Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Mutter und Kind. Mutter. Blicke zum Himmel, mein Kind! dort wohnt dir ein seliger Bruder, Weil er mich nimmer betrübt, führten die Engel ihn hin. Kind. Daß kein Engel mich je von der liebenden Brust dir entführe, Mutter, so sage du mir, wie ich betrüben dich kann! Märznacht. Horch! wie brauset der Sturm und der schwellende Strom in der Nacht hin! Schaurig süßes Gefühl! lieblicher Frühling, du nahst! Im Mai. Blumen und Blüthen wie licht, und das Glorierlaub um die Bäume! Bleib nur, Himmel, bewölkt! Erde hat eigenen Glanz. Tausch. Als der Wind sich erhob, da flog, zerblättert, die Blume, Aber der Schmetterling setzt' in dem Laub sich fest. Mutter und Kind. Mutter. Blicke zum Himmel, mein Kind! dort wohnt dir ein ſeliger Bruder, Weil er mich nimmer betrübt, führten die Engel ihn hin. Kind. Daß kein Engel mich je von der liebenden Bruſt dir entführe, Mutter, ſo ſage du mir, wie ich betrüben dich kann! Märznacht. Horch! wie brauſet der Sturm und der ſchwellende Strom in der Nacht hin! Schaurig ſüßes Gefühl! lieblicher Frühling, du nahſt! Im Mai. Blumen und Blüthen wie licht, und das Glorierlaub um die Bäume! Bleib nur, Himmel, bewölkt! Erde hat eigenen Glanz. Tauſch. Als der Wind ſich erhob, da flog, zerblättert, die Blume, Aber der Schmetterling ſetzt’ in dem Laub ſich feſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" n="88"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Mutter und Kind</hi>.</head><lb/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Blicke zum Himmel, mein Kind! dort wohnt dir ein ſeliger</l><lb/> <l>Bruder,</l><lb/> <l>Weil er mich nimmer betrübt, führten die Engel ihn hin.</l> </lg> </lg><lb/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Kind</hi>.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Daß kein Engel mich je von der liebenden Bruſt dir entführe,</l><lb/> <l>Mutter, ſo ſage du mir, wie ich betrüben dich kann!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Märznacht</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Horch! wie brauſet der Sturm und der ſchwellende Strom in</l><lb/> <l>der Nacht hin!</l><lb/> <l>Schaurig ſüßes Gefühl! lieblicher Frühling, du nahſt!</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Im Mai</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Blumen und Blüthen wie licht, und das Glorierlaub um</l><lb/> <l>die Bäume!</l><lb/> <l>Bleib nur, Himmel, bewölkt! Erde hat eigenen Glanz.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Tauſch</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Als der Wind ſich erhob, da flog, zerblättert, die Blume,</l><lb/> <l>Aber der Schmetterling ſetzt’ in dem Laub ſich feſt.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0094]
Mutter und Kind.
Mutter.
Blicke zum Himmel, mein Kind! dort wohnt dir ein ſeliger
Bruder,
Weil er mich nimmer betrübt, führten die Engel ihn hin.
Kind.
Daß kein Engel mich je von der liebenden Bruſt dir entführe,
Mutter, ſo ſage du mir, wie ich betrüben dich kann!
Märznacht.
Horch! wie brauſet der Sturm und der ſchwellende Strom in
der Nacht hin!
Schaurig ſüßes Gefühl! lieblicher Frühling, du nahſt!
Im Mai.
Blumen und Blüthen wie licht, und das Glorierlaub um
die Bäume!
Bleib nur, Himmel, bewölkt! Erde hat eigenen Glanz.
Tauſch.
Als der Wind ſich erhob, da flog, zerblättert, die Blume,
Aber der Schmetterling ſetzt’ in dem Laub ſich feſt.
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