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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
dig schätzen wird/ mitleiden haben. Er wird
mehr Glantz in dem Ruhm/ den er erwer-
ben will/ finden/ als in dem Gesichte einer
schönen Person/ und wird glauben/ daß die
Gunsten deß Glücks mehr Safft und
Krafft haben/ als die Gunsten einer
Liebsten.

Unterdessen müssen wir sagen/ daß weder
die Hoheiten ein ehrgeitzig Hertz vollkömm-
lich vergnügen können/ noch daß ein Ver-
liebter schlechter dings könne glückseelig
seyn in dem blossen Besitz seines Geliebte-
sten. Dann endlich umb recht durchauß
vergnügt zuseyn/ ist nöthig/ daß man von
aller Furcht befreyet sey; daß man versichert
sey/ man werde sein Glück nicht auß den
Händen verliehren. Unterdessen zweifelt
niemand/ daß nicht eine Kranckheit/ in wel-
che die geliebte Person fallen wird/ uns mit
steter Unruh peinige/ daß ihre Untreu uns
nicht mit unerträglichem Verdruß quähle/
und daß ihr Tod uns nicht alle Augenblick
in eine tödtliche Bekümmernüß stürtzen
könne.

Der Ehrgeitzige ist auff seiner Seite eben
so wenig sicher. Das Glücke/ dessen Unbe-
ständigkeit uns bekandt ist/ braucht nur ei-

nen
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Welt-Mann.
dig ſchaͤtzen wird/ mitleiden haben. Er wird
mehr Glantz in dem Ruhm/ den er erwer-
ben will/ finden/ als in dem Geſichte einer
ſchoͤnen Perſon/ und wird glauben/ daß die
Gunſten deß Gluͤcks mehr Safft und
Krafft haben/ als die Gunſten einer
Liebſten.

Unterdeſſen muͤſſen wir ſagen/ daß weder
die Hoheiten ein ehrgeitzig Hertz vollkoͤm̃-
lich vergnuͤgen koͤnnen/ noch daß ein Ver-
liebter ſchlechter dings koͤnne gluͤckſeelig
ſeyn in dem bloſſen Beſitz ſeines Geliebte-
ſten. Dann endlich umb recht durchauß
vergnuͤgt zuſeyn/ iſt noͤthig/ daß man von
aller Furcht befreyet ſey; daß man verſichert
ſey/ man werde ſein Gluͤck nicht auß den
Haͤnden verliehren. Unterdeſſen zweifelt
niemand/ daß nicht eine Kranckheit/ in wel-
che die geliebte Perſon fallen wird/ uns mit
ſteter Unruh peinige/ daß ihre Untreu uns
nicht mit unertraͤglichem Verdruß quaͤhle/
und daß ihr Tod uns nicht alle Augenblick
in eine toͤdtliche Bekuͤmmernuͤß ſtuͤrtzen
koͤnne.

Der Ehrgeitzige iſt auff ſeiner Seite eben
ſo wenig ſicher. Das Gluͤcke/ deſſen Unbe-
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[5/0021] Welt-Mann. dig ſchaͤtzen wird/ mitleiden haben. Er wird mehr Glantz in dem Ruhm/ den er erwer- ben will/ finden/ als in dem Geſichte einer ſchoͤnen Perſon/ und wird glauben/ daß die Gunſten deß Gluͤcks mehr Safft und Krafft haben/ als die Gunſten einer Liebſten. Unterdeſſen muͤſſen wir ſagen/ daß weder die Hoheiten ein ehrgeitzig Hertz vollkoͤm̃- lich vergnuͤgen koͤnnen/ noch daß ein Ver- liebter ſchlechter dings koͤnne gluͤckſeelig ſeyn in dem bloſſen Beſitz ſeines Geliebte- ſten. Dann endlich umb recht durchauß vergnuͤgt zuſeyn/ iſt noͤthig/ daß man von aller Furcht befreyet ſey; daß man verſichert ſey/ man werde ſein Gluͤck nicht auß den Haͤnden verliehren. Unterdeſſen zweifelt niemand/ daß nicht eine Kranckheit/ in wel- che die geliebte Perſon fallen wird/ uns mit ſteter Unruh peinige/ daß ihre Untreu uns nicht mit unertraͤglichem Verdruß quaͤhle/ und daß ihr Tod uns nicht alle Augenblick in eine toͤdtliche Bekuͤmmernuͤß ſtuͤrtzen koͤnne. Der Ehrgeitzige iſt auff ſeiner Seite eben ſo wenig ſicher. Das Gluͤcke/ deſſen Unbe- ſtaͤndigkeit uns bekandt iſt/ braucht nur ei- nen A 3

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/21>, abgerufen am 28.04.2024.