Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauser Wuth, Heut will der Städter baden im heißen Ritterblut. Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt! Wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt! Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod, Heut sprützt das Blut wie Regen, der Anger blühet roth. Stets drängender umschlossen und wüthender bestürmt, Ist rings von Bruderleichen die Ritterschaar umthürmt. Das Fähnlein ist verloren, Herr Ulrich blutet stark, Die noch am Leben blieben, sind müde bis in's Mark. Da haschen sie nach Rossen und schwingen sich darauf, Sie hauen durch, sie kommen zur festen Burg hinauf. "Ach Allm--" stöhnt' einst ein Ritter, ihn traf des Mörders Stoß -- Allmächt'ger! wollt' er rufen -- man hieß davon das Schloß. Herr Ulrich sinkt vom Sattel, halbtodt, voll Blut und Qualm, Hätt' nicht das Schloß den Namen, man hieß' es jetzt: Achalm. Wohl kömmt am andern Morgen zu Reutlingen an's Thor Manch trauervoller Knappe, der seinen Herrn verlor. Dort auf dem Rathhaus liegen die Todten all gereiht, Man führt dahin die Knechte mir sicherem Geleit. Dort liegen mehr denn sechszig, so blutig und so bleich, Nicht jeder Knapp' erkennet den todten Herrn sogleich. Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand Gewaschen und gekleidet in weisses Grabgewand. Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauſer Wuth, Heut will der Städter baden im heißen Ritterblut. Wie haben da die Gerber ſo meiſterlich gegerbt! Wie haben da die Färber ſo purpurroth gefärbt! Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod, Heut ſprützt das Blut wie Regen, der Anger blühet roth. Stets drängender umſchloſſen und wüthender beſtürmt, Iſt rings von Bruderleichen die Ritterſchaar umthürmt. Das Fähnlein iſt verloren, Herr Ulrich blutet ſtark, Die noch am Leben blieben, ſind müde bis in’s Mark. Da haſchen ſie nach Roſſen und ſchwingen ſich darauf, Sie hauen durch, ſie kommen zur feſten Burg hinauf. „Ach Allm—“ ſtöhnt’ einſt ein Ritter, ihn traf des Mörders Stoß — Allmächt’ger! wollt’ er rufen — man hieß davon das Schloß. Herr Ulrich ſinkt vom Sattel, halbtodt, voll Blut und Qualm, Hätt’ nicht das Schloß den Namen, man hieß’ es jetzt: Achalm. Wohl kömmt am andern Morgen zu Reutlingen an’s Thor Manch trauervoller Knappe, der ſeinen Herrn verlor. Dort auf dem Rathhaus liegen die Todten all gereiht, Man führt dahin die Knechte mir ſicherem Geleit. Dort liegen mehr denn ſechszig, ſo blutig und ſo bleich, Nicht jeder Knapp’ erkennet den todten Herrn ſogleich. Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand Gewaſchen und gekleidet in weiſſes Grabgewand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0326" n="320"/> <lg n="8"> <l>Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauſer Wuth,</l><lb/> <l>Heut will der Städter baden im heißen Ritterblut.</l><lb/> <l>Wie haben da die Gerber ſo meiſterlich gegerbt!</l><lb/> <l>Wie haben da die Färber ſo purpurroth gefärbt!</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod,</l><lb/> <l>Heut ſprützt das Blut wie Regen, der Anger blühet roth.</l><lb/> <l>Stets drängender umſchloſſen und wüthender beſtürmt,</l><lb/> <l>Iſt rings von Bruderleichen die Ritterſchaar umthürmt.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Das Fähnlein iſt verloren, Herr Ulrich blutet ſtark,</l><lb/> <l>Die noch am Leben blieben, ſind müde bis in’s Mark.</l><lb/> <l>Da haſchen ſie nach Roſſen und ſchwingen ſich darauf,</l><lb/> <l>Sie hauen durch, ſie kommen zur feſten Burg hinauf.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>„Ach Allm—“ ſtöhnt’ einſt ein Ritter, ihn traf des Mörders</l><lb/> <l>Stoß —</l><lb/> <l>Allmächt’ger! wollt’ er rufen — man hieß davon das Schloß.</l><lb/> <l>Herr Ulrich ſinkt vom Sattel, halbtodt, voll Blut und Qualm,</l><lb/> <l>Hätt’ nicht das Schloß den Namen, man hieß’ es jetzt: <hi rendition="#g">Achalm</hi>.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Wohl kömmt am andern Morgen zu Reutlingen an’s Thor</l><lb/> <l>Manch trauervoller Knappe, der ſeinen Herrn verlor.</l><lb/> <l>Dort auf dem Rathhaus liegen die Todten all gereiht,</l><lb/> <l>Man führt dahin die Knechte mir ſicherem Geleit.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Dort liegen mehr denn ſechszig, ſo blutig und ſo bleich,</l><lb/> <l>Nicht jeder Knapp’ erkennet den todten Herrn ſogleich.</l><lb/> <l>Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand</l><lb/> <l>Gewaſchen und gekleidet in weiſſes Grabgewand.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0326]
Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauſer Wuth,
Heut will der Städter baden im heißen Ritterblut.
Wie haben da die Gerber ſo meiſterlich gegerbt!
Wie haben da die Färber ſo purpurroth gefärbt!
Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod,
Heut ſprützt das Blut wie Regen, der Anger blühet roth.
Stets drängender umſchloſſen und wüthender beſtürmt,
Iſt rings von Bruderleichen die Ritterſchaar umthürmt.
Das Fähnlein iſt verloren, Herr Ulrich blutet ſtark,
Die noch am Leben blieben, ſind müde bis in’s Mark.
Da haſchen ſie nach Roſſen und ſchwingen ſich darauf,
Sie hauen durch, ſie kommen zur feſten Burg hinauf.
„Ach Allm—“ ſtöhnt’ einſt ein Ritter, ihn traf des Mörders
Stoß —
Allmächt’ger! wollt’ er rufen — man hieß davon das Schloß.
Herr Ulrich ſinkt vom Sattel, halbtodt, voll Blut und Qualm,
Hätt’ nicht das Schloß den Namen, man hieß’ es jetzt: Achalm.
Wohl kömmt am andern Morgen zu Reutlingen an’s Thor
Manch trauervoller Knappe, der ſeinen Herrn verlor.
Dort auf dem Rathhaus liegen die Todten all gereiht,
Man führt dahin die Knechte mir ſicherem Geleit.
Dort liegen mehr denn ſechszig, ſo blutig und ſo bleich,
Nicht jeder Knapp’ erkennet den todten Herrn ſogleich.
Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand
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