Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Wunder.

Sie war ein Kind vor wenig Tagen,
Sie ist es nicht mehr, wahrlich nein!
Bald ist die Blume aufgeschlagen,
Bald hüllt sie halb sich wieder ein.
Wen kann ich um das Wunder fragen?
Wie? oder täuscht mich holder Schein?
Sie spricht so ganz mit Kindersinne,
So fromm ist ihrer Augen Spiel;
Doch großer Dinge werd' ich inne,
Ich schau' in Tiefen ohne Ziel.
Ja! Wunder sind's der süßen Minne,
Die Minne hat der Wunder viel.

Wunder.

Sie war ein Kind vor wenig Tagen,
Sie iſt es nicht mehr, wahrlich nein!
Bald iſt die Blume aufgeſchlagen,
Bald hüllt ſie halb ſich wieder ein.
Wen kann ich um das Wunder fragen?
Wie? oder täuſcht mich holder Schein?
Sie ſpricht ſo ganz mit Kinderſinne,
So fromm iſt ihrer Augen Spiel;
Doch großer Dinge werd’ ich inne,
Ich ſchau’ in Tiefen ohne Ziel.
Ja! Wunder ſind’s der ſüßen Minne,
Die Minne hat der Wunder viel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0032" n="26"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Wunder</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Sie war ein Kind vor wenig Tagen,</l><lb/>
              <l>Sie i&#x017F;t es nicht mehr, wahrlich nein!</l><lb/>
              <l>Bald i&#x017F;t die Blume aufge&#x017F;chlagen,</l><lb/>
              <l>Bald hüllt &#x017F;ie halb &#x017F;ich wieder ein.</l><lb/>
              <l>Wen kann ich um das Wunder fragen?</l><lb/>
              <l>Wie? oder täu&#x017F;cht mich holder Schein?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Sie &#x017F;pricht &#x017F;o ganz mit Kinder&#x017F;inne,</l><lb/>
              <l>So fromm i&#x017F;t ihrer Augen Spiel;</l><lb/>
              <l>Doch großer Dinge werd&#x2019; ich inne,</l><lb/>
              <l>Ich &#x017F;chau&#x2019; in Tiefen ohne Ziel.</l><lb/>
              <l>Ja! Wunder &#x017F;ind&#x2019;s der &#x017F;üßen Minne,</l><lb/>
              <l>Die Minne hat der Wunder viel.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0032] Wunder. Sie war ein Kind vor wenig Tagen, Sie iſt es nicht mehr, wahrlich nein! Bald iſt die Blume aufgeſchlagen, Bald hüllt ſie halb ſich wieder ein. Wen kann ich um das Wunder fragen? Wie? oder täuſcht mich holder Schein? Sie ſpricht ſo ganz mit Kinderſinne, So fromm iſt ihrer Augen Spiel; Doch großer Dinge werd’ ich inne, Ich ſchau’ in Tiefen ohne Ziel. Ja! Wunder ſind’s der ſüßen Minne, Die Minne hat der Wunder viel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/32
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/32>, abgerufen am 21.11.2024.