolzer Knab,
Ging von des Vaters Burg herab.
Wollt’ raſten nicht in Vaters Haus,
Wollt’ wandern in alle Welt hinaus.
Begegnet’ ihm mancher Ritter werth
Mit feſtem Schild und breitem Schwerdt.
Siegfried nur einen Stecken trug,
Das war ihm bitter und leid genug.
Und als er ging im finſtern Wald,
Kam er zu einer Schmiede bald.
Da ſah er Eiſen und Stahl genug,
Ein luſtig Feuer Flammen ſchlug.
„O Meiſter, liebſter Meiſter mein!
Laß du mich deinen Geſellen ſeyn!
Und lehr du mich mit Fleiß und Acht,
Wie man die guten Schwerdter macht!“
Siegfried den Hammer wohl ſchwingen kunnt,
Er ſchlug den Ambos in den Grund.
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/297>, abgerufen am 16.06.2024. |