Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Mit wenig Edelknechten zieht er in's Land hinaus, Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht's auf blut'gen Strauß, In's Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt, Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder jüngt. Zu Hirschau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein Und trinkt bei Orgelschalle den kühlen Klosterwein. Dann gehts durch Tannenwälder in's grüne Thal gesprengt, Wo durch ihr Felsenbette die Enz sich rauschend drängt. Zu Wildbad an dem Markte, da steht ein stattlich Haus, Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus, Dort steigt der Graf vom Rosse, dort hält er gute Rast, Den Quell besucht er täglich, der ritterliche Gast. Wann er sich dann entkleidet und wenig ausgeruht Und sein Gebet gesprochen, so steigt er in die Flut; Er setzt sich stets zur Stelle, wo aus dem Felsenspalt Am heißesten und vollsten der edle Sprudel wallt. Ein angeschoßner Eber, der sich die Wunde wusch, Verrieth voreinst den Jägern den Quell in Kluft und Busch, Nun ist's dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib, Zu waschen und zu strecken den narbenvollen Leib. Da kömmt einsmals gesprungen sein jüngster Edelknab': "Herr Graf! es zieht ein Haufe das obre Thal herab. Sie tragen schwere Kolben, der Hauptmann führt im Schild Ein Röslein roth von Golde und einen Eber wild." Mit wenig Edelknechten zieht er in’s Land hinaus, Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht’s auf blut’gen Strauß, In’s Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entſpringt, Der Sieche heilt und kräftigt, der Greiſe wieder jüngt. Zu Hirſchau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein Und trinkt bei Orgelſchalle den kühlen Kloſterwein. Dann gehts durch Tannenwälder in’s grüne Thal geſprengt, Wo durch ihr Felſenbette die Enz ſich rauſchend drängt. Zu Wildbad an dem Markte, da ſteht ein ſtattlich Haus, Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus, Dort ſteigt der Graf vom Roſſe, dort hält er gute Raſt, Den Quell beſucht er täglich, der ritterliche Gaſt. Wann er ſich dann entkleidet und wenig ausgeruht Und ſein Gebet geſprochen, ſo ſteigt er in die Flut; Er ſetzt ſich ſtets zur Stelle, wo aus dem Felſenſpalt Am heißeſten und vollſten der edle Sprudel wallt. Ein angeſchoßner Eber, der ſich die Wunde wuſch, Verrieth voreinſt den Jägern den Quell in Kluft und Buſch, Nun iſt’s dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib, Zu waſchen und zu ſtrecken den narbenvollen Leib. Da kömmt einsmals geſprungen ſein jüngſter Edelknab’: „Herr Graf! es zieht ein Haufe das obre Thal herab. Sie tragen ſchwere Kolben, der Hauptmann führt im Schild Ein Röslein roth von Golde und einen Eber wild.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0320" n="314"/> <lg n="2"> <l>Mit wenig Edelknechten zieht er in’s Land hinaus,</l><lb/> <l>Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht’s auf blut’gen Strauß,</l><lb/> <l>In’s Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entſpringt,</l><lb/> <l>Der Sieche heilt und kräftigt, der Greiſe wieder jüngt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Zu Hirſchau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein</l><lb/> <l>Und trinkt bei Orgelſchalle den kühlen Kloſterwein.</l><lb/> <l>Dann gehts durch Tannenwälder in’s grüne Thal geſprengt,</l><lb/> <l>Wo durch ihr Felſenbette die Enz ſich rauſchend drängt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Zu Wildbad an dem Markte, da ſteht ein ſtattlich Haus,</l><lb/> <l>Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus,</l><lb/> <l>Dort ſteigt der Graf vom Roſſe, dort hält er gute Raſt,</l><lb/> <l>Den Quell beſucht er täglich, der ritterliche Gaſt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wann er ſich dann entkleidet und wenig ausgeruht</l><lb/> <l>Und ſein Gebet geſprochen, ſo ſteigt er in die Flut;</l><lb/> <l>Er ſetzt ſich ſtets zur Stelle, wo aus dem Felſenſpalt</l><lb/> <l>Am heißeſten und vollſten der edle Sprudel wallt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ein angeſchoßner Eber, der ſich die Wunde wuſch,</l><lb/> <l>Verrieth voreinſt den Jägern den Quell in Kluft und Buſch,</l><lb/> <l>Nun iſt’s dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib,</l><lb/> <l>Zu waſchen und zu ſtrecken den narbenvollen Leib.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Da kömmt einsmals geſprungen ſein jüngſter Edelknab’:</l><lb/> <l>„Herr Graf! es zieht ein Haufe das obre Thal herab.</l><lb/> <l>Sie tragen ſchwere Kolben, der Hauptmann führt im Schild</l><lb/> <l>Ein Röslein roth von Golde und einen Eber wild.“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [314/0320]
Mit wenig Edelknechten zieht er in’s Land hinaus,
Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht’s auf blut’gen Strauß,
In’s Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entſpringt,
Der Sieche heilt und kräftigt, der Greiſe wieder jüngt.
Zu Hirſchau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein
Und trinkt bei Orgelſchalle den kühlen Kloſterwein.
Dann gehts durch Tannenwälder in’s grüne Thal geſprengt,
Wo durch ihr Felſenbette die Enz ſich rauſchend drängt.
Zu Wildbad an dem Markte, da ſteht ein ſtattlich Haus,
Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus,
Dort ſteigt der Graf vom Roſſe, dort hält er gute Raſt,
Den Quell beſucht er täglich, der ritterliche Gaſt.
Wann er ſich dann entkleidet und wenig ausgeruht
Und ſein Gebet geſprochen, ſo ſteigt er in die Flut;
Er ſetzt ſich ſtets zur Stelle, wo aus dem Felſenſpalt
Am heißeſten und vollſten der edle Sprudel wallt.
Ein angeſchoßner Eber, der ſich die Wunde wuſch,
Verrieth voreinſt den Jägern den Quell in Kluft und Buſch,
Nun iſt’s dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib,
Zu waſchen und zu ſtrecken den narbenvollen Leib.
Da kömmt einsmals geſprungen ſein jüngſter Edelknab’:
„Herr Graf! es zieht ein Haufe das obre Thal herab.
Sie tragen ſchwere Kolben, der Hauptmann führt im Schild
Ein Röslein roth von Golde und einen Eber wild.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |