Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.So edle Dame darf nicht fern Von meinem Hofe seyn. Wohlauf, drei Damen! auf, drei Herru! Führt sie zu mir herein!" Klein Roland trägt den Becher flink Hinaus zum Prunkgemach; Drei Damen, auf des Königs Wink, Drei Ritter folgen nach. Es stund nur an eine kleine Weil', Der König schaut in die Fern', Da kehren schon zurück mit Eil' Die Damen und die Herrn. Der König ruft mit einem Mal: "Hilf Himmel! seh' ich recht? Ich hab' verspottet im offnen Saal Mein eigenes Geschlecht. Hilf Himmel! Schwester Berta, bleich, Im grauen Pilgergewand! Hilf Himmel! in meinem Prunksaal reich Den Bettelstab in der Hand!" Frau Berta fällt zu Füßen ihm, Das bleiche Frauenbild. Da regt sich plötzlich der alte Grimm, Er blickt sie an so wild. So edle Dame darf nicht fern Von meinem Hofe ſeyn. Wohlauf, drei Damen! auf, drei Herru! Führt ſie zu mir herein!“ Klein Roland trägt den Becher flink Hinaus zum Prunkgemach; Drei Damen, auf des Königs Wink, Drei Ritter folgen nach. Es ſtund nur an eine kleine Weil’, Der König ſchaut in die Fern’, Da kehren ſchon zurück mit Eil’ Die Damen und die Herrn. Der König ruft mit einem Mal: „Hilf Himmel! ſeh’ ich recht? Ich hab’ verſpottet im offnen Saal Mein eigenes Geſchlecht. Hilf Himmel! Schweſter Berta, bleich, Im grauen Pilgergewand! Hilf Himmel! in meinem Prunkſaal reich Den Bettelſtab in der Hand!“ Frau Berta fällt zu Füßen ihm, Das bleiche Frauenbild. Da regt ſich plötzlich der alte Grimm, Er blickt ſie an ſo wild. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0303" n="297"/> <lg n="24"> <l>So edle Dame darf nicht fern</l><lb/> <l>Von meinem Hofe ſeyn.</l><lb/> <l>Wohlauf, drei Damen! auf, drei Herru!</l><lb/> <l>Führt ſie zu mir herein!“</l> </lg><lb/> <lg n="25"> <l>Klein Roland trägt den Becher flink</l><lb/> <l>Hinaus zum Prunkgemach;</l><lb/> <l>Drei Damen, auf des Königs Wink,</l><lb/> <l>Drei Ritter folgen nach.</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>Es ſtund nur an eine kleine Weil’,</l><lb/> <l>Der König ſchaut in die Fern’,</l><lb/> <l>Da kehren ſchon zurück mit Eil’</l><lb/> <l>Die Damen und die Herrn.</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>Der König ruft mit einem Mal:</l><lb/> <l>„Hilf Himmel! ſeh’ ich recht?</l><lb/> <l>Ich hab’ verſpottet im offnen Saal</l><lb/> <l>Mein eigenes Geſchlecht.</l> </lg><lb/> <lg n="28"> <l>Hilf Himmel! Schweſter Berta, bleich,</l><lb/> <l>Im grauen Pilgergewand!</l><lb/> <l>Hilf Himmel! in meinem Prunkſaal reich</l><lb/> <l>Den Bettelſtab in der Hand!“</l> </lg><lb/> <lg n="29"> <l>Frau Berta fällt zu Füßen ihm,</l><lb/> <l>Das bleiche Frauenbild.</l><lb/> <l>Da regt ſich plötzlich der alte Grimm,</l><lb/> <l>Er blickt ſie an ſo wild.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [297/0303]
So edle Dame darf nicht fern
Von meinem Hofe ſeyn.
Wohlauf, drei Damen! auf, drei Herru!
Führt ſie zu mir herein!“
Klein Roland trägt den Becher flink
Hinaus zum Prunkgemach;
Drei Damen, auf des Königs Wink,
Drei Ritter folgen nach.
Es ſtund nur an eine kleine Weil’,
Der König ſchaut in die Fern’,
Da kehren ſchon zurück mit Eil’
Die Damen und die Herrn.
Der König ruft mit einem Mal:
„Hilf Himmel! ſeh’ ich recht?
Ich hab’ verſpottet im offnen Saal
Mein eigenes Geſchlecht.
Hilf Himmel! Schweſter Berta, bleich,
Im grauen Pilgergewand!
Hilf Himmel! in meinem Prunkſaal reich
Den Bettelſtab in der Hand!“
Frau Berta fällt zu Füßen ihm,
Das bleiche Frauenbild.
Da regt ſich plötzlich der alte Grimm,
Er blickt ſie an ſo wild.
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