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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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O freilich! entgegnete rasch der Andere, für dich sind das Erbärmlichkeiten. Es ist ohne Zweifel auch viel erhabner und einem Fürsten Gluboff angemessener, ein junges Mädchen durch schlechte Bilder und noch schlechtere Schwüre zu bethören.

Halt ein! rief Dimitri und sah sich ängstlich um. Du plauderst meine Geheimnisse aus. Uebrigens wenn du es verständest, in das Innere meines Wesens zu dringen, so würdest du diesen Leichtsinn unterlassen, du würdest dann wissen, daß es sich hier um eine wirkliche, ernste und große Liebe handelt.

So? rief der Blonde, und seine Wangen und Stirn wurden von Zorn geröthet; also damit willst du wohl sagen, daß du noch drei Monate weiter hier hinschmachten willst? Liebster Dimitri Pawlowitsch, du bist entsetzlich in deiner Poesie und Kunstbestrebung. Du fällst deinem Freunde auf eine grausame Weise auf die Nerven. Ach, ich hätte das wissen sollen, als ich mich mit dir in diese Einöde begab! ich hätte das ahnen sollen, was sich ereignen würde, wie du mich zur Verzweiflung treiben, mich auf Lebenszeit durch Langeweile ruiniren würdest.

Ein Geräusch hinter der Säule störte das Gespräch. Geh, geh! rief Dimitri, indem er, sich an die Staffelei heransetzend, den Freund bei Seite schob; sie muß sogleich kommen, und es will sich wenig schicken, daß sie dich und in diesem Aufzuge hier erblicke. Geh, ich bitte dich!

Der Blonde entfernte sich, indem er vor sich hinmurmelte: Der Geier hole die Klöster! Sie haben immer

O freilich! entgegnete rasch der Andere, für dich sind das Erbärmlichkeiten. Es ist ohne Zweifel auch viel erhabner und einem Fürsten Gluboff angemessener, ein junges Mädchen durch schlechte Bilder und noch schlechtere Schwüre zu bethören.

Halt ein! rief Dimitri und sah sich ängstlich um. Du plauderst meine Geheimnisse aus. Uebrigens wenn du es verständest, in das Innere meines Wesens zu dringen, so würdest du diesen Leichtsinn unterlassen, du würdest dann wissen, daß es sich hier um eine wirkliche, ernste und große Liebe handelt.

So? rief der Blonde, und seine Wangen und Stirn wurden von Zorn geröthet; also damit willst du wohl sagen, daß du noch drei Monate weiter hier hinschmachten willst? Liebster Dimitri Pawlowitsch, du bist entsetzlich in deiner Poesie und Kunstbestrebung. Du fällst deinem Freunde auf eine grausame Weise auf die Nerven. Ach, ich hätte das wissen sollen, als ich mich mit dir in diese Einöde begab! ich hätte das ahnen sollen, was sich ereignen würde, wie du mich zur Verzweiflung treiben, mich auf Lebenszeit durch Langeweile ruiniren würdest.

Ein Geräusch hinter der Säule störte das Gespräch. Geh, geh! rief Dimitri, indem er, sich an die Staffelei heransetzend, den Freund bei Seite schob; sie muß sogleich kommen, und es will sich wenig schicken, daß sie dich und in diesem Aufzuge hier erblicke. Geh, ich bitte dich!

Der Blonde entfernte sich, indem er vor sich hinmurmelte: Der Geier hole die Klöster! Sie haben immer

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[0063] O freilich! entgegnete rasch der Andere, für dich sind das Erbärmlichkeiten. Es ist ohne Zweifel auch viel erhabner und einem Fürsten Gluboff angemessener, ein junges Mädchen durch schlechte Bilder und noch schlechtere Schwüre zu bethören. Halt ein! rief Dimitri und sah sich ängstlich um. Du plauderst meine Geheimnisse aus. Uebrigens wenn du es verständest, in das Innere meines Wesens zu dringen, so würdest du diesen Leichtsinn unterlassen, du würdest dann wissen, daß es sich hier um eine wirkliche, ernste und große Liebe handelt. So? rief der Blonde, und seine Wangen und Stirn wurden von Zorn geröthet; also damit willst du wohl sagen, daß du noch drei Monate weiter hier hinschmachten willst? Liebster Dimitri Pawlowitsch, du bist entsetzlich in deiner Poesie und Kunstbestrebung. Du fällst deinem Freunde auf eine grausame Weise auf die Nerven. Ach, ich hätte das wissen sollen, als ich mich mit dir in diese Einöde begab! ich hätte das ahnen sollen, was sich ereignen würde, wie du mich zur Verzweiflung treiben, mich auf Lebenszeit durch Langeweile ruiniren würdest. Ein Geräusch hinter der Säule störte das Gespräch. Geh, geh! rief Dimitri, indem er, sich an die Staffelei heransetzend, den Freund bei Seite schob; sie muß sogleich kommen, und es will sich wenig schicken, daß sie dich und in diesem Aufzuge hier erblicke. Geh, ich bitte dich! Der Blonde entfernte sich, indem er vor sich hinmurmelte: Der Geier hole die Klöster! Sie haben immer

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/63>, abgerufen am 24.11.2024.