Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.Das I. Capitul Was ist doch diese Welt? Nichts, als ein Jammerthal, Der allerreichste Mann wird seinen Kummer finden, Mit jedem Glücke pflegt sich Elend zu verbinden, Und also bleibet wohl das Leyden ohne Zahl. Conf. Musen-Cabinet p. 168. & 410. VII. Jn den kurtzen Zeilen kan man die Reime gleich- falls auf vielerley Art versetzen. z. e. Ein beliebter Poete stellete die Klage einer alten verliebten, da- bey aber verhaßten Frauen in folgenden Wor- ten für: Als ich vor sechzig Jahren Ein kleines Mädgen war, Da giengen wir zu Paaren, Und schertzten immerdar. Da kunten wir fein niedlich, Wie junge Leute thun, Und durfften unterschiedlich Jm Klee beysammen ruhn. Jetzt auf die alten Tage Da bin ich gantz allein, Und muß wie eine Plage Bey andern Leuten seyn. Jch muß mich lassen schelten, Jch arme Fledermaus, Als säh'ich zum St. Velten, Gor wie der Hencker aus. Jch bin wie eine Fliege, Da ist kein bisgen Schmaltz, Wiewohl ich arme Ziege, Leck' annoch gerne Saltz. Doch will ich etwas suchen, Und komm ins Liebes-Spiel So gehn die Leute fluchen, Du alter Besenstiel. Jch
Das I. Capitul Was iſt doch dieſe Welt? Nichts, als ein Jammerthal, Der allerreichſte Mann wird ſeinen Kummer finden, Mit jedem Gluͤcke pflegt ſich Elend zu verbinden, Und alſo bleibet wohl das Leyden ohne Zahl. Conf. Muſen-Cabinet p. 168. & 410. VII. Jn den kurtzen Zeilen kan man die Reime gleich- falls auf vielerley Art verſetzen. z. e. Ein beliebter Poëte ſtellete die Klage einer alten verliebten, da- bey aber verhaßten Frauen in folgenden Wor- ten fuͤr: Als ich vor ſechzig Jahren Ein kleines Maͤdgen war, Da giengen wir zu Paaren, Und ſchertzten immerdar. Da kunten wir fein niedlich, Wie junge Leute thun, Und durfften unterſchiedlich Jm Klee beyſammen ruhn. Jetzt auf die alten Tage Da bin ich gantz allein, Und muß wie eine Plage Bey andern Leuten ſeyn. Jch muß mich laſſen ſchelten, Jch arme Fledermaus, Als ſaͤh’ich zum St. Velten, Gor wie der Hencker aus. Jch bin wie eine Fliege, Da iſt kein bisgen Schmaltz, Wiewohl ich arme Ziege, Leck’ annoch gerne Saltz. Doch will ich etwas ſuchen, Und komm ins Liebes-Spiel So gehn die Leute fluchen, Du alter Beſenſtiel. Jch
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Das I. Capitul
Was iſt doch dieſe Welt? Nichts, als ein Jammerthal,
Der allerreichſte Mann wird ſeinen Kummer finden,
Mit jedem Gluͤcke pflegt ſich Elend zu verbinden,
Und alſo bleibet wohl das Leyden ohne Zahl.
Conf. Muſen-Cabinet p. 168. & 410.
VII. Jn den kurtzen Zeilen kan man die Reime gleich-
falls auf vielerley Art verſetzen. z. e. Ein beliebter
Poëte ſtellete die Klage einer alten verliebten, da-
bey aber verhaßten Frauen in folgenden Wor-
ten fuͤr:
Als ich vor ſechzig Jahren
Ein kleines Maͤdgen war,
Da giengen wir zu Paaren,
Und ſchertzten immerdar.
Da kunten wir fein niedlich,
Wie junge Leute thun,
Und durfften unterſchiedlich
Jm Klee beyſammen ruhn.
Jetzt auf die alten Tage
Da bin ich gantz allein,
Und muß wie eine Plage
Bey andern Leuten ſeyn.
Jch muß mich laſſen ſchelten,
Jch arme Fledermaus,
Als ſaͤh’ich zum St. Velten,
Gor wie der Hencker aus.
Jch bin wie eine Fliege,
Da iſt kein bisgen Schmaltz,
Wiewohl ich arme Ziege,
Leck’ annoch gerne Saltz.
Doch will ich etwas ſuchen,
Und komm ins Liebes-Spiel
So gehn die Leute fluchen,
Du alter Beſenſtiel.
Jch
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