Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.Das VIII. Capitul Was trotzt der arme Mensch auf Kräfften und Gelücke, Diß alles ist der Morgenröthe gleich, Dem Glücke folgt der Fall, den Kräfften folgt die Krücke, Was früh dem Purpur gleicht, das macht der Abend bleich, Ein Augenblick zureißt die Freuden-Saiten, Und vor das Lust-Haus muß man uns den Sarg bereiten. Diese Worte, sage ich, könte man folgender massen imitiren: Was trotzt der arme Mensch doch auf Gelehrsamkeit, Dieselbe bleibet wohl der Morgenröthe gleich, Dem Wissen folgt das Nichts, der Zeit folgt Ewigkeit, Was früh dem Purpur gleicht, das macht der Abend bleich. Ein Augenblick verderbt so viel Geschicklichkeiten, Und vors Museum muß man uns das Grab bereiten. II. Wenn ich eines andern Worte und Redens-Ar- ten nicht behalte, sondern nur nach denselben die meinigen einrichte. z. e. Wenn ich diese Zei- len vor mich nähme: Wer das, was für ihm ist, aus dem, was schon geschehen, Mit klugen Sinnen kennt, der läßt den Nordwind wehen, So lang' er rasen will, und schauet trotzig an Des Glückes Wanckelmuth, den niemand hemmen kan. So könte ich auf solchen Schlag folgendes machen: Wer GOtt, der ihn geliebt, aus seinen Liebes-Thaten Mit rechtem Ernst erkennt, der nimmt sein Creutz auf sich, So lang es GOtt gefällt, und läßt den Höchsten rathen, Er denckt in seiner Noth: Der Höchste liebet mich. 5. Wie
Das VIII. Capitul Was trotzt der arme Menſch auf Kraͤfften und Geluͤcke, Diß alles iſt der Morgenroͤthe gleich, Dem Gluͤcke folgt der Fall, den Kraͤfften folgt die Kruͤcke, Was fruͤh dem Purpur gleicht, das macht der Abend bleich, Ein Augenblick zureißt die Freuden-Saiten, Und vor das Luſt-Haus muß man uns den Sarg bereiten. Dieſe Worte, ſage ich, koͤnte man folgender maſſen imitiren: Was trotzt der arme Menſch doch auf Gelehrſamkeit, Dieſelbe bleibet wohl der Morgenroͤthe gleich, Dem Wiſſen folgt das Nichts, der Zeit folgt Ewigkeit, Was fruͤh dem Purpur gleicht, das macht der Abend bleich. Ein Augenblick verderbt ſo viel Geſchicklichkeiten, Und vors Muſeum muß man uns das Grab bereiten. II. Wenn ich eines andern Worte und Redens-Ar- ten nicht behalte, ſondern nur nach denſelben die meinigen einrichte. z. e. Wenn ich dieſe Zei- len vor mich naͤhme: Wer das, was fuͤr ihm iſt, aus dem, was ſchon geſchehen, Mit klugen Sinnen kennt, der laͤßt den Nordwind wehen, So lang’ er raſen will, und ſchauet trotzig an Des Gluͤckes Wanckelmuth, den niemand hemmen kan. So koͤnte ich auf ſolchen Schlag folgendes machen: Wer GOtt, der ihn geliebt, aus ſeinen Liebes-Thaten Mit rechtem Ernſt erkennt, der nimmt ſein Creutz auf ſich, So lang es GOtt gefaͤllt, und laͤßt den Hoͤchſten rathen, Er denckt in ſeiner Noth: Der Hoͤchſte liebet mich. 5. Wie
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Das VIII. Capitul
Was trotzt der arme Menſch auf Kraͤfften und Geluͤcke,
Diß alles iſt der Morgenroͤthe gleich,
Dem Gluͤcke folgt der Fall, den Kraͤfften folgt die Kruͤcke,
Was fruͤh dem Purpur gleicht, das macht der Abend
bleich,
Ein Augenblick zureißt die Freuden-Saiten,
Und vor das Luſt-Haus muß man uns den Sarg
bereiten.
Dieſe Worte, ſage ich, koͤnte man folgender maſſen
imitiren:
Was trotzt der arme Menſch doch auf Gelehrſamkeit,
Dieſelbe bleibet wohl der Morgenroͤthe gleich,
Dem Wiſſen folgt das Nichts, der Zeit folgt Ewigkeit,
Was fruͤh dem Purpur gleicht, das macht der Abend
bleich.
Ein Augenblick verderbt ſo viel Geſchicklichkeiten,
Und vors Muſeum muß man uns das Grab bereiten.
II. Wenn ich eines andern Worte und Redens-Ar-
ten nicht behalte, ſondern nur nach denſelben
die meinigen einrichte. z. e. Wenn ich dieſe Zei-
len vor mich naͤhme:
Wer das, was fuͤr ihm iſt, aus dem, was ſchon geſchehen,
Mit klugen Sinnen kennt, der laͤßt den Nordwind wehen,
So lang’ er raſen will, und ſchauet trotzig an
Des Gluͤckes Wanckelmuth, den niemand hemmen kan.
So koͤnte ich auf ſolchen Schlag folgendes machen:
Wer GOtt, der ihn geliebt, aus ſeinen Liebes-Thaten
Mit rechtem Ernſt erkennt, der nimmt ſein Creutz auf ſich,
So lang es GOtt gefaͤllt, und laͤßt den Hoͤchſten rathen,
Er denckt in ſeiner Noth: Der Hoͤchſte liebet mich.
5. Wie
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